Neckar-Odenwald-Kreis. Trotz Regen und Fröstel-Temperaturen am langen Wochenende des Aktionszeitraums haben sich unzählige Naturfreunde kaum abschrecken lassen. Mehr als 140 000 Menschen haben an der „Stunde der Gartenvögel“ teilgenommen, so der Naturschutzbund Deutschland (Nabu)in einer Mitteilung. Aus über 95 000 Gärten und Parks wurden dem Nabu und dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) über 3,1 Millionen Vögel gemeldet.
„Nach der Rekord-Teilnahme während des ersten Lockdowns im vergangenen Jahr ist die Teilnehmendenzahl auf hohem Niveau geblieben. Das freut uns sehr“, so Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Die Corona-Krise hat unsere Sicht auf die Dinge verändert. Für die Natur ist es gut, wenn ein gewachsenes Interesse und die Freude an der Vielfalt vor der Haustür dazugehören.“ Die Aktion fand Mitte Mai statt, jetzt liegt das Ergebnis vor.
Amsel weiter stark
Das wechselhafte und kühle Wetter im Aktionszeitraum macht den Vögeln wenig aus, einige Arten profitieren sogar. Etwa die Amsel, sie kommt bei feuchtem Wetter viel besser an ihre Leibspeise: Regenwürmer. Der schwarze Vogel belegt nach dem Haussperling Platz zwei der am häufigsten gemeldeten Gartenvögel, wie bisher in jedem Jahr seit dem Beginn der Aktion 2005. Dabei ist er auch der zuverlässigste Gartenbesucher und konnte in über 92 Prozent aller Zählungen entdeckt werden. Der erstmals öffentlich gewählte Vogel des Jahres, das Rotkehlchen, fliegt auf Platz neun und erzielt damit – möglicherweise kraft Amtsbonus –– seine bisher beste Platzierung. Im Neckar-Odenwald-Kreis landete das Rotkehlchen auf Platt 12.
Insgesamt konnten pro Garten mit knapp 33 Individuen von leicht über elf unterschiedlichen Arten wieder deutlich mehr Vögel als im Vorjahr entdeckt werden. Während die Gesamtzahl der Vögel im Siedlungsraum im Gegensatz zu den Beständen in der Agrarlandschaft damit weiterhin weitgehend konstant bleibt, gibt es doch für viele Vogelarten besorgniserregende Entwicklungen: So verharren die Sorgenkinder Mauersegler, Mehlschwalbe, Zaunkönig, Hausrotschwanz und Mönchsgrasmücke auf Höhe der schlechten Ergebnisse aus den Vorjahren. Sie sind ausschließlich von Insekten lebende Vogelarten. Die beste Hilfe für unsere gefiederten Sorgenkinder ist eine Gartengestaltung, die Insekten zum Wohlfühlen einlädt: Heimische Laubgehölze pflanzen und Ecken mit Wildpflanzen anlegen.
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Blaumeise wieder erholt
Mit Spannung erwartet wurden die Zählergebnisse der Blaumeise. Bei der kleinen Meise mit dem blauen Köpfchen hatte im Frühjahr 2020 ein bakterieller Erreger namens Suttonella ornithocola erstmals zu einem Massensterben in vielen Teilen Deutschlands geführt. Dort, wo es grassierte, hatten die Sichtungen bei der Vorjahreszählung deutlich abgenommen, wie eine Analyse nach Postleitzahlen zeigen konnte. Eine Welle verstorbener Blaumeisen war zwar auch in diesem Frühjahr wieder festzustellen, sie war jedoch deutlich kleiner.
Verluste ausgeglichen
Die Blaumeise hat sich vom Einbruch im vergangenen Jahr gut erholt, auch wenn sie ihren normalen Durchschnittswert nicht erreichte. Offenbar konnten erfolgreiche Bruten die Verluste weitgehend ausgleichen.
Interessant sind auch die Ergebnisse bei den beiden Rotschwanzarten. Der eigentlich viel häufigere Hausrotschwanz nimmt seit vielen Jahren kontinuierlich ab. Inzwischen wird im Vergleich zum Beginn der Aktion vor 16 Jahren nur noch die Hälfte an Vögeln seiner Art gemeldet. Vermutlich leidet er als Gebäudebrüter am Verlust von möglichen Brutnischen und als Insektenfresser an fehlender Nahrung. Der seltenere Gartenrotschwanz hält sich dagegen stabil.
Positiv entwickeln sich weiterhin die Gartenbestände von eigentlichen Waldvögeln wie Ringeltaube und Buntspecht. Ein besonderer Gewinner der aktuellen Zählung ist offensichtlich der Stieglitz. Die gemeldeten Zahlen dieses farbenfrohen Finkenvogels machten einen Sprung: In diesem Jahr konnte er in 16 Prozent aller Gärten mit 0,43 Vögeln pro Garten entdeckt werden. Beide Werte sind doppelt so hoch wie noch zu Beginn der Zählungen. Im Kreis liegt er auf Rang 11. Die Besonderheit dieser Art ist, dass er als einer von ganz wenigen Singvögeln seine Jungen nicht mit Insekten, sondern vegetarisch ernährt.
Apropos Vegetarier: Langfristig deutliche Zunahmen zeigen dagegen einige Vegetarier, darunter Ringeltauben, Stieglitz, Gimpel und Kernbeißer.
Im Neckar-Odenwald-Kreis wurden in 97 Gärten von 136 Vogelfreunden 3414 Vögel gezählt. Dabei gab es deutliche Zuwächse. Ein sattes Plus von 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr gibt es beim Spitzenreiter Haussperling. Ein Plus von 29 Prozent ist es bei der Kohlmeise. 13 Prozent mehr sind es bei der Amsel, 21 Prozent bei der Blaumeise und gar 80 Prozent beim Star.
Zahlen im Kreis
Bei der Elster gibt es dagegen ein Minus von zehn Prozent, beim Feldsperling ist es sogar ein Rückgang von 25 Prozent. Während die Zahl der Grünfinken um stolze 52 Prozent zugelegt hat, steht bei der Mehlschwalbe ein Minus von zwei Prozent. Und beim Buchfink auf Rang 10 im Kreis wurden 33 Prozent mehr Tiere gezählt.
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