Gesundheitszentrum ist Ziel

Stadt Wertheim will Gebäude und Gelände der Rotkreuzklinik kaufen

Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez und Fachgebietsleiter Helmut Wießner informierten darüber am Freitagvormittag im Rathaus. Die Entscheidung treffen jedoch Insolvenzverwalter und Gläubiger.

Von 
Birger-Daniel Grein
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Über den Wertheimer Optimisten vor der nun geschlossenen Rotkreuzklinik auf dem Reinhardshof dürften momentan wohl die wenigsten lachen. Für die Nachnutzung der Liegenschaft hat die Stadt nun Pläne vorgestellt. Die Kommune möchte Gebäude und Gelände für ein Gesundheitszentrum erwerben. © Birger-Daniel Grein

Wertheim. Das offizielle Ende des Klinikstandorts Wertheim wurde am Mittwoch bekannt, nachdem die Verhandlungen zum Aufbau einer Fachklinik gescheitert waren. Nun plant die Stadt, Gebäude und Gelände der Rotkreuzklinik zu erwerben und dort ein Gesundheitszentrum für die ambulante Versorgung zu schaffen. Dies berichteten Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez und Fachgebietsleiter Helmut Wießner am Freitagvormittag im Rathaus.

Ziel: Gesundheitszentrum als Anlaufstelle für Bürger

Wie der Rathaus-Chef sagte, erwäge die Stadt, das Gebäude zu einem Gesundheitszentrum zu entwickeln. Man sei überzeugt, dass die Gesundheitsversorgung im Land immer stärker in Richtung ambulante Behandlung tendiere. „Wenn wir die medizinische Versorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger sicherstellen wollen, dann ist ein solches Gebäude mit der Liegenschaft ein ganz wichtiges Schlüsselelement.“ Sicherlich könne das, was man dort vorhabe, niemals das Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung ersetzen. „Das wissen wir, und das ist das, was so enttäuschen ist“, sagte er zur Situation. Man versuche, ein Gesundheitszentrum zu schaffen, an dem Gesundheitsleistungen gebündelt werden. Damit will man den Bürgern eine Anlaufstelle bieten.

Die Vorgeschichte des neuen Krankenhaus-Konzepts

Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez ging im Gespräch am Freitag auf die Vorgeschichte des jetzigen Konzepts zum Kauf von Krankenhausgebäude und -gelände sowie zur Schaffung eines Gesundheitszentrums ein Dabei verwies er auf die folgenden Punkte.

Man habe vom Insolvenzverwalter aber auch vom Gesundheitsministerium aus Stuttgart und dem Landrat das Signal bekommen, die Schaffung einer Fachklinik mit Notfallversorgung als Lösung zu sehen. Entsprechend enttäuscht sei man über das Ergebnis gewesen.

Nachdem die Verhandlungen auf Rekommunalisierung zwischen Stadt und Insolvenzverwalter sowie Schwesternschaft am 11. April gescheitert waren, habe die Stadt keine Informationen mehr zum Verfahren erhalten.

Gemeinsam mit Fachgebietsleiter Helmut Wießner habe er eigeninitiativ Informationen eingeholt und in viele Gespräche geführt, so der OB weite: mit Insolvenzverwalter Dr. Mark Boddenberg, Dr. Josef Ostwald als möglichem Betreiber der Fachklinik, Landrat Christoph Schauder, der AOK als federführender Verhandlungspartnerin der Kostenträger, mit Gesundheitsminister Manfred Lucha und leitenden Mitarbeitenden des Sozialministeriums. Dabei habe man in den letzten Tagen zunehmend den Eindruck gewonnen, die Übernahme durch Oswald könnte scheitern und damit auch das Insolvenzverfahren. Bei Gesprächen hätte immer der eine über den anderen Beteiligten gesagt, dieser müsste noch Sachen nachreichen. Der OB bezeichnete das Vorgehen als „organisierte Verantwortungslosigkeit“.

Aufgrund de Gesprächsverläufe habe man für den Fall des Scheiterns einen Plan B mit dem Kauf des Gebäudes entwickelt. Dieses Konzept habe die Verwaltung im Vorfeld auch mit dem geschäftsführenden Gemeinderat abgestimmt. Die Fraktionsvorsitzenden signalisierten, das Vorhaben zu befürworten. Es habe bereits Gespräche mit niedergelassenen Ärzten gegeben. bdg

Zudem wolle sich die Kommune Grundstück und Gebäude sichern, um zu verhindern, dass dort eine Nutzung hineinkommt, die nicht im Interesse der Stadt sei. Hinsichtlich des Gerüchts, das Gebäude könne künftig der Flüchtlingsunterbringung dienen, habe man beim Gesundheits- und Sozialministerium nachgefragt. Dies sei nicht vorgesehen, habe es geheißen. Zudem sehe der Bebauungsplan für diesen Bereich ausschließlich medizinische Versorgung oder Gesundheitsleistungen vor.

