Bronnbach. Etwa 300 Menschen waren am Pfingstsonntag in die Klosterkirche in Bronnbach gekommen, um ein außergewöhnliches Musikerlebnis zu genießen. Organist Johannes Mayr und Solotrompeter Claude Rippas begeisterten mit ihrer Auswahl der Stücke an diesem Spätnachmittag und öffneten die Herzen.
Dabei reichte das Repertoire vom dem späten 16. Jahrhundert bis in die Neuzeit. Das Zusammenspiel der beiden Ausnahmemusiker, nicht umsonst gilt Mayr als einer der innovativsten Organisten unserer Zeit, hörte sich so vortrefflich an, dass der Beifall am Ende kein Ende nehmen wollte. Viele Besucher standen auf und drehten sich zu den beiden Musikern um, um ihnen mit ihrem Beifall noch näher zu sein.
Verzaubertes Publikum
„Es war eine große Freude für uns alle“, ließ Claude Rippas seinen Gefühlen freien Lauf. Zu lange musste man auf solche Klänge und Musikstücke verzichten. Darunter litten nicht nur die Musiker in den letzten beiden Jahren, auch das Publikum lechzt mittlerweile wieder nach Kultur und Musikerlebnissen. Der Schweizer Claude Rippas kommt schon viele Jahre nach Bronnbach und begeistert mit seinen Trompeten und dem Flügelhorn – einige sagen die Königin der Blasinstrumente – das Publikum immer wieder. Nun hat er sich mit dem Stuttgarter Organisten Johannes Mayr für dieses Konzert in der Klosterkirche zusammengetan, und was die beiden von der Empore erklingen ließen, verzauberte das Publikum immer wieder aufs Neue. Mayr entlockte der historischen Schlimbach-Orgel jegliche Art von Tönen, selbst die, welche nur extrem selten gespielt werden. Sogar eingefleischte Bronnbach-Fans waren überrascht, welch Klangfülle dem Instrument mit seinen zwei Manualen zu entlocken ist. Mayr zog wirklich „alle Register“, um das Publikum im Kirchenschiff einzufangen mit seiner Musik.
Nicht minder wertvoll war das Trompetenspiel von Claude Rippas. Er gilt als einer der führenden Trompetensolisten in der Schweiz. Als Musikprofessor unterrichtete er bis 2009 an der renommierten Züricher Musikhochschule, widmete sich allerdings in dieser Zeit schon einigen Orchesterprojekten mit vielen bekannten und namhaften Orchestern. Seine große Liebe gilt allerdings der Kombination von Orgel und Trompete.
Besondere Akustik
Der Klang in den Kirchenschiffen dieser Welt sei etwas ganz besonderes, äußerte Rippas im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten. Das sei mit ein Grund, warum er so gerne nach Bronnbach kommt. Die über 800 Jahre alte Klosterkirche habe eine besondere Akustik, findet nicht nur er.
Auch sein Musikerkollege Johannes Mayr empfindet ähnlich. Es sei ihm eine Ehre die historische Schlimbach-Orgel zu spielen, gibt der Organist zu. Mayr spielt als in ganz Deutschland Konzerte in den unterschiedlichsten Kirchen. Seine musikalische Heimat ist allerdings Stuttgart, wo er eine Honorarprofessur an der Stuttgarter Musikhochschule inne hat und als Kirchenmusikdirektor an der Konkathedrale St. Eberhard wirkt.
Nach dem Konzert in Bronnbach spielt er übrigens in der Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche in Berlin, im Bremer Dom oder in Konstanz, meist als Begleitung eines oder mehrerer Trompeter. Er ist froh, dass die Konzertsaison nun endlich wieder begonnen hat.
Und diese Spielfreude merkte man im Konzert in Bronnbach besonders stark. Vor allem seine Orgelimprovisation zog die Menschen in seinen Bann. „Ich hätte nie gedacht, dass man aus diesem alten Instrument noch solche Töne herausholen kann“, war ein Wertheimer Stammgast vollkommen überwältigt. Johannes Mayr hatte sogar einen ganzen Bus mit Zuhörern aus Stuttgart mitgebracht, die sich mit Stühlen im Kirchenschiff so platzierten, das sie die beiden Künstler auf der Empore sehen konnten.
Sie wurden nicht enttäuscht von dem über eine Stunde dauernden Konzert, bei dem natürlich Stücke von Johann Sebastian Bach nicht fehlen durften. Hier konnte Claude Rippas beim Präludium in G-Dur BWV 568 mit seiner Trompete glänzen, bei der Arie „Schafe können sicher weiden“ mit dem etwas weicher, aber viel schwerer zu spielenden Flügelhorn.
Wie gut die beiden Künstler harmonierten, ließ sich bei den Variationen über den Choral „Singet dem Herrn ein neues Lied“ von Claude Goudimel aus dem späten 16. Jahrhundert erkennen. In immer neuen Kombinationen und Tonfolgen spielten sie fast eine halbe Stunde Kirchenmusik „a la Bonheur“. Dabei kamen sämtliche Instrumente, welche Claude Rippas an diesem Tag mitgebracht hatte aus seinem reichen Fundus, zum Einsatz und so konnte man viele unterschiedliche Klangfarben hören, mal klar und deutlich, dann wieder gedämpft und leise.
Kein Wunder, dass das Publikum nach mehr verlangte, und mit zwei Zugaben belohnt wurde, die etwas aus dem Rahmen fielen, weil es eigentlich keine reinen Kirchenstücke sind, sondern ein Klassiker der neueren Tonkunst und eine Eigenkomposition von Claude Rippas, der am Ende mit einem breiten Lächeln die Ovationen der Besucher entgegennahm und sie ebenso genoss, wie Johannes Mayr. Das Konzert wirkte bei ihnen genauso nach, wie bei den Gästen im Kirchenschiff.
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