Wertheim. Mit dabei sind seine Hunde, die Rüden Dakota und Anuki. Im Interview ging es unter anderem um das Tourleben, den Hundeführerschein und Katzen.
Herr Schüler, wie darf man sich Sie und Ihre beiden Hunde denn auf Tour vorstellen?
Holger Schüler: Wir sind ein kleines Team und mit einem ganz klassischen Tourbus unterwegs, in dem sich das ganze Material und das Bühnenbild befinden. Wenn wir am Tourort angekommen sind, fahren wir kurz ins Hotel, dann geht es schon zum Aufbau und Soundcheck in die Halle beziehungsweise in Wertheim auf die Burg. Vor Ort trainiere ich mit meinen beiden Hunden, denn sie müssen sich ja auch vorbereiten können, weil sie mit mir auf der Bühne stehen. Dann isst man noch eine Kleinigkeit, und schob geht’s los.
Das hört sich ja wie ein Rockstarleben an.
Schüler: Das ist schon auch Rock ’n’ Roll (lacht). Allerdings baue ich das Bühnenbild selbst mit auf. Wenn ich weiß, was wo auf der Bühne steht und ich es auch selbst aufgebaut habe, kann ich hinterher niemand anderes anpöbeln, wenn etwas nicht funktioniert hat. Das geht dann voll und ganz auf meine Kappe.
Fahren Ihre Hunde denn gerne Auto?
Schüler: Ja, sie sind das gewöhnt. Wir machen ja ganz viele Hausbesuche, denn ich habe keine klassische Hundeschule, sondern bin Hundeerziehungsberater. Das heißt, ich berate die Menschen vor Ort, bin also da, wo es brennt. Meine Hunde sind immer bei mir. Wenn ein Hund ein Problem mit anderen Hunden hat, dann bringt es ja nichts, wenn ich Fremdhunde organisiere. Vielmehr probieren wir das erst einmal mit meinen Hunden aus. Sie sind sehr sozial, und an ihrer Körpersprache kann ich vieles erkennen. Sie sind meine Co-Trainer.
Was sind das denn für Hunde?
Schüler: Das sind Chesapeake-Bay-Retriever. Sie kommen aus Amerika, in Deutschland sind sie noch sehr selten. Das ist eine sehr gesunde, gute Rasse, sozusagen der Ursprungshund unserer Labradore. Diese Hunde müssen aber gutgeführt werden, so dass sie ihrem Menschen vertrauen. Der Große, Dakota, ist neun, Anuki drei. Sie sind Onkel und Neffe.
Sie haben bestimmt eine besondere Beziehung zu den beiden.
Schüler: Ich hatte schon mehrere Hunde, einen Berner Sennenhund, einen Jack Russell, davor auch einen Chesapeake-Bay-Retriever. Leider ist er vor vier Jahren mit 18 von uns gegangen. Mit dieser Rasse bin ich so verbunden, weil es klar zu führende Hunde sind. Sie sind keine Hunde, die für ein Leckerli alles machen. Sie hinterfragen sehr viel, man muss wach und verlässlich sein. Wir sind 24 Stunden zusammen, so dass wir ein richtig gutes Team bilden. Wir brauchen keine Worte – wir schauen uns an und wissen, was der andere möchte. Doch auch meine Hunde sind nur Hunde. Auch sie haben ihre Fehler, und das soll auch so sein. Sie dürfen Fehler machen, denn ohne Fehler gibt es keine Weiterentwicklung.
Tobi war der Berner Sennenhund, der Sie auch zur Hunderettung gebracht hat. Hat Tobi Sie denn auch zu Ihrer Berufung hingeführt?
Schüler: Das stimmt, und es ist wirklich eine Berufung und kein Beruf für mich. Ich stehe jeden Morgen lächelnd auf, weil ich meinen Job so gerne mache. Der Tobi war derjenige, der mich zu dieser Rettungshundestaffel gebracht hat. Er war der Auslöser dafür, dass ich heute der bin, der ich bin.
Haben Sie durch die Hunde auch für sich selbst etwas gelernt?
Schüler: Absolut. Ich war als junger Mensch sehr aufbrausend und sehr nach vorne gehend – derjenige, der immer probierte, anzuführen und alles gut zu machen. Allerdings hatte ich auch eine kurze Zündschnur. Mein Tobi hat mich dazu gebracht, dass ich in einer Wildtierauffangstation mit Wölfen arbeitete. Die Hunde und die Wölfe haben mich geerdet. Sie haben mich zu einem anderen Menschen gemacht. Ich bin ein Hundemensch, der die Sprache, die Gestik und Mimik der Hunde versteht. Bei mir darf der Hund auch mal Hund sein. Meine Hunde geben mir unheimlich viel zurück. Sie spüren es, wenn ich Stress habe und es mir mal nicht gut geht. Sie sind einfach da, und dafür bedanke ich mich jeden Tag.
Wie reagieren Ihre Hunde, wenn Sie mal einen schlechten Tag haben?
Schüler: Vor drei Wochen bekam ich ein Bandscheibenproblem. Ich wollte etwas holen, und dabei fuhr es mir so in den Rücken, dass ich zusammenbrach und nicht mehr hochkam. Ich schrie auch kurz, weil es so weh tat, und die Hunde liefen sofort zu mir. Der Kleine leckte mich ab, und der Große legte sich neben mich und blieb bei mir. Sie spüren das auch, wenn ich einen stressigen Tag habe. Dann gehen sie auf ihre Plätze, schlafen oder kommen ab und zu mal her und legen den Kopf auf mein Knie. Wenn ich dann ’rausgehe mit ihnen, ist der Stress auch schnell wieder weg – wir laufen eine halbe Stunde, und die Welt ist wieder in Ordnung.
