Wertheim. Wer sich über die vielen teilweise unnötigen Verpackungen beim Einkaufen immer wieder ärgert, der kann ab September auf eine Alternative zurückgreifen.
Denn dann eröffnen Tanja und Torsten Knes voraussichtlich in der Maingasse 26 einen Unverpacktladen. Einen solchen Laden betreiben sie bereits erfolgreich in Marktheidenfeld. Derzeit werden Paten gesucht, die den Start finanziell unterstützen.
Als Maria Schwarz aus Rettersheim die Ausschreibung zum Verkauf des so genannten Grafenhauses in der Maingasse sah, griff sie sofort zu. Seit etwa einem Jahr gehört ihr das Gebäude, in dem sich aktuell eine Hebammen-Praxis und Ferienwohnungen befinden. Schwarz und ihrem Lebensgefährten war es wichtig, den alten Bestand des 1573 errichteten Stadthaus des Fürsten zu sichern und es so originalgetreu wie möglich wieder herzurichten. „Es geht um nachhaltiges Sanieren“, so Schwarz. Damit stellte sich die Frage, wie dieses Konzept auch vom Geschäft im Haus mit verkörpert werden kann. Schwarz fiel ihre Schulkameradin Tanja Knes mit ihrem Unverpacktladen ein. „Das würde hier gut reinpassen und Wertheim gut tun“, so ihre Überlegungen. Da Knes viele Wertheimer Kunden hat, die sich einen Laden vor Ort wünschen, wurden sich die beiden Frauen rasch einig.
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Positive Resonanz
Auch die Stadt zeigte sich bei der Vorstellung des Projekts sehr angetan. Zunächst schrieb das Ehepaar Knes Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez über Facebook an, er sei sofort positiv eingestellt gewesen und habe das Anliegen an die zuständige Abteilung weitervermittelt. Auch auf einer Veranstaltung des Vereins Stadtmarketing seien sie herzlich willkommen geheißen worden.
Nun gilt es, das Startkapital zusammenzubekommen. Dafür haben sich die Knes die Idee der Patenschaften ausgedacht. Privatleute und Geschäfte können für 150 Euro – oder auch weniger – eine Patenschaft übernehmen. Privatpaten erhalten eine Patenkarte, mit der sie drei Prozent Rabatt auf ihren Einkauf bekommen. Geschäftspaten werden auf der Patentafel verewigt, beworben und gegenseitig verlinkt. Die Aktion ist gut angelaufen. Eine Woche nach dem Start der Kampagne waren bereits 20 Prozent der benötigten Summe zusammengekommen. Schwarz ist natürlich ebenfalls gleich Patin geworden.
Den Laden in Marktheidenfeld hat die gelernte Verkäuferin Knes im März 2020 eröffnet. In den zehn Jahren zuvor hatte sie bei einem Discounter gearbeitet und die vielen Verpackungen gesehen. „Neben denen, die der Kunde mitkauft, gibt es noch etliches Verpackungsmaterial, bis die Ware überhaupt im Regal ist“, berichtet sie von ihren Erfahrungen. Den Ausschlag gab dann letztlich die Tochter des Ehepaars, die auf Spaziergängen immer wieder den Verpackungsmüll am Wegrand kritisierte und ihre Eltern fragte, warum das so sei.
Also begann die Familie, wann immer möglich, ihre Einkäufe im 2017 eröffneten Unverpacktladen in Würzburg zu kaufen – und schließlich einen eigenen Laden zu eröffnen. „Das gehört nicht nur in die Großstädte, sondern auch in den ländlichen Raum.“ Der eigene Laden in Marktheidenfeld läuft inzwischen gut und hat eine treue Stammkundschaft. Diese hielt den Knes auch während Lockdown und trotz Baustelle direkt vor dem Haus die Treue.
Ihre Ware bestellen sie direkt beim Händler, meist in 25-Kilo-Säcken. Inzwischen hätten sich zahlreiche Großhändler darauf eingelassen. Die Ware wird dann vor Ort in die Spender umgefüllt, aus denen der Endkunde die Menge nimmt, die er braucht. Der Unverpackt-Laden Marktheidenfeld ist Mitglied im „Verband Unverpackt Läden“, über den sie sich mit anderen austauschen und auch Tipps für neue Lieferanten erhalten.
Direkter Kontakt zum Kunden
Seit sie den Laden betreiben, ist das Sortiment bereits um 30 Prozent gewachsen. Eigentlich könne man fast alles unverpackt verkaufen. Bei Kosmetika gebe es Grenzen, aber dafür nehme man hier die Gläser zurück. Der ressourcenschonende Kreislauf sei das Grundprinzip.
Was Knes im Vergleich zum Discounter auch gefällt, ist die direkte Kommunikation mit den Kunden. So seien schon manche Produkte durch Kundenwünsche ins Sortiment aufgenommen worden.
„Natürlich können wir nicht jeden Wunsch erfüllen, aber wenn mehrere nach etwas Bestimmten fragen, versuchen wir es möglich zu machen“, erläutert die Ladeninhaberin. Das Geschäft in der Maingasse wird ganztägig geöffnet sein. Da Knes inzwischen in Marktheidenfeld zwei Angestellte hat, wird sie häufig selbst in Wertheim vor Ort sein. Kunden, die den Laden schon kennen, dürfen sich auf das gleiche Kernsortiment wie in Marktheidenfeld freuen. Lediglich auf Molkereiprodukte müssten sie am Anfang verzichten, da dies kühltechnisch noch überprüft werden müsse.
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