Bettingen. Aktuell geht es um den ersten Planungsabschnitt des Konzepts, der das Kernareal der ehemaligen „Schweizer Stuben“ umfasst. Hier läuft das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans für Wohnbebauung an. Die anderen Planungsabschnitte sind als eine Art Machbarkeitsstudie zu sehen. Mehrfach wurde von verschiedenen Verantwortlichen am Abend betont, ob und wann diese umgesetzt werden, sei eine politische Entscheidung, an der auch der Ortschaftsrat beteiligt ist.
Ortsvorsteher Ralf Tschöp sprach von einer einzigartigen, vorbildhaften Bürgerbeteiligung. Er dankte der Stadtverwaltung dafür, dass sie diese möglich machte. Nun präsentiere man den Gesamtblick auf die Entwicklungsmöglichkeiten. Das sei eine gute Basis.
Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez sagte, Bettingens Ortsvorsteher und der Ortschaftsrat kämpften „wie ein Löwe“ für die Belange der Dorfbewohner. So setzten diese durch, dass das Konzept noch vor einer Präsentation im Gemeinderat in der Ortschaft vorgestellt wird, wo es größtenteils erarbeitet wurde und umgesetzt werden soll. Das sei ein Verfahren, das man bei Baugebieten noch nicht angewendet habe. „Die Baugebiete mit den vielen neuen Bewohnern werde das Gesicht der Ortschaft in den nächsten Jahrzehnten verändern“, so der OB. Das Vorgestellte sei nicht in Stein gemeißelt, sondern eine Richtung, die man einschlagen wolle.
Die Konzeption und Ergebnisse von Untersuchungen stellte Stadtbaumeister Armin Dattler vor. „Alle Forderungen aus der Bürgerschaft außer der geforderten maximalen Zweigeschossigkeit wurden weitestgehend erfüllt“, betonte er. Die „Schweizer Stuben“-Fläche sei schon seit 2009 im Besitz der Stadt. Ursprünglich sollten sechs Hektar überplant werden. Auf Wunsch aus der Bürgerbeteiligung entwickelte man nun für die ganze zwölf Hektar große Fläche ein Konzept.
Dattler ging auf die Eingaben aus dem Verfahren ein. Diese drehten sich unter anderem um Verkehrsführung, Anbindung durch Fuß- und Radwege an den Altort, Infrastrukturthemen wie Feuerwehrneubau und Auswirkung auf die Kita wegen des Zuzugs, die regionale Energieversorgung, den Baumbestand, Grünflächen, Hausgrößen und den Wunsch nach einer abschnittsweisen Erschließung. „Es geht um die Frage, wie schnell soll die Ortschaft wachsen, damit es das soziale Leben verkraftet.“ Wichtig sei auch, in den Baugebiete Grundstücke für Mehrfamilienhäuser zu schaffen.
Dattler verwies auf die Vorgaben des Regionalplans, der für die Gesamtstadt eine Einwohnerdichte von 60 Personen je Hektar vorsehe. In älteren Baugebieten sei man bei 30 bis 40 Einwohnern pro Hektar. Zudem würden auch Miet- und Eigentumswohnungen auf dem Markt nachgefragt.
Fünf Planungsabschnitte
Die zwölf Hektar des von den Bürgern anregten Planungsgebiets hatte man in fünf Planungsabschnitte eingeteilt, die nach und nach erschlossen werden können. Der erste Abschnitt umfasst Raum für zirka 145 Einwohner. Im zweiten Planungsabschnitt zwei seien es etwa 92 weitere Personen, im dritten 162, im vierten 311 und im fünften Abschnitt 61 Einwohner.
Insgesamt ergibt das zirka rund 771 neue Einwohnerinnen und Einwohner, was zu einer nahezu Verdoppelung der Bettinger Bevölkerung mit aktuell rund 780 Bürgerinnen und Bürgern in den kommenden Jahrzehnten führen wird.
Zugelassen werden sollen Ein- und Zweifamilien-, Doppel-, Reihen und Mehrfamilienwohnhäuser. Die Gebäude sollen zweigeschossig plus Dachgeschoss als Vollgeschoss oder als Staffelgeschoss möglich sein. Im Norden sind Reihenhäuser als Riegel zur Lärmabschirmung vorgesehen. Richtung Main können Grünzüge entstehen.
Aus dem umfangreichen Verkehrsgutachten berichtete Dattler, dass das Straßennetz im Dorf aufgrund der fast ausschließlichen Wohnnutzung vergleichsweise gering belastet sei. Eine Ertüchtigung der Knotenpunkte sei auch bei Vollausbau aller vorgesehenen Flächen und unter Berücksichtigung von mehr Kraftfahrzeugen nicht erforderlich.
Ins Bebauungsplanverfahren geht nun Planungsabschnitt eins. Er umfasst eine Fläche von 2,86 Hektar im Areal der ehemaligen „Schweizer Stuben“. Es sollen 69 Wohneinheiten auf zirka 36 Bauplätzen verschiedener Größe ermöglicht werden. Vorgesehen sind kleine freie Plätze, um die die Häuser herum angeordnet sind. Sie sollen der Verkehrsberuhigung sowie als sozialer Treffpunkt dienen. Die Anbindung des Gebiets über die Hotelstraße sei alternativlos, so Dattler weiter. Daneben soll es sichere Fuß- und Radweganbindungen an den Altort geben.
Für die Wärmeversorgung stehen zwei Alternativen im Raum: eine dezentrale Versorgung der Häuser durch Wärmepumpen (Luft- oder Geothermie) oder die Errichtung eines Nahwärmenetzes mit Wärmegewinnung aus dem Grundwasser. Eine genaue Prüfung soll folgen.
Laut Prüfung der Stadtverwaltung könnten in der Kindertagesstätte Bettingen ausreichend Plätze auch für Kinder hinzukommenden Familien geschaffen werden, gegebenenfalls durch einen Anbau auf dem bestehenden Kita-Gelände.
Zum weiteren Vorgehen sagte Dattler, dass es im Bebauungsplanverfahren wieder eine Bürgerbeteiligung geben werde. Dann folgten Ausschreibung und Erschließung (2024). Die ersten Grundstücke werde man in etwa zwei Jahren zum Kauf anbieten können.
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