Wertheim. Der 34-jährige Carsten Wiedemann-Hohl umreißt seine bisherigen Stationen mit „Hessen, Bayern, Niederbayern und nun Nordbaden“. Seine Wurzeln liegen in Mittelhessen. Er hatte sich mit 19 Jahren zum Studium auf den Weg nach München gemacht und Jahre der Aus-, Fort- und Weiterbildung in kirchenmusikalischen Belangen unterschiedlichster Art erfahren. Sein nächster Lebensabschnitt führte ihn ins niederbayrische Deggendorf nahe der tschechischen Grenze. Dort lebte und arbeitete er fast acht Jahre lang und ist dementsprechend mit Menschen und Tradition tief verwurzelt.
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Der Kirchenmusiker unterstreicht, er habe die dortige Diaspora nicht als Hindernis kirchenmusikali-scher Arbeit erlebt, sondern sich darüber gefreut, dass das chorische Singen hauptsächlich aufgrund gelebter Ökumene funktioniert und viele Früchte getragen habe. Das berufsbegleitende Masterstudium in Stuttgart im Bereich Chorleitung sehe er als wunderbare Ergänzung zu seinen musikalischen Vorhaben in Deggendorf.
Wiedemann-Hohl blickt auf seine Jugend, in der er mit großer Leidenschaft „Big Band“ im Alsfelder Gymnasium und im benachbarten Lauterbach gespielt hat und als aktives Mitglied in der Posaunenarbeit der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Der neue Bezirkskantor erläutert, durch das Miteinander im Musizieren und die damit verbundene Auslebung des Glaubens sei seine persönliche kirchliche Sozialisation zustande gekommen und er zu dem geworden, was er heute sei – Kirchenmusiker.
Der neue Bezirkskantor bezeichnet seine Zeit in Niederbayern als wunderbar, auch wenn die Kirche dort sehr klein gewesen sei und das dortige Instrument nicht wirklich einem inspirierenden, künstlerischen Vorwärtskommen gedient habe. Nach acht Jahren sei ein guter Zeitpunkt gewesen, um weiter zu ziehen. Die Anzeige im Forum Kirchenmusik mit der Stellenausschreibung des Kirchenbezirks Wertheim sei ihm vor über einem halben Jahr sofort ins Auge gesprungen und so habe er sich in die nördlichste Stadt Baden-Württembergs beworben.
Der Tag der Bewerbung war am 27. Oktober 2021, so Wiedemann-Hohl, der erweiterte Ältestenrat des Kirchenbezirks als entscheidendes Gremium habe sich schließlich für ihn entschieden. Im Gespräch mit den „Fränkischen Nachrichten“ gibt der Neu-Wertheimer preis, es habe von der Main-Tauber-Stadt zuvor lediglich in einschlägiger Radiowerbung gehört. Am Tag der Bewerbung habe er sich bereits viel anschauen können, sein erster Weg in Wertheim außerhalb der beruflichen Tätigkeit habe ihn zur Burg geführt.
„Hochmotiviertes Team“
Der Bezirkskantor kommt geradezu ins Schwärmen, wenn er auf sein neues Arbeitsumfeld zu spre-chen kommt. Die wunderschöne Stiftskirche mit der großen Rensch-Orgel, mannigfaltige Chorarbeit, die landschaftlich äußerst reizvolle Lage und „ein lebendiges, musikalisch hochmotiviertes Team“ seien für ihn ein guter Grund, von der bayrischen in die badische Landeskirche zu wechseln. Ihn reize sehr, die hervorragende Arbeit der Vorgänger weiterzuführen und gleichzeitig ganz eigene Akzente zu setzen.
Interimsvertretung
Nach der Verabschiedung der damaligen Bezirkskantorin Katharina Wulzinger Anfang August 2021 hatte Kirchenmusikdirektor Professor Carsten Klomp die Interimsvertretung bei der Stiftskantorei und im Jugendchor übernommen. Die Vertretung fand in einer schwierigen Zeit statt, nach eineinhalb Jahren Chorpause, Proben mit Abstand und Maske oder wochenlangem Probenausfall. Klomp und Wiedemann-Hohl bezeichnen den jetzigen Übergang unisono als fließend.
Der neue Bezirkskantor meint im Hinblick auf die Planungen für die nahe Zukunft, im Vordergrund stünden auch „Kontakte knüpfen, Leute kennenlernen, Gespräche führen“. Er wolle in nächster Zeit viele Menschen und Strukturen kennenlernen: sei es in den Musikgruppen, im Bezirk oder im Kollegium. Zudem gelte im bürokratischen Bereich abzutasten, was anders sei als im bisherigen Wirkungsort in Bayern. Wiedemann-Hohl betont, „ich hoffe, dass ich so schnell wie möglich meine Planungen für die kommende Zeit fertig gedacht und umgesetzt haben werde“.
Gut aufgehoben
Der Neu-Wertheimer wohnt inzwischen mit seiner vierköpfigen Familie im Pfarrhaus in Waldenhausen. Der Umzug ging etappenweise voran und endete am 21. Februar. Seine Frau Isabella, der vierjährige Franz, der im ersten Lebensjahr befindliche Johann und er selbst fühlen sich sehr gut aufgehoben und seien dankbar, dort wohnen zu dürfen. Die Familie nehme wahr, die Leute vor Ort seien der Tatsache zugetan, dass in diesem großen Haus wieder jemand wohne.
Wiedemann-Hohl ergänzt schmunzelnd, sehe man ihn nicht im Büro, vor dem Chor oder an der Orgel, so werde man ihn eventuell auf dem Motorrad antreffen.
Der Bezirkskantor erklärt, dass in der vergangenen Woche ein erster Probentag mit dem Chor der Stiftskirche gewesen sei und am Tag des Gesprächs mit den „Fränkischen Nachrichten“ habe er zum ersten Mal auf der Rensch-Orgel in der Stiftskirche gespielt. „Macht Spaß“, kommentiert er lächelnd. Am Sonntag sei sein erster Gottesdienst in der Stiftskirche zusammen mit dem Chor der Stiftskirche, er sei „freudig angespannt, euphorisch“.
Wiedemann-Hohl verweist auf den Bezirks-Bläsertag in Wertheim am 30. April und die Orgelmusik zur Marktzeit von Ostern bis zum 1. Oktober, die als Novum in Wertheim ab diesem Jahr wöchentlich erklingen werde. „Auch darauf freue ich mich“, sprudelt es aus dem neuen Bezirkskantor. Eigentlich freue er sich auf alles, was die musikalische Zukunft hier vor Ort betreffe, und sei gespannt auf die Landeskirche in Baden. hpw
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