Projekt "Bürgerspital"

„Große Belastungsprobe“ für Finanzen der Stadt Wertheim

Der Kauf der Klinik und die Nachnutzung als leistungsfähiges Haus ist für die medizinische Versorgung unabdingbar, kostet aber auch jede Menge Geld.  OB Markus Herrera Torrez schließt Steuererhöhungen nicht aus

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Gerd Weimer
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Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez demonstriert, wie viele Bälle Verwaltung und Gemeinderat in der Luft halten müssen. © Gerd Weimer

Wertheim. Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez hatte zum Pressegespräch am Mittwoch eigens sechs Tennisbälle mitgebracht, um zu demonstrieren, wie viele Aspekte bei der „komplexen Thematik“ gleichzeitig zu betrachten sind. Nicht zuletzt wollte er damit wohl zeigen, wie intensiv die Anstrengungen der Stadtverwaltung sind, um im Gebäude der ehemaligen Rotkreuzklinik weiterhin eine angemessene medizinische Versorgung anbieten zu können. Wie ein Jongleur müsse man viele Bälle in der Luft halten, um das erwünschte Ergebnis zu erzielen, so die Botschaft.

2,75 Millionen Euro Zuschuss

Nun scheint eine Lösung in greifbarer Nähe. Wie ausführlich berichtet, hatte der Gemeinderat nach stundenlanger Sitzung am Montag den Weg freigemacht – für den Kauf von Gelände und Gebäude des Krankenhauses und das angestrebte Nutzungskonzept. Die neuen Mieter (Westfalenklinik-Gruppe und Mediclin AG) sollen auf dem Reinhardshof neben ihren eigenen Spezialangeboten Leistungen anbieten – wie ein Haus der Grund- und Regelversorgung samt Zentraler Notaufnahme.

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Mit dem Beschluss vom Montag seien drei Bälle nicht mehr unmittelbar im Spiel: der Kauf der Klinik, geeignete Mieter finden und eine leistungsfähige Notfallversorgung. Mit den restlichen drei Bällen, das räumte OB Herrera Torrez ein, muss sich die Stadt weiter intensiv beschäftigen: Unterstützer bei der Finanzierung der angestrebten Nutzung finden, die Lösung der bisher ungeklärten Fragen zu den Lasten aus der Altersvorsorge für das Personal und, das dürfte die anspruchsvollste Aufgabe sein, die Finanzierung des Projekts „Bürgerspital“ im städtischen Haushalt. Herrera Torrez geht von „der größten Belastungsprobe der vergangenen Jahrzehnte“ aus.

Allein könne man das Projekt nicht stemmen. Die Summe des jährlichen Zuschussbedarfs von geschätzten 2,75 Millionen Euro pro Jahr entspreche etwa dem Betrag, der für den Bau eines Feuerwehrhauses notwendig sei. Auf fünf Jahre gesehen komme es einer neu-errichteten Grundschule gleich, verdeutlicht er die Dimension.

Finanzchef Helmut Wießner ergänzte, dass dies Gegenstand der Haushaltsberatungen sein werde. Man werde zudem mit dem Regierungspräsidium ins Gespräch kommen, denn das Budget müsse von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden. „In Anbetracht der Herausforderungen wird es notwendig sein, sowohl auf der Ausgabenseite einzusparen als auch die Einnahmen zu steigern“, machte OB Herrera Torrez klar, dass möglicherweise Steuererhöhungen im Raum stehen.

Es gebe auch eine Erwartungshaltung an den Landkreis, die Stadt finanziell zu unterstützen. Er habe schon ein erstes Gespräch mit dem Landrat dazu geführt, so Herrera Torrez. Aus Tauberbischofsheim hieß es am Montag dazu auf FN-Anfrage, derzeit liege der Landkreisverwaltung keine Bitte eines potenziellen Nutzers vor, einen Krankenhausbetrieb finanziell zu unterstützen. „Wenn eine entsprechende Bitte an uns herangetragen wird, werden wir dies in den hierfür vorgesehenen Formaten im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten lösungsorientiert prüfen und beraten.“ Die Nachnutzung des Klinikgebäudes mit stationärer Krankenversorgung durch einen neuen Betreiber würde der Landkreis „sehr begrüßen“, versicherte Pressesprecher Markus Moll.

Start im vierten Quartal

Den im Raum stehenden Betrag für die Altersvorsorge der Zentralen Versorgungskasse (ZVK) bezifferte Helmut Wießner mit 35 Millionen Euro, der allerdings auf 20 Jahre gestreckt werden könne. Jährlich müsse mit 1,3 bis 1,8 Millionen Euro gerechnet werden. OB Herrera Torrez sieht diesbezüglich den vorherigen Träger der Klinik, die Schwesternschaft München, in der Verantwortung. Bisher habe man „keine gütliche Einigung“ erreicht, hoffe aber weiterhin darauf. Ansonsten laufe es wohl auf einen „veritablen Rechtsstreit“ hinaus.

Aus dem Stuttgarter Sozialministerium und von den Kostenträgern, so Herrera Torrez, gebe es positive Signale. Sind alle Hürden überwunden, solle das Projekt „Bürgerspital Wertheim“ noch im vierten Quartal des Jahres starten.

Redaktion Reporter Wertheim

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