Musik

Herausragende Könner ihres Fachs

Konzert im Schlösschen mit der Geigerin Friederike Starkloff und Pianist Endri Nini sorgte mit anspruchsvollem Programm für Hochgenuss

Von 
Carsten Klomp
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Ausnahmetalent Friederike Starkloff und Duopartner Endri Nini begeisterten ausschließlich mit Sonaten das Wertheimer Publikum. © Carsten Klomp

Hofgarten. Ausnahmetalent – dieser Begriff wird vor allem in Presseankündigungen so häufig verwendet, dass er sich mittlerweile ein wenig selbst entwertet hat. Wenn allerdings eine junge Geigerin bereits im Alter von 24 Jahren den Posten der Ersten Konzertmeisterin in einem der deutschen Spitzenklangkörper inne hat, muss sie zu diesen Ausnahmetalenten gehören.

In der Welt der Orchestermusiker werden diese Klangkörper, es sind die Rundfunk-Sinfonieorchester oder beispielsweise die Berliner oder die Münchner Philharmoniker, als S(onder)-Klasse-Orchester bezeichnet, im Gegensatz zu den „normalen“ A- oder B-Orchestern der meisten städtischen Bühnen.

Friederike Starkloff ist dieses Kunststück bei der NDR Radiophilharmonie Hannover gelungen. Seit acht Jahren sitzt sie am ersten Pult der ersten Geigen, wo sie maßgeblich für die klangliche Geschlossenheit und Farbe des gesamten Orchester-Streicher-Apparates Verantwortung trägt.

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Am vergangenen Sonntag folgte sie gemeinsam mit ihrem Duopartner, dem in Albanien geborenen Pianisten Endri Nini, der Einladung des Wertheimer Kulturkreises und war zu Gast im Schlösschen im Hofgarten. Es gab ein für die Musizierenden und die Hörer anspruchsvolles Programm. Aber, um um es gleich vorab zu sagen: Wer nicht da war, hat etwas verpasst.

Höchst spannend

Zu hören waren ausschließlich Sonaten. Das klingt im ersten Moment etwas spröde, wenn nicht gar eintönig, aber das Gegenteil ist der Fall, denn was sich in den dargestellten Epochen innerhalb der formalen Vorgabe „Sonate“ entwickelt, ist höchst spannend und eindrucksvoll. Kein Mensch käme beim bloßen Hören auf die Idee, dass die dargebotenen Werke beispielsweise von Mozart und George Antheil in irgendeiner Form etwas miteinander zu tun hätten.

Spannend auch der Gedanke, im ersten Teil des Konzerts Spätwerke, im zweiten Teil hingegen ausgesprochene Frühwerke der jeweiligen Meister vorzustellen. Und das war nicht die einzige scheinbare Spiegelung des Programms, die den Abend so hörenswert machte. Denn die das Konzert eröffnende A-Dur Sonate Mozarts, 1787, also ziemlich genau zehn Jahre nach der Erbauungszeit des Schlösschens in Wien geschrieben, ist eigentlich eine Sonate für Klavier und Violine (im Programm stand es fälschlich umgekehrt) und das merkt man.

Natürlich warfen sich beide Instrumente viele musikalische Bälle zu, aber der gelegentlich pausierende Violinpart übernahm dabei oft nur die Begleitfiguren des Klavierparts. Am Ende des Abends dann die Spiegelung in Antheils Sonate: Das Klavier wurde in einer irrsinnig virtuosen Solopassage (bei der die Geigerin mit sichtbarer Begeisterung mitgeht) regelrecht zum Schlagzeug – bevor der Pianist abschließend tatsächlich zum Schlagzeuger wurde und die Violine auf einem großen Tambourin begleitete.

Nicht nur bei Mozart und Antheil trat Pianist Nini als Duopartner an die Seite der Geigerin und zeigte sich als kongenialer Partner Starkloffs, eben als ein Begleiter im besten Sinne des Wortes. Besonders eindrucksvoll zeigte sich das ausgezeichnete Zusammenspiel der beiden in Claude Debussys letztem Werk, der Sonate in G-Moll, einem Schwanengesang der mit leichten, terzverwandten Harmonien beginnt und äußerst expressiv endet.

Nach der Pause dann Musik des im KZ Theresienstadt ermordeten jüdischen Komponisten Erwin Schulhoff, der seine erste Sonate für Violine und Klavier bereits als 19-Jähriger schrieb. Einerseits bereits von vollendeter Meisterschaft, gleichzeitig aber kompositorisch noch auf der Suche befindlich, schrieb Schulhoff 1913 ein Werk, dass sich zwischen den Polen freitonal oder gar zwölftönig einerseits und impressionistisch und „a-la-Gershwin“ andererseits bewegt. Auch hier beeindruckte das absolut harmonische Zusammenspiel der beiden musikalischen Protagonisten des Konzerts.

Der hochvirtuose Höhepunkt dann am Ende, die bereits erwähnte einsätzige Sonate des Amerikaners George Antheil, die dieser 1923 schrieb. Ein geradezu irrwitziges Stück, dass ständig innerhalb von Sekunden seinen Charakter ändert. Mal klingt es nach einer Parodie der (damals noch nicht erfundenen) Tom-und-Jerry-Zeichentrick-Filmmusik, mal scheint eine Liebesmelodie zu erklingen, dann hört man kleine Chinoiserien, die von einer Art Maschinen-Musik abgelöst wird. Starkloff und Nini bringen diese Musik zum Strahlen, Schreien, Weinen, Lachen – und das Publikum zum Staunen.

Als Zugabe dann ein zartes, fast zeitgleich mit Antheils Sonate komponiertes Nocturne von Lili Boulanger, bei dem man glauben konnte, Antheil und Boulanger hätten zur gleichen Zeit auf zwei unterschiedlichen Planeten komponiert.

Der Dank des Publikums gehörte nicht nur den beiden Musikern, sondern auch Fedra und Stefan Blido, die es gemeinsam mit dem Kulturkreis wieder einmal geschafft hatten, dem Wertheimer Publikum herausragende Könner ihres Fachs vorzustellen.

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