Weinbau

Dertingen: So ist die aktuelle Situation im Weinbau

In Dertingen referierte Roland Zipf über die Situation im Weinbau und stellte den Winzern alle Änderungen und Neuheiten vor. Auch wagte der Fachmann einen Blick in die zukünftige Entwicklung des Weinbaus.

Von 
Heike Barowski
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Auch in der Region steht der Weinbau vor massiven Problemen, wie Klimawandel und steigenden Kosten, und somit vor einem umfassenden Strukturwandel. © DPA/Anspach

Dertingen/Main-Tauber-Kreis. Der Saal in der Dertinger Gaststätte war am Mittwochabend bis auf ganz wenige freie Plätze sehr gut gefüllt. Rund 100 Winzer waren gekommen, um dem Vortrag von Weinbauberater Roland Zipf vom Landwirtschaftsamt des Main-Tauber-Kreises zu folgen. Wie wichtig und interessant dieser Vortrag war, zeigte allein die Tatsache, dass es während der zwei Stunden vollkommen still im Saal war.

In den Jahren der Pandemie fanden diese Vorträge nur online statt. Wie Christian Nanz, Sachgebietsleiter Pflanzenbau im Landwirtschaftsamt, mitteilte, sei jedoch das Interesse an Präsenzveranstaltungen schon immer sehr hoch, weil die Weiterbildung vor Ort den persönlichen Erfahrungsaustausch ermöglicht.

Roland Zipf analysierte detailliert die aktuelle Situation im Weinbau und ging auf den inzwischen deutlich sichtbaren Strukturwandel ein, der sich in einer Konzentration der Betriebe manifestiert.

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Zahl der Betriebe sinkt

So ist die Zahl der Weinbaubetriebe in den vergangenen 25 Jahren im Anbaugebiet Baden von 26 000 auf rund 10 000 gesunken. Das ist eine Abnahme um 65 Prozent. Aufgegeben wurden vor allem Betriebe mit kleiner und mittlerer Größe. Inzwischen gibt es in Baden etwa 100 Betriebe, die auf einer Fläche von über 20 Hektar Weinbau betreiben. Zipf war sich sicher, dass dieser Konzentrationsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Denn die aktuelle Situation ist von hohen Energiekosten, steigenden Löhnen und Kosten für Betriebsmittel gekennzeichnet. Sie wird zur Verstärkung des Trends beitragen, denn die Preiserhöhungen seien nur bedingt beim Kunden durchsetzbar. Das drohende Glyphosatverbot, die Altersstruktur der Winzer und zunehmende bürokratische Hürden sorgen ebenfalls für eine Verschärfung. Flächenverluste sind vorprogrammiert, so Zipf.

Allerdings verwies der Fachmann darauf, dass die Rebfläche im Anbaugebiet Tauberfranken im vergangenen Jahr um zwei Hektar zugenommen hat. „Insgesamt steht der Weinbau vor einer ungewissen Zukunft“ sagte er.

Ausführlich ging Zipf auf die Thematik der Pflanzenschutzreduktion ein. Teil dessen sind das in Baden-Württemberg verabschiedete Biodiversitätsstärkungsgesetz und die Planungen der Europäischen Kommission zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR).

© Roland Zipf

Hier sollen unter anderem strikte und nachvollziehbare Regeln durchgesetzt werden, ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in sensiblen Gebieten erreicht und ein elektronisches Register für Pflanzenschutzgeräte und Maßnahmen eingerichtet werden. Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln hätte zur Folge, dass der Weinbau in den Schutzgebieten komplett aufgegeben werden muss. Denn auch im ökologischen Weinbau sind regelmäßige Pflanzenschutzbehandlungen notwendig.

Ausführlich stellte er die Integrierten Pflanzenschutzregeln (IPS plus) dar, zu denen unter anderem Pflichtmaßnahmen, wie die Reduktion der Pflanzenschutzmittel durch bessere Technik, die Teilflächenbehandlung mit Herbiziden und die Umstellung auf eine mechanische die Unterstockpflege gehören.

Weniger Niederschlag in Dertingen

Teil seines Rückblicks war die Analyse der klimatischen Veränderungen und deren Auswirkung auf den Weinbau in der Region. „Mit 2022 hatten wir das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.“ Zipf erinnerte an die in Bad Mergentheim gemessenen 40,3 Grad Celsius.

Der Fachmann befürchtet für die kommenden Jahre ganz ähnliche Temperaturen. Infolgedessen werden die Weinstöcke deutlich öfter mit Trockenstress zu kämpfen haben. Auffällig ist, dass Dertingen in Bezug auf den Niederschlag immer am unteren Ende rangiert, es dort also deutlich weniger geregnet habe als im Rest des Kreises. So fielen von Mai bis August 2022 insgesamt 64 Liter pro Quadratmeter, in Beckstein im selben Zeitraum dagegen 111 Liter. „Es war ein Wunder, wie unsere Reben diese Durststrecke überstanden haben“, sagte Roland Zipf rückblickend.

In den Raum stellte er die Frage, wie sinnvoll eine mobile Wasserbeschaffung ist, wenn solche extrem trockenen Sommer in Zukunft keine Seltenheit sein werden. Eine Entnahme von Wasser in niederschlagsreichen Zeiten und eine anschließende Zwischenspeicherung hält er für eine praktikable Lösung. Wassersparende Maßnahmen bei der Bodenbearbeitung, der Laubwandgestaltung oder die Wahl des Standorts zu überdenken, dies können ebenfalls Anpassungsstrategien an den Klimawandel sein. „Welche Rebsorte braucht am wenigsten Wasser?“, diese Zwischenfrage war durchaus berechtigt. „Das kann man nicht pauschal beantworten so Zipf, der die Frage an den Rebveredler Siegfried Friedrich weitergab. Auch er führte Faktoren wie Lage, Bodenbeschaffenheit und vieles mehr ins Feld.

Unter den Zuhörern war auch Norbert Götz aus Dertingen. Der Winzer bewirtschaftet neben seinem Ackerbaubetrieb auch 35 Hektar Rebflächen. „Das tat mal wieder gut, dass wir uns wieder live treffen konnten“, sagte er. „Weil es jedes Jahr viele Neuerungen gibt, gehe ich auch jedes Jahr wieder zum Vortrag. Sonst müsste man ja alles nachlesen und hier bekommt man das gut aufbereitet vorgestellt und kann Fragen stellen“, sagte Götz, der mit dem Abend völlig zufrieden war.

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