Unterschiedliche Reifegrade der Trauben

Es ist wieder Zeit für die Weinlese

Winzer spüren Auswirkungen des Frosts nach der Wärme Ende April

Von 
Birger-Daniel Grein
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Die Zeit der Weinlese beginnt. Eine große Herausforderung dabei sind die unterschiedlichen Reifegrade der Trauben infolge von Frostschäden an den Reben im Frühjahr. Dies erklärte unter anderem Maximilian Baumann in Dertingen im FN-Gespräch. © Birger-Daniel Grein

Wertheim/Kreuzwertheim. Es ist wieder Zeit für die Weinlese in der Region. Die Winzer spüren dabei die Auswirkungen des Frosts nach der Wärme Ende April.

Julius Spielmann vom Weingut alte Grafschaft Kreuzwertheim erklärte am Mittwoch vergangener Woche: „Die Weinlese beginnt bei uns voraussichtlich Ende nächster Woche.“ Man habe dafür um die zehn Mitarbeitende. „Wir haben schon immer viel Wert auf die Handlese gesetzt.“

In den vergangenen Jahren habe man allerdings in ein paar einfacher zu bewirtschaftenden Lagen auch Vollernter einsetzen können. „Dieser Luxus wird uns aller Voraussicht nach dieses Jahr leider nicht vergönnt sein.“ Die Traubenreife sei aufgrund des heftigen Forsts Ende April und dem doch sehr regnerischen Jahr sehr unterschiedlich. „Darum müssen wir durch die meisten, wenn nicht sogar alle, Parzellen zwei bis dreimal durch, um wirklich nur die reifen Trauben zu lesen.“

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Heike Barowski
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Standardmäßig beginne man die Lese im Lindelbacher Ebenrain, da die Reben hier am frühsten reif sind. „In diesem Jahr werden wir jedoch im Kembacher Sonnenberg beginnen.“ Die Lage liege nur ein bis zwei Kilometer Luftlinie hinter dem Ebenrain, wurde allerdings als einzige der Lagen nicht ganz so stark vom Frost erwischt. „Die Menge wird dieses Jahr sehr gering ausfallen. Meine optimistische Schätzung beträgt 30 bis 40 Prozent eines ‘normalen’ Jahres.“

Schlussendlich werde man dies aber erst nach der Lese sehen. „Ein wichtiger Faktor hierfür ist auch die Nachreife der späteren Trauben, was nur mit trockenem Herbstwetter passieren wird.“ Die Qualität sei noch unvorhersehbarer als die Menge. „Generell sehen unsere Ortswein-Lagen etwas besser und ertragreicher aus als unsere anderen Lagen Kaffelstein, Satzenberg und Ebenrain“, sagte er.

Maximilian Baumann von Winzerhof Baumann Dertingen berichtete, man habe vergangenen Samstag mit der Lese der Sektgrundweine im Dertinger Mandelberg begonnen. „Wir haben bisher an drei Tagen gelesen“, sagte er am vergangenen Donnerstag, „vor allem Spätburgunder für Rosé sowie Silvaner“. Inzwischen habe man in drei Lagen gelesen. Weiter gehe es nun unter anderem mit Bacchus und Grauburgunder. „Die Herausforderung dieses Jahr ist die sehr unterschiedliche Reife“, stellte auch er fest. Die Lagen, die teilweise vom Frost verschont wurden, seien zwei bis drei Wochen früher reif. Aber auch innerhalb einzelner Lagen gebe es auch in kleinen Bereichen bereits Reifeunterschiede, je nach Auswirkung des Frosts. „In Dertingen gibt es fast keinen verschonten Berg.“

Am besten sei man im Homburger Kallmuth und Kembach weggekommen. Die Weinlese seines Betriebs werde je nach Wetter noch die nächsten zwei bis vier Wochen andauern. „Bei starkem Regen darf man nicht ernten, da dieser die Hohlräume der Trauben verwässert“, ergänzte er.

