Tauberbischofsheim. Man muss sich ja nur mal an die eigene Nase fassen: Wann hat man denn das letzte Mal in der Stadt ganz bewusst auf die Tauben geachtet – geschweige denn sie beobachtet? Sie gehören einfach dazu. Das finden manche gut – und manche gar nicht. Doch sind die neugierigen Vögel mit dem schillernden Gefieder am Hals wirklich so schädlich für Gesundheit und Gemäuer? Und wie geht es ihnen eigentlich? Schließlich bekommen sie ebenfalls den Lockdown zu spüren.
In Würzburg, wo geschätzt 2000 Stadttauben leben, wollte die Bürgerinitiative „Mensch und Taube“ während der Pandemie gar eine Ausnahmegenehmigung zur artgerechten, fachkundigen Fütterung an festen Orten erreichen.
Doch die Tierschützer stießen auf taube Ohren. Denn die Stadt sieht kein Nahrungsproblem für die Vögel, wie ihr Sprecher Christian Weiß die Bürgerinitiative wissen ließ: „Auch wenn das Nahrungsangebot in der Öffentlichkeit zurückgegangen ist, sind Tauben regelmäßig in der freien Natur lebende Tiere, die in den Parkanlagen oder anderen Bereichen durchaus noch ein Nahrungsmittelangebot finden.“
Futter könnte Ratten anlocken
In der Stadt Tauberbischofsheim gibt es natürlich bedeutend weniger Tauben. Teilweise muss man sich sehr bewusst umschauen, um überhaupt eine zu entdecken. Doch Corona hin oder her: Auch hier sollen die Vögel nicht mit zusätzlicher Nahrung „verwöhnt“ werden. Helga Hepp, Pressesprecherin der Stadt, sagt auf Anfrage der FN: „Nach Paragraf 16 unserer Polizeiverordnung ist es verboten, Tauben auf öffentlichen Straßen und Gehwegen sowie in Grün- und Erholungsanlagen zu füttern.“ Sie betont: „Es darf auch kein Futter, das für die Tiere bestimmt ist, ausgelegt werden.“ Derzeit gebe es auch „keine Bestrebung, diese Vorschrift zu ändern“. Natürlich ist man sich auch in der Stadtverwaltung bewusst, dass Tauben extrem umstritten sind und den Ruf haben, Krankheiten auf den Menschen zu übertragen. Gleichzeitig gibt sie Entwarnung: „Uns sind in der Stadt keine Plätze bekannt, die von Tauben-Ansammlungen geprägt sind.“ Dies solle auch so bleiben, denn zusätzliches Futter könnte nicht nur zu einer größeren Beliebtheit der Stadt in Tauben-Kreisen führen, sondern auch Ratten anlocken.
Auch dem Tauberbischofsheimer Tierschutzverein ist aufgefallen, dass die Zahl der Stadttauben überschaubarer geworden ist: „Es gibt in der Innenstadt nicht mehr so viele Vogelschwärme – wobei man erst mal abwarten muss, bis die Jungvögel geschlüpft sind und fliegen können. Ob es ihnen gut geht, bezweifle ich“, erklärt die Vorsitzende Elisabeth Döringer gegenüber den FN. Das Futterangebot habe wegen Corona und der geschlossenen Läden beziehungsweise der fehlenden Außengastronomie sicher abgenommen, meint sie.
Sie berichtet außerdem: „Im Sommer 2019 wurden uns viele Tauben mit auffälligen neurologischen Aussetzern gebracht. Sie konnten sich nicht mehr auf den Füßen halten, kippten um und überschlugen sich. Einige wurden von Tierärzten gerettet, andere starben oder mussten eingeschläfert werden.“
Doch wie gefährlich sind Tauben eigentlich für den Menschen? Bereits 1989 gab der ehemalige Präsident des Bundesgesundheitsamtes, Professor Dr. Dieter Großklaus, Entwarnung: „Eine gesundheitliche Gefährdung durch Tauben ist nicht größer als durch Zier- und Wildvögel oder durch Nutz- und Liebhabertiere wie Katzen und Hunde.“ Dies bestätigten 2001 das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärwesen, sowie seit 2002 das Bundesinstitut für Risikobewertung und Bundesamt für Verbraucherschutz.
Keine gesundheitliche Gefährdung
Es bestehe ebenso keine gesundheitliche Gefährdung durch Taubenkot. Die Salmonellen, die diese Vögel sehr selten befallen, seien taubenspezifisch und nicht auf den Menschen übertragbar. Die Technische Universität Darmstadt untersuchte 2004, ob Taubenkot zu einer Schädigung von Gebäuden führt. 70 Tage lang wurde er auf verschiedene Baustoffe aufgebracht, die danach mikroskopisch untersucht wurden und keine Veränderung zeigten. Vielmehr seien saurer Regen und Abgase aus Industrie und Verkehr für Schäden an historischen Gebäuden verantwortlich.
Tauben-Hinterlassenschaften auf Häusern, so hieß es, stellten eher „ein ästhetisches Problem“ dar.
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