Grafschaftsmuseum

„Textile Schätze“ ins rechte Licht gerückt

Nach Überarbeitung der Abteilung Dauerausstellung eröffnet

Von 
Holger Watzka
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Beim Flachs- und Wollespinnen konnte man bei der Eröffnung der Dauerausstellung „Textile Schätze“ im Wertheimer Grafschaftsmuseum den Frauen der „Höpfinger Spinnstube“ zuschauen. © Holger Watzka

Wertheim. Die Dauerausstellung „Textile Schätze“ wurde am Dienstagabend im Grafschaftsmuseum Wertheim eröffnet. Es war ein besonderer Rahmen im Modersohnsaal des Museums. Viele Gäste waren zur Feierstunde in Tracht gekommen, darunter die Grafschaftstrachtengruppe aus Glasofen.

Passender Titel

Kathleen Nitschel, Kulturreferatsleiterin der Stadt Wertheim, stellte fest, dass „Textile Schätze“ ein passender Titel für die Ausstellung sei. Denn er spiegele die reiche Geschichte und das kulturelle Erbe wider, das in den Textilien der hiesigen Region verborgen ist.

Bereits vor 120 Jahren, nämlich im Jahr 1907, erkannte der Historische Verein „Alt-Wertheim“ die Bedeutung der Volkstrachten und widmete sich der Aufgabe, diese Schätze zu bewahren.

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Und bereits im Jahresbericht 1905 heißt es: „Die Volkstrachten sind in unserer Gegend leider fast völlig verschwunden, sodass es geboten erscheint, diesem Zweig unserer Sammlung besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Zu diesem Zweck wurden seitens einiger Ausschussmitglieder verschiedene Entdeckungsreisen nach Wiebelbach, Reicholzheim, Dertingen, Kembach und Sonderriet unternommen, die eine reiche Ausbeute ergeben hat.“

Diese Weitsicht und das Engagement der damaligen Mitglieder, so Kathleen Nitschel, seien auch heute noch von großer Bedeutung, bilden sie doch die Grundlagen für die Ausstellung.

Ein weiterer wichtiger und großer Zugang an ländlicher Kleidung, an Trachten, an „textilen Schätzen“ ergab sich 1915 zur „Reichswollwoche“. Denn während des landesweiten Aufrufs des Deutschen Roten Kreuzes zur Kleiderspende für die deutschen Truppen, wurde eben auch häufig Trachtenkleidung gespendet. Der Historische Verein war auch damals wieder zur Stelle, erkannte, wie wichtig der Erhalt und das Aufbewahren dieser Kleidungsstücke war, und kaufte dem Roten Kreuz diese kurzerhand ab.

Immaterielles Kulturerbe

In den vergangenen Jahrzehnten, so die Kulturamtsleiterin, wurden bereits einige bemerkenswerte Ausstellungen im Grafschaftsmuseum organisiert, die sich mit der Trachtenkultur der Region beschäftigt haben. Nun erschien dem Museumsteam die Überarbeitung der Textilabteilung nötig, insbesondere nachdem zwei Themenschwerpunkte der bisherigen Textilausstellung, nämlich der „Blaudruck“ und der „Glasofener Hochzeitszug“, in das Verzeichnis „Immaterielles Kulturerbe“ aufgenommen worden sind.

Im neu gestalteten Ausstellungsbereich, so Kuratorin Ursula Wehner, finden die unterschiedlichsten „textilen Schätze“ zusammen. Zunächst die Flachsbearbeitung und das anschließende Weben mit dem Bereich „Vom Feld zum Hemd“. Dann der textile Blaudruck, sein besonderer Bezug zu Wertheim und als sichtbares, quasi Sinnbild der Geschichte der alten Grafschaft Wertheim, die ländliche Kleidung und in besonderem Maße der „Evangelische Hochzeitszug Glasofen“.

Bedeutung der Tracht

Ursula Wehner ging auf die Bedeutung der Tracht in den zurückliegenden Jahrhunderten ein. Sowohl in Bayern als auch in Baden fanden sich immer wieder Großereignisse, besonders bei entsprechenden Anlässen in den Familien der Landesherren (Hochzeiten und runde Geburtstage), um „Trachtenzüge“ zu veranstalten. Das Vorhandensein einer wie auch immer gearteten „Tracht“ in der hiesigen Gegend ist ein Beweis für den relativen Reichtum der Wertheimer Landbevölkerung. Aber spätestens nach dem Ersten Weltkrieg ließen die meisten auf dem Land lebenden Frauen ihre Tracht im Schrank. Gründe dafür waren unter anderem bessere Verbindungen zur Stadt und das Aufkommen von Konfektionsware.

Als eine „Aktiv-Station“ am Eröffnungsabend bezeichnete Ursula Wehner die Präsentation durch Mitglieder der „Höpfinger Spinnstube“, denen die Besucherinnen und Besucher beim Flachs- und Wollespinnen zuschauen durften. Da es keine Tracht in Höpfingen gab, trugen die Frauen „historisch nachgenähte Alltagskleidung“.

Weitere Trachtenträger, die an der Ausstellungseröffnung teilnahmen, kamen aus Burgsinn. In großer Anzahl mit dabei war die Grafschaftstrachtengruppe aus Glasofen. Insbesondere dem „Hochzeitszug“ ist in der sehenswerten Ausstellung ein großer Bereich gewidmet.

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