Wertheim-Höhefeld. Aufgeregt ist Christian Stemmler schon ein klein wenig. Noch weiß er an diesem Mittwoch nicht, wie sein „Baby“ von den Höhefeldern angenommen wird. Stemmler ist nicht nur rühriger Ortsvorsteher, sondern auch überzeugter „IT-ler“. Am Donnerstagabend will er auf einer Veranstaltung sein Projekt den Höhefeldern vorstellen: eine App, die speziell nur für kleine und mittlere Kommunen entwickelt wurde und auf die jeweiligen Orte angepasst wird.
Hinter dem, was im ersten Moment so profan klingt, steckt jedoch deutlich mehr als nur eine simple App. Es ist eine Hybridanwendung aus App und Homepage, die dazu dienen soll, die Dorfbewohner stärker miteinander zu vernetzen und Informationen auf kürzestem und schnellstem Weg austauschen zu können.
Immer informiert sein
Ob amtliche Mitteilung, Neuigkeiten, Vereinsnachrichten, Fundsachen, Wohnungsuche oder Schadensmeldungen, in den verschiedenen Rubriken kann jeder Höhefelder Bürger und Verein seine Nachrichten hinterlassen, die Mitteilungen lesen und sie kommentieren. Die Betonung liegt dabei auf „Höhefeld“. Im Unterschied zu anderen großen Plattformen im Internet haben nur die Dorfbewohner über einen exklusiven Code-Zugang zur App. Stemmler spricht in diesem Zusammenhang von einer personalisierten App, die direkt auf Höhefeld und seine Bewohner zugeschnitten ist.
Ein weiterer Vorteil dieser Anwendung ist, dass sie ohne App-Store auf den verschiedenen Endgeräten installiert werden kann. Der Nutzer braucht sich lediglich mit Namen und E-Mail anmelden. „Alleinstellungsmerkmal der Hybrid-App ist auch, dass die deutsche Datenschutzgrundverordnung in vollem Umfang eingehalten wird. Außerdem stehen die Server in Frankfurt“, betont Stemmler. Daten können laut Ortsvorsteher für Werbezwecke nicht weiter gegeben werden. Dadurch wolle man ein vertrauensvolles Umfeld schaffen. Der eigentliche Betreiber ist die Firma Blue Village Innovations, ein Start-up mit Sitz in Frankfurt.
Keine Kosten
Die Kosten für die App beziffert Stemmler auf weniger als einen Euro pro Einwohner im Jahr. Im Fall von Höhefeld würden somit maximal 425 Euro jährlich anfallen. Je mehr Anwender zusammenkommen, desto günstiger wird die Nutzung der App. „Wir werden es in Höhefeld durch ortsansässige Unternehmen gegenfinanzieren“, sagt Stemmler. Das bedeutet, Höhfelder Firmen können ihr Logo gegen einen kleinen Obolus auf einer Art „Werbetafel“ einspielen lassen und finanzieren damit für alle Höhefelder die Nutzung.
„Werden 50 Prozent der Einwohner die App verwenden, kann man durchaus von einem Erfolg des Leuchtturmprojekts sprechen“, so Stemmler. Bislang verfüge noch kein anderer Ort im weiten Umkreis über eine solche Anwendung.
Weil Wertheims Oberbürgermeister markus Herrera Torrez von der Idee absolut begeistert ist, soll diese App auch in anderen Wertheimer Ortsteilen Anwendung finden. Haben alle Ortsteile eine eigene App, könne sich die Stadt durchaus vorstellen, dass auch Mitteilungen der Verwaltung darüber verbreitet werden. Auch digitale Dienste, wie das Beantragen der Hundemarke, des Anwohnerparkausweises oder einer Geburtsurkunde könnten dann über diese Plattform erfolgen.
Einer, der an diesem Mittwoch sehr genau zugehört hat, ist Gerhard Klinger – Fotograf und gute Seele im Dorf. Er hat fast auf den Tag genau vor 20 Jahren die Höhefelder Homepage zum Laufen gebracht. „Sie ist gestartet, da haben wir in Höhefeld eigentlich die Bits und Bytes noch mit dem Meißel in den PC geklopft“, lacht Klinger und spielt damit auf die jahrzehntelange Unterversorgung des Ortes in Sachen Internetanschluss an.
Die Homepage wird neben des Dorfblättchens „Neuigkeiten aus der Ortsverwaltung“ (was von Stemmler vier mal in Jahr herausgegeben wird) Aushängen und den Fränkischen Nachrichten als Informationsquelle rege genutzt. „Als Konkurrenz sehe ich die App nicht“, sagt Klinger völlig entspannt. „Wir wollen uns ergänzen. Lieber zwei Informationsquellen als gar keine“, meint der umtriebige Rentner.
Perfekte Ergänzung
Von Anfang an standen Stemmler und Klinger deshalb im Dialog und sind sich einig, dass die eine digitale Plattform die perfekte Ergänzung zur anderen bildet. „Wir wollen mit der Homepage und der App die Gemeinschaft im Ort stärken“, sagt Klinger und ist zuversichtlich, dass auch Christian Stemmlers App eine Erfolgsgeschichte wird. Werden auf der App hauptsächlich Neuigkeiten schnell verbreitet, so geht der Schwerpunkt der Homepage ein wenig mehr in Richtung Historie.
Von alten Mordgeschichten über Mundart bis zur „Höhfelder Kärwebräidicht“ hat Gerhard Klinger neben zahlreichen schönen Fotos viele interessante Fakten zusammengetragen. Oder wussten Sie (eine Rubrik auf der Homepage), dass Elvis Presley 1959 einen Tag und eine Nacht als Panzersoldat bei einem Manöver in Höhefeld war? Und wussten Sie schon, dass „Arschkerwe“ ein alter Höhefelder Flurname ist? Beides ist auf der Homepage nachzulesen.
Übrigens die erste Meldung, die von Stemmler in die App eingepflegt wurde, war die Einladung zum Infoabend mit dem Thema Glasfaseranschluss. Noch haben die Einladung nur ganz wenige über die App erhalten. Doch das soll sich mit dem offiziellen Start am heutigen Donnerstagabend ändern.
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