Tierschutz

Tauben-Problem in Wertheim: Lösung in Sicht

Tauben gelten für manche als Plage – auch in der Wertheimer Innenstadt. Für Abhilfe könnte ein Projekt sorgen, das schon bald in Angriff genommen werden soll: ein Taubenhaus.

Von 
Gerd Weimer
Lesedauer: 
Passanten hinterlassen – oft unbewusst – Futter für Tauben, wie hier auf dem Wertheimer Marktplatz. © Gerd Weimer

Wertheim.  An den Tauben scheiden sich die Geister. Manch einer hält sie für „Ratten der Lüfte“, andere betrachten sie schlicht als Vögel, deren Wohl es zu schützen gilt. Dass Tauben besonders viele Krankheiten übertragen können und daher mit den in der Kanalisation lebenden Nagetieren gleichzusetzen sind, gilt mittlerweile als abwegig.

Bereits 1989 gab der damalige Präsident des Bundesgesundheitsamtes, Dieter Großklaus, Entwarnung: „Eine gesundheitliche Gefährdung durch Tauben ist nicht größer als durch Zier- und Wildvögel oder durch Nutz- und Liebhabertiere wie Katzen und Hunde.“ Dies bestätigten später weitere Institutionen.

Schädlingsimage

Das Schädlingsimage wurde aber weiter von Kammerjägern befeuert, die mit der Angst vor schweren, mitunter tödlichen Krankheiten, die angeblich von Tauben auf Menschen übertragen werden können, auf Kundenfang gegangen sind. Was zutrifft: Taubenkot ist lästig, vor allem für Besitzer von Grundstücken und Gebäuden- – natürlich auch in der Wertheimer Altstadt.

Selbst wenn Fassadenvorsprünge mit Abwehrstacheln gesichert werden, hinterlassen Tauben Kot. © Gerd Weimer

Berthold Jäger, Betreiber eines alteingesessenen Lederwarengeschäfts in der Brückengasse, kann ein Lied davon singen. An seinem Haus und den Nachbargebäuden halten sich auf den Vorsprüngen immer wieder etliche Tauben auf und hinterlassen ihren Kot.

„Es ist eine Plage“, sagt Jäger. Man müsse aber auch wissen, woher diese komme. Tauben habe es schon immer in Wertheim gegeben. Doch deren Zahl sei gestiegen, weil das Nahrungsangebot höher sei, etwa durch winzige Speisereste, welche die Leute beim Essen auf der Gasse verlieren. „Winzige Brocken genügen den Tauben“, weiß Jäger.

Um es den Vögeln weniger bequem zu machen, haben Jäger und einige seiner Nachbarn Taubenabwehr-Stachel an den Häusern montiert. Aber auch die helfen nur begrenzt: „Tauben sind schon mit zehn Quadratzentimetern Sitzfläche zufrieden“, so Jäger.

Naturgemäß sind viele historische Gebäude in Wertheim von den Tauben und ihrem Kot betroffen und man sucht nach Gegenstrategien. An der Stiftskirche sind über dem Eingangsportal Netze und Stacheln angebracht.

Mehr zum Thema

Ordnungswidrigkeit

Falsch verstandene Tierliebe

Veröffentlicht
Mehr erfahren
Gefiederte Stadtbewohner

Tauben-Fütterung bleibt verboten

Veröffentlicht
Von
Sabine Holroyd
Mehr erfahren
Am Amtsgericht verhandelt

Mann muss Bußgeld zahlen

Veröffentlicht
Von
goe
Mehr erfahren

Dort hätten Taubenpärchen genistet, erläutert Dekanin Wibke Klomp. Selbst in der Stiftskirche habe sich schon eine Taube aufgehalten. „Um das zu verhindern, mussten wir die Türen geschlossen halten und konnten im Sommer nicht querlüften“, was aber notwendig sei, um erträgliche Temperaturen zu schaffen.

Ziel: stadtverträglicher Bestand

Wie also dem Problem Herr werden? Um das Populationswachstum einzudämmen, verbietet die Stadt die Fütterung von Tauben und anderen wild lebenden Tieren.

Es droht ein Bußgeld von 50 bis 100 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 5000 Euro. Das Verbot lässt sich trotz der Strafandrohung recht schwer durchsetzen. Immer wieder, so berichten Anwohner, werde nachts im Schutze der Dunkelheit Futter gestreut.

Alexandra Hollenbach, ausgestattet mit einem großen Herz für Tiere, hat sich Gedanken gemacht, wie man das Problem angehen kann. Sie engagiert sich privat für das Tierwohl. Derzeit päppelt sie zwei geschwächte Tauben auf, die ihr gebracht wurden.

Vor zweieinhalb Jahren nahm sie Kontakt zur Stadtverwaltung auf, um die Chancen für ein Taubenhaus, die es schon in anderen Städten gibt, auszuloten. Ziel ihres Konzepts „ist ein gesunder, stadtverträglicher Taubenbestand“, der etwa 50 Exemplare umfassen soll. Derzeit sind es bis zu drei Mal so viel, so ihre Schätzung.

Alexandra Hollenbach kümmert sich um geschwächte Tauben. Sie setzt sich für ein Taubenhaus in der Stadt ein. © Vivienne Hollenbach

Ein Taubenhaus bietet den Tieren sozusagen betreutes Wohnen samt Futter. Weil sie sich dann vornehmlich dort aufhalten, würden sie an anderer Stelle viel weniger Kot hinterlassen. Um die Population zu kontrollieren, trickst man die Vögel aus und tauscht ihre Eier gegen solche aus Gips aus, auf denen die Tauben dann erfolglos brüten.

Die Kosten für die Einrichtung schätzt Alexandra Hollenbach auf rund 20 000 Euro. Neben einem Beitrag der Stadt könnten Sponsoren einspringen, so ihr Kalkül. Der Tierliebhaberin schwebt vor, dass Ehrenamtliche die Einrichtung unterhalten. Dazu gehört auch das Futter, das rund 1400 Euro pro Jahr kosten würde. Alexandra Hollenbach schwebt zudem vor, dass Besucher und Bewohner der Stadt vor Ort Nahrung erwerben und direkt verfüttern können – quasi als legale Version des verbotenen Fütterns.

Lösungskonzept kommt

Ekkehardt Ebert vom Wertheimer Nabu-Ortsverband, der für die Bürgerliste im Gemeinderat sitzt, verlieh dem Taubenhaus-Konzept auf einer Sitzung des Bauausschusses Anfang Juli Nachdruck. Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez versicherte unterdessen, dass sich die Stadtverwaltung nach der Sommerpause mit der Thematik auseinandersetzen und an einem Lösungskonzept arbeiten wird.

„Dass Anwohner und Touristen sich von den Tauben und deren Hinterlassenschaften gestört fühlen, wird von der Stadtverwaltung durchaus als Problem ernstgenommen“, heißt es aus dem Rathaus auf FN-Anfrage. Gut möglich, dass in nicht allzu langer Zeit weit weniger Hinterlassenschaften von Tauben das Bild der Altstadt beeinträchtigen.

Redaktion Reporter Wertheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten