Höhefeld.
Ortsvorsteher Christian Stemmler hat sich für das Projekt mächtig ins Zeug gelegt. Bei der Informationsveranstaltung im Höhefelder Bürgerhaus bekam er am Montagabend Lob von allen Seiten für sein Engagement, eine zukunftsweisende Wärmeversorgung auf die Beine zu stellen.
Jetzt liegt es an den Höhefeldern: 50 Haushalte benötigen die Wertheimer Stadtwerke, damit sich das Nahwärmenetz rechnet. Wenn alles glatt läuft, könnten schon in der Heizsaison 2024/2025 die ersten Häuser mit Wärme versorgt werden – erzeugt mit einem heimischen Brennstoff: Holzhackschnitzel.
Das Vorhaben wäre das bisher größte seiner Art in der Großen Kreisstadt. Kleiner dimensionierte Anlagen gibt es bereits in Nassig und Waldenhausen. Christian Stemmler sprach von einer „großen Chance für einen kleinen Schritt zum Erreichen der Klimaziele“.
OB: „Riesengewinn“
Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez war sozusagen als Unterstützer zur Veranstaltung gekommen. Es habe ihn geärgert, dass ein ähnliches Projekt in Lindelbach vor zwei Jahren gescheitert sei – „aufgrund des Preises“. Mittlerweile hätten sich die Voraussetzungen geändert. Für die gesamte Stadt Wertheim wäre es unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ein „Riesengewinn“, wenn in Höhefeld die Fernwärme etabliert würde. Allerdings müsse das Preisniveau passen.
Stefan Wolf von den Stadtwerken stellte den knapp 100 Zuhörern die Grundzüge des Projekts vor, die seit einer öffentlichen Ortschaftsratssitzung im Mai vergangenen Jahres bekannt sind: Die Heizanlage soll nahe des alten Sportplatzes außerhalb des Dorfes errichtet werden. Fast drei Kilometer isolierte Leitungen müssten verlegt werden, um maximal 157 Liegenschaften anzuschließen.
So viele Haushalte werden es nach Lage der Dinge nicht werden. Um ein Meinungsbild zu erhalten, hatten die Stadtwerke Fragebögen verteilt. Der Rücklauf verlief zunächst schleppend. Mittlerweile jedoch seien 79 Fragebögen eingetroffen, so Wolf. Bei 54 Liegenschaften gebe es „ein gutes Potenzial“ zur Nutzung von Nahwärme. Allerdings sei die Dunkelziffer noch immer hoch. Es besteht also Luft nach oben.
Alte Ölkessel
In vielen Höhefelder Haushalten würden noch Ölkessel betrieben. Daneben nutzten einige Leute Holz als Wärmequelle. Oft hätten die alten Heizungen ihre zu erwartende Nutzungsdauer erreicht. Zudem gebe es vereinzelt Stromheizungen, also Nachtspeicheröfen, berichtete Stefan Wolf.
Für die Verbraucher spielt letztendlich der Preis eine entscheidende Rolle bei der Wärmeversorgung. 6250 Euro würde der Hausanschluss kosten, wenn die Entfernung zur Leitung zehn Meter nicht überschreitet. Hinzu kommen die Aufwendungen für den Umbau der eigenen Heizungsanlage, schließlich müssen beispielsweise Kessel und Öltanks entfernt werden. Das im Haus existierende Heizungsnetz wird dann an die Nahwärme-Übergabestation angeschlossen, die den Kessel ersetzt.
Anhand der zurückgegebenen Fragebögen haben die Stadtwerke die Verbrauchskosten kalkuliert: Bei einer Anschlussleistung von 20 Kilowatt muss ein Haushalt mit 1428 Euro Grundgebühr pro Jahr rechnen. Der Arbeitspreis (Kosten je nach Verbrauch) beträgt 12,1 Cent pro Kilowattstunde.
Für ein Musterhaus (180 Quadratmeter Wohnfläche) mit einem Verbrauch von 25 500 Kilowattstunden werden nach der Rechnung der Stadtwerke 4836 Euro (inklusive Mehrwertsteuer) pro Jahr fällig, was 403 Euro monatlich entspricht. Damit, so die Kalkulation, wäre dies die günstigste Variante verglichen mit einer Ölheizung (5635 Euro jährlich), einer Wärmepumpe (5414 Euro) und der Pelletheizung (5133 Euro). In dieser Rechnung sind die Investitionskosten für die Heizungsanlagen mit einer bestimmten Nutzungsdauer der Geräte einkalkuliert. Entscheiden sich mehr Höhefelder für die Nahwärme, fallen die Gesamtkosten günstiger aus, so Wolf.
Er zählte weitere Vorteile der Nahwärmeversorgung auf: Sie sei bequem, da keine Wartung erforderlich ist. Der Keller böte mehr Platz. Es ergebe sich eine bessere Luftqualität, die Effizienz der Energiegewinnung sei höher, ebenso die Versorgungssicherheit. Zudem würden alle gesetzlichen Vorsagen erfüllt. Man sei unabhängig vom Öl und trage zum Klimaschutz bei.
Aus dem Publikum gab es einige Fragen. Thomas Beier versicherte, dass angeschlossene Haushalte auch weiterhin zusätzlich ihre Kaminöfen mit Holz befeuern können. Auch die Kombination mit Solarthermieanlagen sei „grundsätzlich möglich“, so Stefan Wolf.
Nicht unbegrenzt erweiterbar
Beier sprach davon, dass man nach Beginn des Betriebs durchaus zusätzliche Haushalte anschließen könne – aber nicht unbegrenzt. Die Mindestnutzungsdauer werde zehn Jahre betragen. Stefan Wolf ergänzte, dass auch künftig entstehende Neubaugebiete wegen ihres viel geringeren Wärmebedarfs versorgt werden könnten.
Da einige Höhefelder Holz aus dem eigenen Wald nutzen, kam die Frage auf, ob man es auch für die Anlage nutzen könne. Thomas Beier meinte, dies sei „voraussichtlich möglich“. Die Stadtverwaltung habe signalisiert, dass es für den Eigenbetrieb Wald „grundsätzlich denkbar“ sei, Holz aus privatem Bestand anzukaufen.
Nun liegt der Ball zunächst wieder bei den Höhefeldern. Die Nahwärme kommt, wenn genügend Interessenten an dem Projekt verbindlich teilnehmen. Zwischenzeitlich bietet der Schornsteinfeger Lars Ederer individuelle Beratungen an.
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