Wertheim. Mehr als 150 begeisterte Gäste lauschten dem imposanten, fast einstündigen Silvesterkonzert von Kirchenmusikdirektor Professor Carsten Klomp auf der Rensch-Orgel in der Wertheimer Stiftskirche. Er erfreute sein Publikum mit sechs Musikstücken und zwei Zugaben.
Dann war es „höchste Zeit“, sozusagen „fünf vor zwölf“, um am Seitengang der Stiftskirche beim Sektempfang unter der Regie von Dekanin Wibke Klomp auf das neue Jahr anzustoßen, sich alles Gute, vor allem Gesundheit, zu wünschen und sich im Rück- und Ausblick auszutauschen, während draußen Böller und Raketen – nicht in der historischen Altstadt, aber beispielsweise nahe der Tauberbrücke – gen Himmel gejagt wurden.
Organist Carsten Klomp hatte sich schwerpunktmäßig und passend zum aktuellen Festkreis weihnachtliche Werke ausgesucht, die unzählige Assoziationen weckten zu beschaulich-besinnlichen sowie feierlich-freudigen Situationen der vergangenen Tage und Wochen.
Das entsprach sicherlich den Wünschen der kulturell interessierten Zuhörerinnen und Zuhörer: Der frenetische Beifall zum Finale war mehr als berechtigt, ja er „sprach Bände“, meinte eine Jugendliche aus dem Taubertal.
Der kurzweilige Programm-Mix mit klassischen und modernen Komponisten kam bei allen Gästen sehr gut an. In vielfältigen Nuancen der Töne und Klänge, der Akkorde und Akzentuierungen zog Carsten Klomp meisterhaft sozusagen „alle Register“ seines Könnens.
Sehr gut gewählt war vom Organisten schon der Einstieg: die bekannte, majestätisch-feierliche „Toccata con Fuga in d“ von Johann Sebastian Bach (1685 bis 1750), BWV 565. Sie ist wohl das mit Abstand bekannteste Orgelwerk – auch der gesamten europäischen Kunstmusik. Die drei Teile der Komposition (Toccata mit Präludium, Fuge und Recitativo) sind motivisch und harmonisch miteinander verbunden. So gibt es hier schnelle Läufe, vollgriffige Akkorde, vierstimmige Abschnitte, arpeggierte, ausdrucksstarke, virtuose Figuren und melodische Tonleiterfolgen. Vergleichbar wohl nur mit den ersten Takten der fünften Sinfonie von Ludwig van Beethoven, assoziiert heute schon ein auf der Orgel in einem halligen Raum – wie eben in Wertheim – in Oktaven gespielter Mordent (ein- oder mehrmaliger, kurzer Wechsel mit der nächst unteren leitereigenen Note) reflexartig die d-Moll-Toccata und steht in der Populärkultur ikonographisch für „Ernsthaftigkeit und „sakrale Würde“.
Es folgte der freudig anmutende Choral „Gelobet seist du, Jesu Christ“ von Gottfried August Homilius (1714 bis 1785), der an quirlige, emsige Engel und Betriebsamkeit verbreitende himmlische Wesen erinnerte. Variationsreich präsentierte der Organist dann das Musikstück „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ von Christian Heinrich Rinck (1770 – 1846), insbesondere in eindrucksvollen Echo-Effekten und differenzierten Interpretationen einer ankommenden, kraftvollen Gaben-Gestalt mit teils fordernden, teils versöhnlichen Charakterzügen. Von Gustav Adolf Merkel (1827 – 1885) stammte anschließend die beschaulich-harmonische, mehrstimmige Weihnachtspastorale zwischen „Tag und Traum“.
Bevor Carsten Klomp eigene Variationen über „Kein französisches Weihnachtslied“ vorstellte und eine Überleitung zu eher profanen, alltäglichen Anlässen gekonnt erzeugte, war die imposante Cantique „Postlude“ von Théodor Dubois (1837 – 1924) als Fest-Ausklang passend positioniert.
Renovierung der Orgel ab den Sommerferien geplant
Das Orgelprojekt der evangelischen Kirchengemeinde Wertheim gehe, so Dekanin Wibke Klomp, in großen Schritten voran. Ihr Dank galt allen bisherigen Spenderinnen und Spendern. Die Renovierung der Orgel werde nach Rücksprache mit der Orgelbaufirma in den Sommerferien 2025 beginnen und man hoffe, dass sie zum Advent dieses Jahres abgeschlossen sein dürfte.
Die Wertheimer Rensch-Orgel gilt als ein besonderes Instrument, das in Konzerten und Gottesdiensten wunderbar erklingt und auch beim Silvester-Orgelfeuerwerk mit seinem besonderen Klangteppich faszinierte.
Ein Konzertbesucher aus Wertheim war nicht nur gerührt von den einzelnen Beiträgen in der Silvesternacht, er mag das Instrument seit Kindheitstagen und das Orgelspiel weckt bei ihm angenehme Erinnerungen. Sein Resümee: „Die Orgel an sich wurde bekanntlich weltweit zum ‚Instrument des Jahres 2021‘ gekürt und sie gehört als ‚Königin der Instrumente“ seit 2017 zum Unesco-Kulturerbe. Ob tiefster oder höchster Klang, ob leisester oder markerschütternder Ton: das Klangspektrum der Orgel sucht seinesgleichen. Orgeln sind wahre Meisterwerke des Instrumentenbaus und der Feinmechaniker. Jede Orgel ist passend gebaut und gestimmt auf die Umgebung, in der sie erklingt. Das gilt auch für Wertheim.“
Eine junge Besucherin stellte abschließend fest: „Es war ein stimmungsvolles Silvester-Orgelkonzert. Mit majestätischen Klängen erfolgte der Jahreswechsel, das alte Jahr wurde feierlich verabschiedet und das neue Jahr mit erhebender Musik willkommen geheißen. Für mich und sicherlich für alle war es ein unvergesslicher Start nach 2024 voller Glanz und Melodie“.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/wertheim_artikel,-wertheim-mit-orgelmusik-2024-verabschiedet-und-2025-begruesst-_arid,2274703.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/wertheim.html