Werbach. Kühe sind nicht lila und Schokolade wird aus Kakaobohnen gemacht. Kinder in Werbach konnten sich im Rahmen des Ferienprogramms der Volkshochschule (VHS) intensiv mit der Herstellung von Schokolade beschäftigen. Julia Groothedde, Umweltpädagogin und Leiterin des Instituts „GrünNatürlich“, hatte eine Kakaoschote mitgebracht. Die Kinder tasteten sich damit buchstäblich an das Workshop-Motto „Schoko Schoko“ heran.
Herber Trank
Das mittelamerikanische Volk der Azteken kannte die Kakaopflanze spätestens seit dem 14. Jahrhundert. Sie galt ihnen als heilig. Aus den Bohnen bereiteten sie einen herben Trank zu, eine Mischung aus Wasser, Kakao, Mais und Gewürzen.
Die Werbacher Kinder konnten die ungewohnte nicht-entölte Kakaomasse probieren und staunten, wie bitter sie schmeckte. Aus schwach entöltem Kakaopulver, Kakaobutter, Milchpulver und Zucker stellte dann jedes Kind unter Anleitung der Wertheimer Umweltpädagogin und unterstützt von Fachkräften und Helfern aus dem Ferienprogramm seine eigene Schokolade her. Der entstandene Brei wurde gekostet, auf Kekse gestrichen und konnte bei der Hitze kaum hart werden.
Julia Groothedde erzählte den Kindern, unter welchen Bedingungen der Kakao in Lateinamerika und Afrika heute oft angebaut wird. In den Monokulturen der großen Plantagen leiden Menschen und Umwelt unter den Pestizideinsätzen. Auch mit Blick auf die Menschenrechte sei der Kakaoanbau umstritten, denn die Löhne von Kleinbauern und Landarbeitern seien kaum existenzsichernd sowie Ausbeutung und Kinderarbeit verbreitet, mitunter sogar Sklaverei. Die wenigsten ahnten schließlich, dass Schokolade oft wegen der Schufterei anderer Kinder hier so günstig zu haben ist.
Viel Flunkerei nötig
Anhand von Schokoladenverpackungen untersuchten die KIds, was Käufer darauf über die Anbaubedingungen erfahren. Aus den Informationen erstellten sie jeweils eine kurze „Werbesendung“. Wo Hinweise fehlten, musste eben „geflunkert“ werden. Spielerisch stellten sie fest, dass mangels Information ganz schön viel Flunkerei nötig war. Ökologisch und sozial „faire“ Schokolade schien rar zu sein.
In der Veranstaltungsankündigung hieß es:: „Wir haben es auf der Zunge und in der Hand, etwas zu fairändern!“ Doch schon in einem Workshop ist das gar nicht so einfach, im Alltag erst recht nicht. Denn „Gepa“-Schokolade garantiert zwar faire Arbeitsbedingungen, allerdings keinen umweltverträglichen Anbau. Bio-Schokolade steht für geringen Einsatz giftiger Chemikalien, nicht aber automatisch für gute Arbeit und Löhne in der Kakao-Wirtschaft. Dieses Dilemma nutzt Groothedde in der politischen Elementarbildung, um ökologisches und soziales Bewusstsein als Grundlage für Alltagsentscheidungen zu erwecken.
Bei der Verkostung merkten die Kinder schließlich auch, dass es weniger am Preis oder an den Anbaubedingungen liegt, welche Schokolade die „leckerste“ ist, sondern eher am Anteil der Geschmacksträger Zucker und Fett. Ihre Schoko-Kekse nahmen die Kinder dann mit nach Hause, ebenso ihre neuen Erkenntnisse zum Thema „Schoko Schoko“. Groothedde erzählt den Fränklischen Nachrichten: „Manchmal rufen mich anschließend Eltern an und fragen, ob das alles stimmt, was die Kinder zu Hause erzählen. Dann kommen wir ins Gespräch“. Julia Groothedde bietet mit ihrem Institut seit etwa vier Jahren im Sinne einer Bildung für nachhaltige EntwicklungSeminare und Naturführungen für Erwachsene an. Dafür wurde sie mit dem „Qualitätssiegel Umweltbildung Bayern“ ausgezeichnet. jej
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