Wertheim/Stuttgart. Fünf private Denkmaleigentümerinnen und -eigentümer dürfen sich über die Auszeichnung mit dem Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg 2024 freuen. Diesen erhält die „Alte Münz“ in Wertheim, die von der Eigentümergemeinschaft Harald Brode, Ilse Fürnkranz-Deroua, Hans Müller-Rodenbach, Cornelia Sachs, Nora Sachs-Rippler und Frank Teicke saniert wurde (die FN berichteten bereits ausführlich). Als Zeichen der Anerkennung erhalten diese einen Geldpreis in Höhe von 5000 Euro sowie eine Bronzetafel zur Anbringung an ihrem Gebäude.
Zudem ist die Auszeichnung mit Urkunden für die Eigentümer sowie die beteiligten Architekten, Restauratoren und Handwerker verbunden. Die Preise sollen bei einer Festveranstaltung im Frühjahr 2025 überreicht werden.
Vorbildlich
Wie die Verantwortlichen weiter erklären, werden mit dem Preis, der vom Schwäbischen Heimatbund und dem Landesverein Badische Heimat gemeinsam landesweit vergeben wird, Privatleute geehrt, die bei der Sanierung und Umnutzung ihres historisch bedeutsamen Hauses besonders vorbildlich vorgegangen sind und so einen Beitrag zur Weitertradierung der vielfältigen Baukultur im Land geleistet haben. Die Aktion steht unter der Schirmherrschaft von Wohnungsbau-Staatssekretärin Andrea Lindlohr und wird seit 2006 durch finanzielle Unterstützung der Wüstenrot Stiftung ermöglicht.
„Kulturdenkmale, das sind nicht nur Kirchen und Schlösser in öffentlichem Eigentum. Die vielfältige Denkmallandschaft in Baden-Württemberg wird in erster Linie bestimmt durch die vielen Kulturdenkmale in privater Hand. Für die privaten Eigentümer ist die Erhaltung und Sanierung ihrer Bauten keine leichte Aufgabe. Dass private Denkmaleigentümer dennoch mit großem persönlichem und finanziellem Engagement sowie kreativen Ideen ihrer gesetzlichen Verpflichtung gegenüber kommenden Generationen nachkommen, soll gewürdigt werden“, so Dr. Gerhard Kabierske, Vorsitzender der neunköpfigen Jury.
Das Gremium besteht aus Vertreterinnen und Vertretern des Schwäbischen Heimatbunds, des Landesvereins Badische Heimat, der Wüstenrot Stiftung, der Landesdenkmalpflege, des Städtetags und der Architektenkammer Baden-Württemberg sowie des Handwerks.
Mit 92 Bewerbungen gab es 2024 so viele Bewerbungen wie seit 20 Jahren nicht mehr. Nach der ersten Juryrunde kamen 13 Objekte in die engere Wahl. Nach deren Besichtigung wurden die fünf Preisträger bestimmt, die sich durch besonders vorbildliche Sanierungen auszeichnen. Neben der „Alten Münz“ waren dies das frühere Forsthaus in Neuweiler-Agenbach, die ehemalige Reithalle in Achern, der Farnrain-Hof in Elzach-Yach und das Backhausareal in Salem-Neufrach.
In der Mitteilung der Verantwortlichen heißt es über die „Alte Münz“: „Das Objekt ist in jeder Hinsicht spektakulär, nicht nur, was das erstaunliche Alter, seine Baugeschichte über Jahrhunderte, die Rolle im Stadtbild und die außerordentlichen Befunde im Inneren angeht. Alles andere als alltäglich ist auch die Art und Weise, wie seine geglückte Sanierung zustande kam.“ So habe sich der frühere Eigentümer der Immobilie, deren Obergeschosse seit 1996 leer standen, nicht in der Lage gesehen, notwendige Baumaßnahmen unter den strengen Auflagen der Denkmalbehörden umzusetzen. Auf Initiative von Harald Brode fand sich daraufhin eine Gruppe engagierter Bürger und Bürgerinnen zusammen, die 2017 die historisch so wertvolle Immobilie als Eigentümergemeinschaft kauften.
Sie strebten eine Sanierung an, bei der wirtschaftliche Aspekte einer möglichst lukrativen Vermarktung bewusst nicht im Vordergrund standen und die Nutzung dem historischen Bestand – und nicht umgekehrt – folgen sollte.
Brode wurde für sein Engagement zum Erhalt historischer Gebäude bereits vier Mal mit dem Denkmalschutzpreis ausgezeichnet.
Verschiedene Bauzeiten
Die Baugruppe aus zwei unterschiedlichen Zeiten im Winkel einer Gasse in der dicht bebauten mittelalterlichen Altstadt von Wertheim besteht aus einem steinernen Haus mit Treppengiebel, das 1261 vermutlich als Schultheißamt der Grafen von Wertheim errichtet sowie 1407 und 1560 aufgestockt wurde. 1587 bis 1589 hat man zu seiner Rechten über einem hohen steinernen Sockelgeschoss einen prächtigen Schmuckfachwerkbau für den Schultheiß und Tuchscherer Peter Heußlein angefügt. Als Gräflich-Wertheimische Münzprägestätte, die der Baugruppe ihren heutigen Namen gab, wurde das Anwesen nur relativ kurz zwischen 1767 und 1808 genutzt.
Gewerbe im Erdgeschoss und Wohnen in den Obergeschossen stand bei der Nutzung immer im Vordergrund, auch bis in die jüngste Zeit, nachdem es – 1862 vom Fürstenhaus verkauft – in private Hände gelangte. Umso überraschender ist, dass niemals durchgreifende Umbauten die Spuren der älteren und ältesten Hausgeschichte auslöschten.
Mit Unterstützung von Stadt, Denkmalpflege und Denkmalstiftung entwickelte die Eigentümergemeinschaft ein Finanzierungs- und Zeitkonzept, dem eine detaillierte Bauaufnahme und wissenschaftliche Bauforschung folgten. Die Entdeckung von bislang unbekannten Befunden im Inneren, erwähnt sei nur der „Pietra-Rasa“-Verputz mit Kellenritzungen der Fugen, der noch aus der Erbauungszeit des steinernen Hausteils im 13. Jahrhundert stammt, ließen die „Alte Münz“ laut Denkmalpflege zu einer wahren „Schatzkammer“ werden.
Die Bauherrschaft, die auch sehr viele Eigenleistungen einbrachte, war dazu bereit, diese Befunde aufwendig freilegen und professionell sichern zu lassen. Zudem verzichtete man ganz im Sinne der Denkmalpflege auf jeglichen Dachausbau, ebenso auf größere Grundrissänderungen.
Die Wohnnutzung wurde auf unbedenkliche Bereiche im Fachwerkteil eingeschränkt, im Steinhaus entstanden Konferenzräume und ein Coworking-Space-Arbeitsbereic. Zudem wurde ein Bistro eröffnet.
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