Werbach. „Klasse! Bläser in Concert.“ Unter diesem Motto traten fünf Jugendblasorchester und Bläserklassen in der voll besetzten Tauberhalle auf. Unter Leitung von Michael Geiger musizierten das Orchester der Grundschule Nassig, die Bläserklasse der Musikschule Werbach, das Orchester der Mandelberg-Grundschule Dertingen sowie das Jugendblasorchester der Musikschule Wertheim. Unter Leitung von Lukas Fink spielte das Jugendblasorchester der Musikschule Werbach. Moderiert wurde das Konzert von den Kindern und Jugendlichen. Fink und Geiger spielten auch selbst mit – jeweils in einem vom anderen geleiteten Orchester.
Michael Geiger erinnert sich: „Bereits vor Corona gab es das erste reine Bläserklassen-Konzert in Sachsenhausen, das damals vom Musikverein Dörlesberg anlässlich der neuen Bläserklasse initiiert wurde. Der Gedanke war, jungen Musikern mal eine eigene Bühne zu bieten. Wir haben diese Art von Konzert dann noch zweimal unter der Regie der Musikkapelle Dertingen durchgeführt, und jedes Mal wurden es mehr Gruppen.“ Da Geiger sowohl in Werbach als auch in Wertheim tätig ist, kam es nun zum gemeinsamen Auftritt mehrerer Orchester.
„Die Grundschulen gehen mit Musikvereinen und Musikschulen Kooperationen ein. So können wir nachmittags an den Schulen zusätzliche Musikgruppen anbieten“, erklärt Geiger, wie Musikbegeisterung gefördert wird. Bedauernd fügt er hinzu: „In der Hochphase der Pandemie war es für außerschulische Partner unmöglich, in Kindergärten und Schulen zu gehen. Dadurch sind viele Kooperationen besonders im Bereich der musikalischen Früherziehung eingeschlafen“.
Beim Musiknachmittag aber war an Einschlafen nicht zu denken. Die Werbacher Bläserklasse eröffnete mit bekannten und beliebten Kinder- und Scherzliedern. Besonders das „Pippi-Langstrumpf-Lied“ forderte das musikalische Talent der elf Kinder, wenn die Flöten sich unvermittelt als ganz eigene Stimme von den Blechbläsern trennen, um dann wieder zusammenzukommen.
Wie teambildend Orchestermusik ist, können Kinder der zweiten Grundschulklasse Nassig schon sehr früh lernen: Zwei Oboistinnen, ein Posaunist und zwei Schlagzeuger hatten erst im vergangenen Oktober zusammengefunden. Nun traten sie mit fünf Stücken öffentlich auf.
Durch ungewohnte Instrumentierung und pfiffige Arrangements hörte sich auch Altbekanntes neu und erfrischend an. In der Version des Dertinger Grundschulorchesters waren die „Drei Chinesen“ diesmal nicht „mit’m Kontrabass“, sondern mit Klarinetten, Trompeten, zwei Schlagzeugen und E-Gitarre unterwegs. „Di Pilizi“ traute sich gar nicht mehr zu fragen, die Schüler wären ihr ohnehin musikalisch gekonnt über spanische Tonleitern entwischt. Schließlich bliesen sie „Bruder Jakob“ als Kanon und gestalteten „Grün, grün, grün sind alle meine Kleider“ polyphon und bunt.
Nach den Grundschülern kamen die Älteren zum Zug und an die Ventile. Zuerst begeisterte das Werbacher Jugendblasorchester mit „Latin Fire“ und dem Stück „Infinity“ des US-amerikanischen Musikpädagogen James Curnow. Danach begann das Wertheimer Jugendblasorchester sein Programm mit dem vierten Satz der zweiten „L’Arlésienne-Suite“. Das Musikstück im Stil einer provenzalischen Farandole gehört zu den Höhepunkten des internationalen Bläser-Repertoires und wird dem französischen Komponisten Georges Bizet zugeschrieben. Tatsächlich wurde die Suite allerdings erst nach Bizets Tod von dessen Freund Ernest Guiraud zusammengestellt. Guiraud stammte aus New Orleans und so lag es nah, vom Orchester mit jazzigen Synkopen aus Südfrankreich musikalisch in die Tropen geblasen zu werden: Die (Urwald)-Hörner stimmten „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ (Dschungelbuch) an und alle stimmten ein.
Und noch einmal Disney: „Supercalifragilisticexplialigetisch – dieses Wort klingt durch und durch furchtbar, weil’s synthetisch“, sang Julie Andrews 1964 als Kindermädchen Mary Poppins im gleichnamigen Film. Gespielt vom Wertheimer Jugendblasorchester, klang die populäre Melodie zwar alles andere als furchtbar, jedoch durchaus ungewohnt. Denn neun von 21 Musikern waren krankheitsbedingt nicht dabei. Orchesterleiter Geiger nahm es gelassen: „Vor allem die Holzbläser sind ausgefallen. Dadurch klingen die Stücke anders“.
Alle Orchester freuten sich über ihre Schlagzeuger, die den Takt angaben. Weniger taktvoll waren Teile des Publikums, die den Raum verließen oder das Schwatzen anfingen. Geiger sah das gelassen und blickte nach vorn: „In Zukunft könnten wir Kontakt zu anderen Gruppen suchen. Auch so etwas wie ein Festival für Bläserklassen und Jugendblasorchester mit einem kleinen Wertungsspiel wäre denkbar. Aber das ist noch Zukunftsmusik.“ Für den Musical-Klassiker „Mary Poppins“ bekamen die Komponistenbrüder Sherman einen Oscar. In Werbach wurde kein Oscar verliehen, nicht mal ein „Ottmar“. Es wurden Freude und Hoffnung verschenkt, denn nach dem Ende der Pandemie musizierten Kinder und Jugendliche wieder gemeinsam öffentlich. Michael Geiger: „Nichts ersetzt beim Musizieren das persönliche Miteinander“.
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