Bettingen. Der Begriff „Zukunft“ fiel oft am Mittwoch bei der offiziellen Eröffnung des Ladeparks „HomE World“ im Wertheimer Industriegebiet Almosenberg in Bettingen nahe der Autobahn. Was hier entstanden ist, könnte eine Blaupause für künftige Projekt in Deutschland und Europa sein. Und es ist eine gewaltige Wette auf die Zukunft. 15 Millionen Euro steckten die Investoren in das Projekt, das europaweit zu den größten seiner Art gehört. Zuzüglich flossen weitere fünf Millionen Euro in einen Fuhrpark mit E-Autos, die Mietern zur Verfügung stehen.
Im Grunde ist es eine Art Autobahn-Raststätte der Zukunft. Es fließt kein Sprit, sondern Strom. Während der Ladezeit können E-Mobilisten in der „Arena“ das „Café Energia“ besuchen. Hier gibt es hauptsächlich „plantbased“ (pflanzenbasiertes) Essen aus der „Robotic Kitchen“ – ein Roboter bereitet Mahlzeiten mit frischen Zutaten zu. Kaffeespezialitäten von der Barista-Bar vervollständigen das Angebot. Zudem sind auf der Multifunktionsfläche Ausstellungsobjekte aus der Welt der E-Mobilität zu sehen.
Die größte Herausforderung bei dem Projekt war, dass man bei der Planung und Umsetzung „aus der Zukunft heraus denken“ musste, wie Jens Heller vom Unternehmen APM, das Gesellschafter der „HomE World“ ist, erklärte. Hinter APM steckt ein Verbund von Autohäusern. Diese haben angesichts der anstehenden Transformation von der Verbrenner-basierten hin zur elektrisch angetriebenen Mobilität ein großes Interesse daran, ihren Platz auf den Märkten der Zukunft zu finden.
Das Geschäftsmodell liegt in der Zukunft
„Unser Geschäftsmodell liegt in der Zukunft“, räumte Jürgen Ruchti ein. Man habe deshalb „aus der Zukunft heraus denken, aber in der Gegenwart bauen“ müssen. Bekanntermaßen kann niemand genau vorhersagen, was künftig passiert, so dass man offenbar in die Vollen gegangen ist, was die Kapazitäten angeht. In der ersten Ausbaustufe – der Ladepark hat bereits im Sommer den Betrieb aufgenommen – stehen fast 60 Ladepunkte zur Verfügung. 20 davon betreibt der Automobilhersteller Tesla, der sich eingemietet hat. Dazu kommen die eigenen, von denen ein Teil für das Schnelladen vorgesehen sind. Der Rest steht für Nutzer zur Verfügung, die mehr Zeit mitbringen und etwa im nahegelegenen Wertheim Village einkaufen wollen.
In der finalen Ausbaustufe soll es 160 Ladepunkte geben. Der Strom wird über das Netz der Wertheimer Stadtwerke eingespeist. Wie Geschäftsführer Thomas Beier erklärte, werden die Stadtwerke voraussichtlich ab Mitte des Jahres auch die Rolle des Stromverkäufers übernehmen, also nicht nur die Netzinfrastruktur zur Verfügung stellen.
Stadtwerke Wertheim wollen auch Strom verkaufen
Die Nutzung der Ladepunkte lässt vermuten, dass die Betreiber auf dem richtigen Weg sind. Wie Jürgen Ruchti erläuterte, werden im Schnitt etwa acht Autos am Tag pro Ladepunkt „betankt“. An anderen, herkömmlichen Stationen seien es täglich nur zwei. Um die Weihnachtszeit habe es mit 15 Ladevorgängen pro Tag einen regelrechten Ansturm gegeben. Thomas Beier von den Stadtwerken berichtet, dass durchschnittlich 60.000 Kilowattstunden pro Woche verbraucht wurden. In der Hochphase waren es 120.000 Kilowattstunden. Geht man von einem durchschnittlichen Verbrauch eines E-Autos von 15 Kilowattstunden pro 100 Kilometer aus, reicht diese Menge für eine Distanz von 8.000 Kilometer.
Die größte Herausforderung für die Betreiber des „HomE World“ wäre nicht das künftige Wachstum. Im Zweifel steht zusätzliches Gelände zur Verfügung. Auch die Stromversorgung ließe sich steigern. Voraussetzung seien allerdings verlässliche Rahmenbedingungen, spielen Jens Heller und Jürgen Ruchti auf die fehlenden klaren Signale aus dem politischen Raum an. Just am Mittwoch machte die Nachricht die Runde, dass die Automobillobby erfolgreich das für 2035 vorgesehene Verbot von Verbrennungsmotoren in der EU aufweicht. Eigentlich sollten ab diesem Zeitpunkt nur noch nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden dürfen.
Unklare Signale aus dem politischen Raum
Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez identifizierte denn auch die „Diskussion um die E-Mobilität“ als Hauptproblem und appellierte an die Entscheidungsträger, den bisherigen Weg fortzuführen. Ewas den Individualverkehr angeht, gebe es keine bessere Lösung, um die Klimaziele zu erreichen. Herrera Torrez nahm gerne das Lob der Betreiber entgegen, die mehrfach die ergebnisorientierte Arbeit der Stadtverwaltung würdigten. Auch der Gemeinderat habe mit seiner
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