Külsheim/Gamburg. Die Nachricht vom ersten Auftreten des Westlichen Tannenborkenkäfers im Landkreis machte vor etwas mehr als einem Jahr die Runde. Revierleiterin Selina Utz und die Forstamtsleiterin des Main-Tauber-Kreises, Marieke Plate, zeigten in einem Gebiet direkt an der Grenze zwischen Uissigheimer und Gamburger Gemarkung den großen Schaden, welchen dieser Käfer anrichtet. Das Auftreten und rasante Ausbreiten des Westlichen Tannenborkenkäfers im Zusammenhang mit einer langen Dürreperiode zog im vergangenen Jahr einen außerplanmäßigen Holzeinschlag nach sich (wir berichteten).
Befallen wurden in Uissigheim zuerst die Küstentannen und anschließend die Douglasien. Die Käfer fressen sich durch das Holz, legen in die dadurch entstandenen „Muttergänge“ ihre Larven und unterbrechen damit die Wasserzufuhr von der Rinde in das Holz. Bei zusätzlich anhaltender Trockenheit bedeutet es das Ende für den Baum, sichtbar an seiner Braunfärbung. Noch vor Jahren ging man davon aus, dass die Douglasie als harzreicher Baum resistent gegen rindenbrütende Insekten sei. Der festgestellte Befall ist somit ein schwerer Schlag.
Insgesamt vier Hektar Fläche im Stadtwald Külsheim sollten geräumt und ursprünglich durch Naturverjüngung wieder aufgeforstet werden. Dazu kommt inzwischen eine weitere große Fläche unterhalb des Waldwegs – denn der westliche Tannenborkenkäfer hat an der Gemarkungsgrenze nicht haltgemacht. „Auf Gamburger Gemarkung werden es neben den bereits geräumten 1,2 Hektar weitere 1,5 Hektar sein, die geräumt werden müssen, mit Tendenz nach oben“, sagt Selina Utz. Die Revierleiterin zeigt auf die in der Nähe sichtbaren roten Douglasien. In den Pfingstferien werde geräumt werden.
Auch wenn ihr beim Anblick der kahlen Fläche vor Monaten das Herz geblutet habe, so müsse man nach vorn schauen und das Beste aus der Situation machen, sagt sie.
Wie diese Zukunft aussieht, davon haben sich an diesem Tag Selina Utz und Hans-Peter Scheifele, Sachgebietsleiter Forstamt des Main-Tauber-Kreises, vor Ort ein Bild gemacht.
Eine andere Zeit
„An dieser Stelle befand sich ursprünglich ein reiner Nadelwald mit zwei Baumarten. Wenn diese von einem Schadorganismus befallen werden, gibt es einen Totalausfall. Rückblickend wäre es natürlich besser gewesen, 30 Prozent Laubgehölze bei der Pflanzung mit einzubringen. Aber die 60-er Jahre waren eine andere Zeit mit einer anderen Herangehensweise, die wir im Rückblick kritisch sehen“, von einem Fehler will Scheifele jedoch nicht sprechen. Er weist jedoch darauf hin, dass damals in der Forstwirtschaft lediglich der wirtschaftliche Effekt im Vordergrund stand und man sich von schnell wachsendem Nadelholz einen schnellen Gewinn erhofft habe.
„Heute sind wir schlauer, wir wollen diese frühere Vorgehensweise nicht wiederholen. Deshalb haben wir auf den vier Hektar der Stadt Külsheim 14 verschiedene Baumarten eingebracht, darunter Traubeneiche, Hainbuche, Winterlinde, Edelkastanie, Roteiche, Orientbuche, Eibe, Fichte“, zählt Selina Utz auf. Ob diese „Mischpflanzung“ die perfekte Lösung für die Zukunft sein werde, wisse man heute allerdings nicht. Jedoch sinke das Risiko eines erneuten „Totalausfalls“, je mehr Baumarten in der Folgegeneration beteiligt werden.