Wunsch der Stadt Wertheim: Notfallversorgung weiterhin ermöglichen

Es sei der Wunsch der Stadt, am Standort weiter eine Notfallversorgung zu ermöglichen, so der OB. In welcher Form dies möglich ist, könne man jetzt noch nicht sagen. Dies müsse und wolle man mit Experten aus dem Gesundheitswesen diskutieren und entwickeln.

Als mögliche Angebote im Gesundheitszentrum nannte Herrera Torrez beispielhaft Fach- und Allgemeinpraxen sowie den Erhalt der vorhandenen Dialysepraxis, Reha-Einrichtung und Kurzzeitpflege. Zudem stellte er fest, das Klinikum sei 2016 eröffnet worden und das Gebäude in gutem Zustand. Man sehe dessen Entwicklung auch aus städtebaulicher Sicht als Aufgabe. Das Klinikgelände umfasst laut Wießner rund 35 000 Quadratmeter. „Unser Ziel ist es, das Gebäude lastenfrei zu bekommen“, betonte Herrera Torrez. Zu den Kosten für Erwerb und möglichen Umbauten erklärte er auf Nachfrage: „Wir haben erste Zahlen dazu gehört.“ Die Informationen dazu seien aber noch nicht so weit, dass man sie benennen könne. Es sei eine Entscheidung, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens getroffen werde. „Unser Gefühl ist, es wird eine Zahl sein, die für die Stadt Wertheim leistbar ist.“

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Der OB betonte aber auch, die Entscheidung, ob die Stadt die Liegenschaft erwerben kann, treffe zunächst nicht sie selbst. Sie werde im Insolvenzverfahren hauptsächlich von den Gläubigern getroffen. Dies seien vor allem das Land Baden-Württemberg und die hiesigen Banken. Wie Wießner auf Nachfrage sagte, hat die Stadt kein Vorkaufsrecht. Man werde zeitnah Gespräche mit dem Insolvenzverwalter zur Ankaufabsicht aufnehmen, betonten die Rathaus-Vertreter. Man habe in den vergangenen Monaten so viele Entscheidungen gesehen, die die Stadt überrascht hätten. Daher bleibe eine gewisse Unsicherheit. Man gehe voran, in dem man das eigene Ziel klar formuliere, und hoffe auf den Insolvenzverwalter.

Aufgabe im Insolvenzverfahren ist es nun, möglichst viel Geld für die Gläubiger zu erhalten, wurde festgestellt. Letztlich müssen Gläubigerausschuss und -versammlung der Entscheidung des Insolvenzverwalters zustimmen.

Stadt Wertheim will Vermieter im Gesundheitszentrum sein - nicht Träger

Zum weiteren Vorgehen sagte der OB, die Stadt lade unter ihrer Federführung Ärzte, die Schwesterkommune Kreuzwertheim, den Main-Tauber-Kreis und die örtliche Unternehmerschaft sein, sich mit ihrem Fachwissen und ihrer wirtschaftlichen Kraft zum Wohle der Bürger einzubringen. Auch die Krankenkassen sowie die Kassenärztliche Vereinigung würden eine Rolle bei der Konzeptentwicklung spielen.

Bereits in den nächsten Wochen soll eine Person mit notwendiger Fachexpertise mit der Konzeptentwicklung beauftragt werden. Weiter betonte der OB, die Stadt werde Vermieter im Gesundheitszentrum sein, nicht Träger. Man sehe sie aber auch in der Aufgabe, dort zu koordinieren, um die Gesundheitsversorgung langfristig sicherzustellen.

Wird das Personal der Rotkreuzklinik übernommen?

Auf die Frage zur möglichen Übernahme von Personal aus dem Krankenhaus sagte er, es sei dann kein Haus der Grund- und Regelversorgung mehr. Man müsse schauen, wer im neuen Zentrum Personal der Klinik übernehmen könnte. Generell wäre dies wünschenswert. Es sei aber noch nicht zu sagen, welche Leistungen tatsächlich im Haus erbracht werden sollen.

Abschließend verwies der OB auf den Ärger und Frust wegen des Insolvenzverfahrenserlaufs und des Verlusts des Krankenhauses. Er betonte aber auch: „Sollte es für die Stadt Wertheim möglich sein, dieses Gebäude und die Liegenschaft zu erwerben, dann bietet das auch eine Chance für die Gesundheitsversorgung in Wertheim in den nächsten Jahren.“ Deswegen müsse man auch Lust darauf haben, das Gebäude zum Gesundheitszentrum zu entwickeln. Er und der Gemeinderat hätten ausdrücklich Lust darauf.

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