Walldürn. Die große Einigkeit zwischen der Stadt Walldürn und der ortsansässigen Bundeswehr stellte sich einmal mehr beim Jahresempfang in der Nibelungenhalle dar – allerdings in diesem Jahr auf eine andere Art und Weise als dies früher der Fall war. 2024 hieß das Bindewort zwischen den Ansprachen von Oberstleutnant Mark Sterk, dem Chef des Logistikbataillons 461, und Bürgermeister Meikel Dörr „Demokratie“. Sterk wies mit seinen Worten vor gut 300 geladenen Gästen deutlich darauf hin, dass durch den russischen Angriffskrieg auch die deutsche Demokratie bedroht sei und es nun gelte, diese zu verteidigen. Ein ganz anderes Interesse in Sachen Demokratie verfolgte das Stadtoberhaupt. Dörr hob die Wichtigkeit der Europa- und Kommunalwahlen am 9. Juni hervor und animierte die Bürger der Stadt, nicht nur wählen zu gehen, sondern sich auch für die demokratischen Parteien zu engagieren: „Schenken Sie unserer Demokratie Ihre Stimme!“
Der Mitnehmer
Meikel Dörr blieb bei seiner Ansprache auf seinem vom Wahlkampf weg eingeschlagenen „Mitnehmkurs“. Er will die Bürger Walldürns dazu animieren mitzumachen: „Lassen Sie uns miteinander die Zukunft unserer Stadt gestalten. Nutzen Sie die neuen Angebote und Formate der Bürgerbeteiligung, die wir schaffen werden. Oder kommen Sie auf mich und den Gemeinderat zu. Tauschen Sie sich mit uns aus!“ Walldürn solle eine attraktive Stadt sein, in der man leben wolle, sich wohlfühlen könne und mitmachen möchte.
Natürlich ließ Meikel Dörr auch die aktuelle weltpolitische Situation nicht außer Acht und schlug damit den Bogen zur Bundeswehr: „Vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen, wie dem Konflikt in der Ukraine, wird deutlich, dass der Frieden in Europa unser stetes Engagement erfordert.“
Diesem von Dörr angesprochenen Konflikt hatte sich Oberstleutnant Sterk in seiner Rede bereits intensiv angenommen – mit dem kleinen Unterschied, dass er von Krieg und nicht von Krise sprach. „Mit der Zeitenwende und dem Sondervermögen haben wir uns wieder auf den Weg der Kriegstüchtigkeit für die Landes- und Bündnisverteidigung begeben. Die Streitkräfte gehen also voran“, sagte der Kommandeur der „Logistiker“ in Walldürn.
Eines bereitet Mark Sterk allerdings Sorge – und das hatte er im großen FN-Interview vom vergangenen Montag schon verdeutlicht – es ist das in fehlende Bewusstsein in großen Teilen der Bevölkerung für die aktuelle und die in naher Zukunft liegenden Gefahrenlage. Er sagte wörtlich: „Wenn ich heute in die Nachrichten- und Politiklandschaft schaue und mit Mitbürgerinnen und Mitbürgern spreche, dann bin ich doch öfter überrascht und somit nicht überzeugt, dass jedem Bürger unseres Landes die sicherheitspolitische Lage wirklich bewusst ist und er oder sie die notwendigen Konsequenzen daraus zieht, egal ob sie uns gefallen oder nicht. Beispielhaft fallen mir hierzu Themen ein wie: Wieviel Geld benötigt die Bundeswehr und die Einführung einer Dienstpflicht.“ Er, Sterk, sehe die Soldaten in dieser Sache als Multiplikatoren und lud die Walldürner Bevölkerung zum Dialog ein.
Deutliche Worte
Noch deutlicher wurde Peter Hauk, der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg: „Nach 1989 haben wir gedacht, der ewige Friede bricht aus. Doch nun haben wir gemerkt, dass unsere Freiheit nicht selbstverständlich ist. Wir werden künftig zugunsten der Wehrhaftigkeit auch auf etwas verzichten müssen. Das werden wir spüren.“ Auch Hauk verdeutlichte mit seiner Aussage „Die Demokratie braucht jeden einzelnen Bürger“ die Kernbotschaft des Abends: Es gibt viele Herangehensweisen ans Thema Demokratie, aber sämtliche Redner hatten nur eine Haltung: Sie muss erhalten und notfalls auch militärisch verteidigt werden.
Dieser Haltung schloss sich auch Landrat Dr. Achim Brötel an: „Wir müssen uns, ob wir wollen oder nicht, sehr viel mehr damit befassen, dass in dem Wort Bundeswehr eben auch die Wehrhaftigkeit steckt.“ Da das erst einmal hart klingt, schob das Oberhaupt des Neckar-Odenwald-Kreises gleich nach: „Ehrlichkeit fordern alle, viele verkraften dann aber die Wahrheit nicht.“ Brötel verdeutlichte auch noch einmal die feste Verbundenheit und Bundeswehr im Kreis.
Gequassel
So weit, so klar. Eines fiel allerdings negativ auf: Während der Reden und der Musikstücke der Protagonisten der Musikschule Walldürn herrschte eine permanente Unruhe in der Nibelungenhalle. Gerade in den hinteren Reihen wurde rücksichtslos gequasselt. Meikel Dörr versuchte diplomatisch, die Geräuschkulisse „weg zu moderieren“, indem er darauf hinwies, dass sich viele Gäste nur einmal im Jahr sähen. Nach diesem Hinweis stellten aber die wenigsten ihr Geplapper ein…
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