Denkmalschutz

Kembacher Friedhofsmauer wird zum langwierigen Bürokratiefall

Eine sich wölbende Mauer auf Kembacher Friedhof muss dringend erneuert werden. Doch es gibt Probleme mit dem Denkmalschutz.

Von 
Heike Barowski
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Seit zehn Jahren moniert ein Gutachterteam den Zustand der Mauer auf dem Kembacher Friedhof. Auch Ortsvorsteherin Tanja Bolg blickt sorgenvoll auf die sich immer mehr verschiebende Mauer. © Heike Barowski

Kembach. „Ich hoffe, Du hast positive Nachrichten?“ Kembachs Ortsvorsteherin Tanja Bolg schaut Uwe Flegler vom Tiefbauamt der Stadt Wertheim erwartungsfroh an. Doch der schüttelt den Kopf und verzieht das Gesicht. „Definitiv nein. Aber, was hast du erwartet?“, fragt er zurück. Der leicht zynische Unterton ist dabei kaum zu überhören. „Oh man“, erwidert Bolg und winkt ab. Ihr ist genau wie Flegler klar – der Weg zu einer neuen Mauer wird immer länger. Vor wenigen Tagen trafen sich die beiden auf dem Kembacher Friedhof, um den aktuellen Sachstand zu erörtern.

Der Friedhof befindet sich rund um die evangelische Kirche an einem recht steilen Hang. Aus diesem Grund ist er terrassiert und mit Stützmauern angelegt. Doch eine dieser Mauern im hinteren Teil, direkt unter den Baumgräbern, wölbt sich gefährlich nach außen. „Der Hang drückt massiv“, erklärt der Mitarbeiter der Stadtverwaltung das nicht unübliche Erscheinungsbild. Besagte Mauer wird seit mehr als zehn Jahren immer wieder von Mitarbeitern eines Ingenieurbüros beanstandet, dass alle Wertheimer Friedhöfe auf Sicherheit überprüft.

Über 100 Jahre alte Mauer: Kembacher Friedhof steht unter Denkmalschutz

Das Beheben des Schadens ist jedoch längst nicht so einfach wie es klingt. Denn der Kembacher Friedhof steht unter Denkmalschutz. Zuständig für den Friedhof ist die Gemeinde, weil dieses Areal nicht der Kirche gehört. Aufgrund von Schuttfunden schätzt Uwe Flegler das Alter der 18 Meter langen und einen Meter hohen Mauer auf etwas mehr als einhundert Jahre.

Eine Grabung unmittelbar hinter der maroden Mauer sollte vor einiger Zeit Klarheit schaffen, ob es sich um eine reine Trockenmauer handelt oder das Bauwerk damals mit Mörtel aufgesetzt wurde. Denn genauso muss die neue Mauer auch wieder gebaut werden. Der von vorn deutlich sichtbare Mörtel in den Fugen zwischen den Steinblöcken zählt dabei scheinbar nicht. Denn das Regierungspräsidium in Stuttgart, Abteilung Wirtschaft und Infrastruktur, kam in einem seiner Schreiben zu folgendem Schluss: „Das historische Erscheinungsbild und der Verbund sind wieder herzustellen. Es ließen sich keine Fugenmörtel erkennen, daher ist davon auszugehen, dass die Mauer als Trockenmauer errichtet wurde.“ Und weiter: „Die vorgeschlagene Hinterfüllung des Mauerwerks mit Beton kann nicht genehmigt werden, weil diese Maßnahme dem Grundsatz der Reversibilität widerspricht.“

Denkmalschutz-Auflagen „zumutbar und verhältnismäßig“

Zur Begründung schreibt das Amt, dass die Sandsteinmauer nach Paragraf 2 des Denkmalschutzgesetzes geschützt sei und das Vorhaben im Bereich des archäologischen Kulturdenkmals „mittelalterliche und frühneuzeitliche Pfarrkirche“ sowie des archäologischen Prüffalls „mittelalterliche und frühneuzeitliche Siedlung Kembach“ liegen würde. „Die Auflagen dienen dem Gesetzeszweck, das Kulturdenkmal möglichst unbeeinträchtigt und weitgehend in seiner originalen Substanz zu erhalten.“ Die Auflagen seien zumutbar und verhältnismäßig.

