125-Jahr-Jubiläum

Violinenmusik im Alleingang

Urpharer Abendmusik zog trotz Michaelismesse viele Besucher an

Von 
Matthias Ernst
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Jeanette Pitkevica begeisterte bei ihrem Konzert in der Urpharer Jakobskirche mit einem Soloprogramm für Violine. © Ernst

Urphar. Als man die Reihe der Abendmusik in der Urpharer Jakobskirche begann, war nicht absehbar, dass man irgendwann einmal das 100. Konzert feiern könnte. Nun war es bereits das 125. und dafür hatte man sich eine der herausragenden Violinistinnen unserer Zeit, die in Riga geborene Jeanette Pitkevica engagiert.

Unter dem Titel „B-A-C-H Violinmusik im Alleingang“ wagte sie den Versuch, nur mit ihrer Violine den ganzen Kirchenraum zu beschallen. Und um es vorwegzunehmen, das gelang vorzüglich.

Solo, das ein Duett ist

Pitkevica studierte in Mannheim bei Professor Walery Gradow, schloss mit der Note 1,0 ab und absolvierte das Aufbaustudium „solistische Ausbildung“ bei Professor Gradow und Professor Marco Rizzi. In Fachkreisen wird sie aufgrund ihrer „geigerischen Passioniertheit“ als „Instrumentalakrobatin“ bezeichnet. Pfarrerin Dr. Annegret Ade sprach bei ihrer Begrüßung von einem Solo, das eigentlich ein Duett ist. „Stellen wir uns heute auf einen Alleingang ein, der aber doch eigentlich ein Duett ist, die Künstlerin und ihre Violine“. Und tatsächlich, es war ein mehrstimmiges Konzert, obwohl Pitkevica allein im Altarraum stand.

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Sie verstand es vortrefflich, die Musik so überlagern zu lassen, dass die Töne ineinander verschmolzen und ein neues Gesamtbild erklang. Dafür war die Wehrkirche in Urphar bestens geeignet. Dabei musste sie sogar in alle Richtungen spielen, denn sowohl vor ihr, als auch hinter ihr hatten die Menschen Platz genommen, um der Musik zu lauschen.

Mit ihrer Musik wollte sie den „Bogen spannen vom ersten Werk bis zum letzten“, deshalb gab es zwischen den Stücken keine Ansagen. Das war auch nicht nötig, denn Pitkevica erläuterte bereits zu Beginn des Konzertes den Fahrplan. Sie wollte mit drei ausgesuchten Komponisten die Entwicklung der Geigenmusik von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts aufzeigen.

Mit der „Passadaglia für Violine Solo“ von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644 bis 1704) ging es los. Dabei hätte die Musik des fast vergessenen Komponisten auch aktuelle zeitgenössische Musik sein können, so abrupt erfolgten die Ton und Taktwechsel. Trotzdem gelang es der Künstlerin, die Eigenheiten der Musik herauszuarbeiten, ebenso wie beim zweiten Stück von Eugéne Ysaÿe (1685 bis 1750) der „Malinconia aus der Sonate Nr. 2 op. 27 für Violine Solo“.

Doppelsaitenspiel präsentiert

Man merkte deutlich den Unterschied in den Kompositionen und das trat noch stärker heraus, als Jeanette Pitkevica zum großen Schlag mit Johann Sebastian Bach (1685 bis 1750) ausholte. Dessen „Partita II für Violine Solo, d-Moll, BWV 1004“ war ein Paradebeispiel für die Klangfülle und gab der Künstlerin die Möglichkeit, das Doppelsaitenspiel zu präsentieren. So nutzte Bach bei seinen Kompositionen, er schrieb insgesamt sechs Sonaten für Violine, die Möglichkeiten der Violine voll aus.

Schließlich wurde die Künstlerin nach drei Zugaben mit tosendem Applaus von der Bühne verabschiedet wurde. Danach war sich das Publikum einig, dass man ein außergewöhnliches Konzert mit einer außergewöhnlichen Solistin erlebt hatte, wofür man den „Freunden der Abendmusik“ sehr dankbar war. Die nächste Abendmusik findet übrigens am 1. Januar 2024 statt. Hier wird ein Posaunenquartett das neue Jahr begrüßen.

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