Man habe zehn bis 15 Leute zum Lesen. Es seien vorwiegend Rentner und Familie des Betriebs sowie Leute aus der Region. „Manche von ihnen helfen schon 30 Jahre mit“, lobte Baumann. Man sei nach wie vor überzeugt, die Handlese sei die bessere Variante, die Kostendeckung damit aber schwierig. „Seit letztem Jahr erntet wir etwa zehn Prozent mit der Maschine.“

Handlese „beste Variante“

Der Ertrag lege dieses Jahr hauptsächlich wegen des Frosts unter 50 Prozent eines normalen Jahrgangs. Man habe quasi in hundert Prozent der Fläche Frostschäden. 20 Prozent davon habe man mit weinbaulichen Methoden zu normalen Erträgen bringen können. „Bei 80 Prozent der Reben wird es Mindermengen geben. Wir ernten an ihnen zwar auch etwas, aber weniger.“

Ursachenbewertung

Bei der Ursachenbewertung sind sich beide Winzer einig.

Spielmann berichtete, die Vegetationsphase habe dieses Jahr viel zu früh begonnen – aufgrund eines abrupten Endes des Winters und direkt anschließend sehr heißen Tagen um die 20 Grad. Dem schloss sich Baumann an. Spielmann weiter: „Als die Triebe dann gute fünf Zentimeter erreicht hatten, folgten zwei Nächte mit bis zu minus drei Grad. Dies bewirkte, dass etwa 90 Prozent der Triebe geschädigt wurden.“ Außerdem verwies er auf das nasse Jahr und den Pilzdruck im Weinberg.

Baumann wies darüber hinaus auf die Hitze und Trockenheit ab August hin. Man habe in deren Zusammenhang das Problem, dass sich die physiologische Reife der Trauben verlangsamt.

„Dieses Jahr ist die Entscheidung, wie man mit der Lese anfängt und weitermacht sehr schwierig“, so Baumann. Weiter resümierte er: „Es war ein turbulentes Jahr, der Klimawandel lässt definitiv grüßen.“

Zur längerfristigen Entwicklung sagte der Dertinger, das Problem seien die warmen Winter und der bedeutend frühere Frühlingsbeginn. So würden die Reben drei bis vier Wochen früher erwachen als noch vor 30 Jahren. Wenn dann noch mal Frost komme, gebe es diese Auswirkungen. Mit der Lese sei man in den letzten Jahren generell deutlich früher dran als noch vor 30 Jahren, betonte er. „Der langjährige Trend zeigt, die Lese ist heute vier Wochen früher fertig, als es vor 50 Jahren normal war.“

„Potenzial für tollen Jahrgang“

Zur diesjährigen Qualität sagte Baumann, dafür gebe es viele Faktoren. Es sei wichtig, den richtige Lesezeitpunkt zu treffen, damit die Reife passe. „Ich glaube, wir haben das Potenzial für einen tollen Jahrgang. Das Ergebnis muss man aber letztlich im Keller sehen.“

Spielmann sagte zum Thema: „Die Qualität ist noch unvorhersehbarer als die Menge.“ Weit aus dem Fenster gelehnt würde er raten, dass man dieses Jahr wahrscheinlich sehr verschlossene Weine bekomme, welche erst nach langer Flaschenreife ihr Potenzial präsentieren.

Von Familie Klüpfel vom Weingut Oesterlein Dertingen heißt es: „Wir starten voraussichtlich Ende nächster Woche in die Weinlese.“ Man habe eine überschaubare Anzahl an Aushilfen. „Wenn es der Gesundheitszustand der Trauben und die Befahrbarkeit der Böden her geben, lesen wir, was möglich ist mit dem Vollernter.“ Ein Drittel bis ein Viertel bleibe jedoch Handlese.

„Wir bewirtschaften ausschließlich Weinberge in Dertingen, alle Dertinger Weinberge gehören zur Lage Mandelberg.“ Die Qualität werde durchschnittlich. „Die Menge liegt je nach Anlage zwischen zehn und 50 Prozent vom normalen Ertrag, da wir große Probleme mit Spätfrost hatten.“

Die späteren Sorten hätten in der Regel ein bisschen mehr Ertrag. „Burgundersorten und Bacchus hat es am stärksten mit dem Frost erwischt. In den einzelnen Gewannen gibt es natürlich ein paar Unterschiede.“

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