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Uwe Flegler kommt allerdings zu einem anderen Schluss. Er verweist noch einmal auf die deutlich sichtbaren Spuren von Mörtel. Beharrt man in Stuttgart jedoch auf der Annahme, dass es sich um eine Trockenmauer handelt, muss die neue Mauer auch genauso wieder gebaut werden. Das heißt: Im Abstand von etwa 50 Zentimetern hinter der sichtbaren Mauer muss eine weitere Trockenmauer errichtet und der Zwischenraum verfüllt werden. Der erfahrende Tiefbauer schätzt die Kosten auf mindestens 50.000 Euro. Dabei könnte es durchaus passieren, dass beim Aufgraben hinter der Mauer Funde zu Tage treten. Flegler nennt als Beispiel Sarggriffe oder Ornamentplatten. In solch einem Fall würde der Bau bei archäologischer Baubegleitung ruhen und die Kosten könnten ins Unermessliche steigen.

Die Spuren von Beton in den Fugen der Friedhofsmauer sind deutlich sichtbar. © Heike Barowski

Für Uwe Flegler gibt es jedoch sehr deutliche Anzeichen, dass Beton als Stützmaterial verwendet wurde. Das würde bedeuten, dass die neu aufgesetzte Mauer mit Beton hinterfüttert werden kann. Die Kosten in diesem Fall beziffert Flegler auf rund 23.000 Euro (ohne Abdeckplatten). Mit Nachdruck verweist er darauf, dass eine Trockenmauer nicht so stabil sei und damit nicht so lange halten würde, wie eine Mauer, die mit Beton hinterfüttert sei.

„Es ist ja nicht die einzige Mauer, die neu gemacht werden muss. Und wir haben jedes Mal so einen Zirkus und solche Kosten. Denn es gibt keine Zuschüsse“, sagt Tanja Bolg und zeigt in die Runde. Ärgerlich für sie sei auch, dass die Baumgräber oberhalb nur im hinteren Bereich genutzt werden können. „Weiter vorn Richtung Mauer können wir nicht bestatten, weil wir ja noch nicht wissen, was mit der Mauer passiert“, fügt sie an.

Nächster Problemfall: Auch die wackelnde Treppe ist denkmalgeschützt

Inzwischen hat der Mitarbeiter des Tiefbauamts Kontakt zu Klaus-Peter Huber vom Landesamt für Denkmalpflege aufgenommen. Huber weilt immer mal wieder in der Wertheimer Region, um bestimmte Sachverhalte vor Ort zu prüfen. Ihm will Flegler die Mauer zeigen. „Je nach dem zu welcher Erkenntnis Herr Huber kommt, kann dann die Mauer auch mit Beton verfüllt werden“, ist Fleglers Hoffnung. Einen Termin für Hubers Besuch gibt es noch nicht. Dessen Terminkalender sei immer sehr voll, weiß der Mitarbeiter der Stadt. Der Wertheimer ist jedoch stark darum bemüht, dass der Fall dieser Mauer in spätestens vier Jahren abgeschlossen ist. „Dann gehe ich nämlich in Rente und will meinen Amtsnachfolger nicht mit solchen Problemfällen zu Beginn überhäufen“, sagt Flegler und lächelt ein wenig.

Der Nachfolger oder dessen Kollege vom Straßenbauamt dagegen wird sich wahrscheinlich dann mit der ortsseitig zur Kirche führenden Treppe beschäftigen müssen. Diese stehe ebenfalls unter besonderem Schutz und wackele, wie Tanja Bolg anführt. Doch das ist dann ein anderes Kapitel.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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