Böttigheim. Das mittelamerikanische Volk der Azteken kannte die Kakaopflanze spätestens seit dem 14. Jahrhundert. Das „braune Gold“ Kakao diente als Zahlungsmittel. Die Bohnen galten allerdings in erster Linie als heilig und heilsam. Sie begleiteten die Spiritualität der Lebenden und als Beigabe die Toten ins Totenreich. Die Azteken bereiteten aus den Bohnen einen herben Trank zu, eine Mischung aus Wasser, Kakao, Mais und Gewürzen, die bei Ritualen und in Zeremonien bei den indigenen Völkern Mittelamerikas bis heute eine große Rolle spielt.
Der preußische Geograph und Biologe Alexander von Humboldt, der um das Jahr 1800 die Natur in Süd- und Mittelamerika systematisch erforschte, stellte fest: „Kein zweites Mal hat die Natur eine solche Fülle der wertvollsten Nährstoffe auf einem so kleinen Raum zusammengedrängt wie gerade bei der Kakaobohne.“ So enthält die Bohne eine der höchsten Konzentrationen an Magnesium und Antioxidantien der gesamten Pflanzenwelt, sowie eine Vielzahl an Neurotransmittern, die Glücksgefühle verursachen.
Kakao-Mischa erzählt von seinen Erfahrungen: „Vor acht Jahren habe ich reinen Kakao eher zufällig auf einem Markt in Peru gekauft. Geschmeckt hat er mir nicht, aber die Lichter sind bei mir an- und das Herz aufgegangen.“ 2018 habe er in Guatemala an Kakao-Zeremonien der indigenen Maya teilgenommen und dabei viel von ihnen gelernt. Von einer Bauernkooperative habe er schließlich 500 Kilogramm Bohnen gekauft und mit nach Deutschland gebracht.
Schließlich reifte seine Idee, dem Kakao in seiner ursprünglichen Form, also nicht entölt und ungezuckert, auch in Deutschland zur Blüte zu verhelfen. Denn schließlich fragte er sich: „Wie kann eine so gesunde Substanz mit solch fantastischer Wirkung in unseren Breitengraden dermaßen unbekannt sein?“ Beim Crowdfunding kamen 14 000 Euro zusammen, die der umtriebige Wirtschaftsingenieur in einen „Foodtruck“ investierte, um den stimulierenden Bittertrunk auf Festivals zu verkaufen. Dann kam Corona und Michael Levit stieg in den Online-Handel ein. Heute, fünf Jahre später, versorgt Mischas Manufaktur bereits etwa 13 000 Kunden mit rund zweieinhalb Tonnen Kakao pro Monat. Stolz erklärt er: „Wir kaufen rohe Bohnen bei ländlichen Genossenschaften aus Ecuador und Kolumbien, rösten und zermahlen sie zur Kakaomasse. Damit sind wir die einzigen in Deutschland“. Zwei Sorten seines Angebots kauft Mischa bereits als fertiges Produkt aus Perù dazu.
20 Mitarbeiter teilen sich zurzeit zwölf Vollzeitstellen in Neubrunn und Böttigheim. Viele von ihnen leben in Neubrunn in einer Gemeinschaft zusammen. Aber für die Produktion und das Lager sei es dort zu eng geworden. Daher kaufte Levit Anfang des Jahres das Anwesen der früheren Bäckerei Amend in Böttigheim und möchte weiter expandieren. Auf der „Leuchtreklame“ im Schaufenster der früheren Bäckerei leuchtet die spirituelle Botschaft, die Kakao-Mischas Manufaktur mit ihren Produkten verbindet: „Du wirst geliebt“. Denn der quirlige Geschäftsmann ist überzeugt: „Kakao macht glücklich, ist heilsam für Körper, Geist und Seele. Und nur, wenn wir gut zu uns selbst sind, können wir gut zur Welt sein. Kakao ermöglicht eine Spiritualität auf bodenständige Weise.“ Levit stammt aus einer jüdischen Familie und kam im Alter von sechs Jahren mit seinen Eltern aus der Ukraine nach Deutschland und wuchs im Würzburger Stadtviertel Heuchelhof auf. Eine jüdische Spiritualität pflege er nicht, sagt er. Mischas Mission ist eher eine Art „Befreiungsspiritualität“ mit Kakao als Sakrament, die Menschen dazu einlädt, sich in ihrem Dasein zu genießen und anzunehmen. Levit rät: „Die Entscheidungsträger in unserer Gesellschaft sollten öfter mal ein Kakao-Ritual feiern. Denn glückliche Menschen treffen bessere Entscheidungen.“
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/werbach_artikel,-werbach-kakao-macht-gluecklich-_arid,2236468.html