Können Sie Katzen leiden?
Schüler: Grundsätzlich mag ich alle Tiere. Ich mag Katzen, aber leider bin ich allergisch. Früher hatte ich auch zwei Katzen. Sie sind dann mit meinen Hunden und mit mir gelaufen, das war immer sehr schön.
Wie sehr lassen sich Hunde mit Wölfen vergleichen?
Schüler: Hunde stammen ganz klar von Wölfen ab. Aber durch die vielen, vielen Jahre, in denen Hunde gezüchtet worden sind, haben wir inzwischen über 400 verschiedene eingetragene Hunderassen. Leider Gottes ist der Mensch so krank, dass er auch Qualzuchten macht. Die meisten Hunde sind nicht gesund, weil sie so gezüchtet wurden, dass sie Menschen ähnlicher werden. Der Hund ist ja der beste Freund des Menschen, aber wir müssen trotzdem aufpassen und eines immer bedenken: Unsere Hunde sind Beutegreifer, sie haben einen eigenen Charakter und werden immer anders reagieren, als wir es gerne hätten. Wir haben es hier immer noch mit einem Tier zu tun.
Gibt es denn bei Dakota und Anuki überhaupt noch Trainingsbedarf?
Schüler: Natürlich muss ich auch mit ihnen trainieren und kenne ihre Schwächen. Ich kann ja nicht einfach sagen, jetzt bleiben sie so, wie sie sind. Wir arbeiten viel in Kindergärten und Schulen und sie sind auch bei meinen Fernsehdrehs dabei. Sie müssen schon auch lernen, cool zu bleiben. Deshalb mache ich regelmäßiges Impulskontrollentraining mit ihnen. Das, was ich von meinen Kunden verlange, müssen auch meine Hunde trainieren und beherrschen.
Sie arbeiten auch mit Problemhunden, bei denen ja häufig der Problem der Mensch ist und nicht der Hund. Durch Corona haben sich noch viel mehr Leute einen Hund angeschafft – vielleicht auch ohne vorher zu prüfen, ob der Hund zu ihnen passt. Wie ist da Ihre Erfahrung?
Schüler: Leider Gottes ist es oft so, dass wir uns vorher nicht überlegen, was wir uns da holen. Die größte Problematik ist die Vermenschlichung unserer Hunde. Sie macht die Erziehung unheimlich schwer, weil wir Menschen die Welt mit unseren Augen sehen, und das ist meistens sehr emotional. Corona war der Startschuss. Jeder war zuhause und wollte irgendwas machen, und die Politik sagte, die Leute mit Hunden dürfen ’raus. Und so kam es zu diesem Hundeboom. Wir Menschen haben verlernt, genau hinzuschauen, ob der Hund auch wirklich zu uns passt. Auf der anderen Seite wird auch nicht hingesehen, an wen man den Hund verkauft.
Was halten Sie vom Hundeführerschein?
Schüler: Der Hundeführerschein ist grundsätzlich zunächst einmal Geldmacherei. Ich würde mir wünschen, dass viel früher angesetzt wird – nämlich bevor der Hund angeschafft wird. Das gilt sowohl, was die Züchter anbelangt, als auch beim Tierschutz, der viele Hunde aus dem Ausland nach Deutschland bringt und immer noch an Autobahnraststätten verkauft. Der Führerschein wäre das I-Tüpfelchen, aber die Probleme liegen ganz woanders. Wenn der Hundebesitzer einen Hundeführerschein machen muss – was grundsätzlich ja nicht verkehrt ist – sollte sein Wissen dann aber auch alle zwei Jahre kurz geprüft werden. Um dafür einen Anreiz zu haben, müsste dann aber auch die Hundesteuer um zehn, 15 Prozent gesenkt werden.
Wir Hundebesitzer müssen immer auf so vieles achten, wir müssen Steuern bezahlen, jedem Radfahrer aus dem Weg gehen, obwohl er nicht klingelt, wir müssen schauen, dass der Hund in der Stadt gut angeleint ist, dürfen ihn in der Brut- und Setzzeit nicht von der Leine lassen. Es muss vieles einheitlicher werden, die Hundesteuer ist beispielsweise nicht vereinheitlicht und jedes Bundesland regelt selbstständig, welche Hunde als Listenhunde gelten und welche nicht. Wir sollten erst einmal an solchen Themen arbeiten, bevor wir überhaupt an den Hundeführerschein denken.
Wie darf man sich denn Ihren Auftritt in Wertheim vorstellen?
Schüler: Es handelt sich dabei um mein viertes Programm. Es wird relativ locker, denn ich will nicht mit erhobenem Zeigefinger auf der Bühne stehen. Ich werde aus meinem Alltag erzählen und verschiedene Fallbeispiele erläutern. Dakota ist grundsätzlich immer mit auf der Bühne, zwischendurch hält er dabei gern mal ein Nickerchen. Anuki wird hinter der Bühne gehegt und gepflegt und nur geholt, wenn er seinen Einsatz hat. Theorie und Praxis werden sich abwechseln. In der Pause bin ich offen für Fragen, ich signiere zudem meine Bücher.
Auch in Wertheim werde ich meinen aus „Schüler schult“ bekannten Satz sagen: Wie soll der Mensch mit dem Hund kommunizieren, wenn er es nicht mal schafft, mit seiner eigenen Spezies richtig zu kommunizieren?
Ich freue mich sehr auf die Tour und auf Wertheim und bin glücklich, dass mein Rücken so mitspielt, dass ich die Tournee nicht absagen musste.
Karten gibt es im Geschäft Knecht Rupprecht, unter www.burgwertheim.de, in den Kundenforen der FN sowie an der Abendkasse. Die Besucher sollten ihren eigenen Hund nicht zur Veranstaltung mitnehmen.
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