In ihrer Aufzählung stechen zwei Baumarten hervor: der Amberbaum (als Versuch) und die Orientbuche. Fagus orientalis Lipsky ist eine Schwesterart der Rotbuche und stammt, wie der Name verrät, aus dem Nahen Osten. Dort ist sie seit tausenden von Jahren heimisch und trocken-warmes Klima gewöhnt. „Das bedeutet, wir holen eine Pflanze in unsere Gegend, die vom Erbgut potenziell klimastabil und wärmeverträglich ist. Wir ersetzen unsere heimische Buche durch die besser an Wärme angepasste Orientbuche und erhoffen uns einen sanfteren Eingriff ins Ökosystem“, begründet Scheifele die Wahl.
„Wir haben als Förster den Nachteil einer sehr langwierigen Produktreife. Wir sehen erst in 40 Jahren, ob es ein Erfolg wird. Das macht die Entscheidung sehr schwer. Wir sind somit zu absolut verantwortungsbewusstem Handeln aufgerufen“, setzt der Forstingenieur fort. „Ich treffe heute eine Entscheidung, welche die Nachfolger meiner Nachfolger betrifft. Das muss man sich einmal vor Augen führen“, sagt die junge Revierleiterin.
Gesetzt wurden auf den vier Hektar geräumter Fläche im Herbst und vor acht Wochen insgesamt 7500 Pflanzen, jeweils im Abstand von zwei Metern. Den Rest muss die Natur über die Naturverjüngung richten. Aus diesem Grund habe man den etwas größeren Pflanzabstand gewählt.
Weil die Fläche für einen einzigen Zaun zu groß und unwägbar ist, haben sich die Forstfachleute für drei kleinere eingezäunte Areale entschieden, die sich mit Flächen abwechseln, auf denen Wuchshüllen verwendet werden. Alle 7500 Pflanzen mit Einzelschutz zu versehen, wäre zu teuer geworden. Weil nicht die gesamte Fläche eingezäunt ist, habe man sogenannte Wildkorridore geschaffen.
Unterhalb des Wegs, also auf Gamburger Gemarkung, ist noch nicht viel passiert. Doch das hat seinen Grund. „Wir ahnten schon, dass der Befall und das Baumsterben dort weitergehen werden. Deswegen haben wir dort noch keine Pflanzen gesetzt. Wenn wir die befallenen Douglasien aus dem Wald holen müssen, würden wir dabei die jungen Pflanzen zerstören“, erklärt Utz die Vorgehensweise. Erst wenn alles geräumt ist, können auch dort neue Bäumchen gesetzt werden. Dies werde voraussichtlich im Herbst passieren.
Enormer Schaden
Fest im Zusammenhang mit dem Auftreten des Westlichen Tannenborkenkäfers steht vor allem auch der wirtschaftliche Schaden. Und der ist enorm, wie Scheifele und Utz vorrechnen, nachdem die gefällten Bäume, aufgrund der schlechteren Qualität, zu verminderten Preisen verkauft werden mussten. „Verwendet werden kann dieses Holz nur noch für Bretter oder Kanthölzer, die im nichtsichtbaren Bereich zum Einsatz kommen, weil das Holz mit der Zeit blau wird“, weiß Utz. Zum Gewinnausfall kommen noch die Kosten für die Räumung der Fläche und die Aufforstung, also die neuen Pflanzen, Einzelschutz, Pfosten, Zaun und Arbeitslohn. Diese Kosten muss der Waldbesitzer tragen. Für das Gelände oberhalb des Wegs somit die Stadt Külsheim. Nach einer groben Überschlagsrechnung kommen Utz und Scheifele auf rund 40 000 Euro, welche die Stadt Külsheim für die Aufforstung begleichen muss. „ Doch selbst dann ist der Waldbesitzer noch nicht am Ende der nötigen Zahlung. Denn Brombeeren wachsen jetzt auf dieser Fläche überreichlich und konkurrieren mit den gesetzten Pflanzen. Also muss in den kommenden sechs Jahren mindestens einmal pro Jahr gemäht werden“, rechnet die Revierleiterin vor. Der Forstingenieur ergänzt: „Sind die jungen Bäume brusthoch, sind sie vor Verbiss sicher. Aber dann müssen die Wuchshüllen wieder entfernt und die Zäune abgebaut werden. Auch das sind Lohnkosten, die der Waldbesitzer tragen muss.“
Die Kosten für das Gebiet unterhalb des Wegs werden dann auf die Gemeinde Werbach zukommen.
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