Geschichte der Filialkirche St. Michael (Teil 1)

Mit dem Dienstpferd auf die „Höhe“

Gotteshaus wurde vor 100 Jahren eingeweiht. Blick in die Geschichte

Von 
Willi Gehrig
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Eine historische Skizze der Kirche. © Erzbischöfliches Archiv Freiburg

Gottersdorf. Den Walldürner Höhenort Gottersdorf, als Rodungssiedlung entstanden und 1150 unter „Gottbrechtsdorf“ erstmals urkundlich erwähnt, erwartet in diesem Jahr ein denkwürdiges Jubiläum. Denn es sind inzwischen 100 Jahre ins Land gegangen, seit die Filialkirche St. Michael an dessen Gedenktag am 29. September eingeweiht worden ist. Fünf Jahre danach, am 22. Juni 1929, erfolgte erst die Konsekration durch Weihbischof Dr. Wilhelm Burger aus Freiburg, verbunden mit einer gleichzeitigen Firmung.

Über viele Jahrzehnte davor war Gottersdorf über die Filialkirche St. Mauritius in Reichartshausen Teil der bayerischen Pfarrei Amorbach und wurde durch dessen Kaplan betreut, wozu ihm für den beschwerlichen Weg aus dem Mudtal hinauf auf die „Höhe“ ein Dienstpferd zur Seite gestellt war. Gottesdienste gab es zu jener Zeit wenige im Ort, denn für die Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen war die Filialkirche im Nachbarort bestimmt.

Pfarrei der Höhengemeinden

Dies änderte sich mit der Erhebung der Kuratie Glashofen zur Pfarrei zum 1. September 1908. Zusammen mit dem Kummershof wurde Gottersdorf aus der Diözese Würzburg ausgepfarrt und bildete fortan mit sämtlichen Höhengemeinden einschließlich der Spritzenmühle eine Pfarrei. Gottersdorf wurde mit Gerolzahn und Kaltenbrunn der Kirchengemeinde Reinhardsachsen zugeordnet, wofür eine Kaplanstelle ursprünglich vorgesehen war, während Glashofen mit Neusaß und Wettersdorf eine weitere Kirchengemeinde bildete.

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Schon kurz danach konnte im Jahr 1909 ein eigener Friedhof angelegt werden, damit hatte auch der Totenweg ins Nachbarland sein Dasein beendet. Daran schlossen sich im Freiburger Diözesan-Archiv hinterlegt, umfangreiche Briefwechsel an mit dem Ziel, den Neubau einer Kirche ins Auge zu fassen, auch deshalb, weil die damalige Kapelle St. Josef aus dem Jahr 1752 als baufällig beschrieben wurde. Schließlich lagen 1913, so sagen es die Belege aus, die Planung und die Kostenschätzung mit 18 950 Goldmark vor, so dass dem Beginn der Bauarbeiten nichts mehr im Wege stand. Wie bei solch anderem Investitionsvorhaben zu jener Zeit kam jedoch der Ausbruch des I. Weltkriegs in die Quere.

Unmittelbar nach Beendigung des Krieges ging es dann relativ schnell voran und die Kostenschätzung vom 12. Februar 1920, also 15 Monate nach Kriegsende, belief sich auf 90 000 Mark, womit die Kostensteigerung der schon begonnenen Inflation geschuldet war.

Parallel dazu konnten die Erdarbeiten in Handschachtung beginnen welche von Einheimischen ausgeführt wurden, allen voran von Leo Schell. Bevor am 15. August 1920 durch Dekan Hehn aus Waldstetten die feierliche Grundsteinlegung erfolgte, waren die Steinhauerarbeiten aus dem eigenen Bruch durch die Firma Fehrer aus Böttigheim, ergänzt vom Betrieb Kuhn aus Schneeberg, soweit abgeschlossen und die Maurerarbeiten durch die Firma Englert aus Walldürn im vollen Gange. Die meisten Baustoffe lieferte über den dortigen Bahnhof Karl Bundschuh aus Rippberg, während die Zufuhr und die übrigen umfangreichen Fuhr- und Spanndienste von den Bauern im Ort erledigt wurden. Den Zuschlag fürs Gebälk erhielt Zimmerer Albin Sämann aus Rippberg und die Eindeckung sowie Blitzableitung nahm Dachdecker Markus Göbel aus Tauberbischofsheim vor.

Richtfest gefeiert

Am Ende des Jahres konnte schon Richtfest gefeiert werden und die Bewirtung mit 60 Pfund Ochsenfleisch und Getränken summierte sich auf kapp 3000 Mark.

Das folgende Jahr war dem Innenausbau vorbehalten mit Stuckateur Menna aus Würzburg; Verputzer Alois Gärtner, Rippberg; Schreiner Gustav Konrad, Pfohlbach; Schmied Ludwig Weber, Gerolzahn; Elektriker Mause TBB und dem Kunstglaser Meysen, Heidelberg. Hinzu kamen die drei Glocken von Franz Schilling Appolda, die Kirchenuhr von August Schneider, Rippberg sowie die Paramenten von der Firma Ba Würzburg.

1922 schuf man die Altartreppen mit Sollhofner Platten, den Altar von Albert Allert Schwetzingen und das Altarbild kam von Willy Henselmann, dazu der Wasseranschluss und Einfriedung. Es ist davon auszugehen, dass im Herbst 1922 erstmals Gottesdienste in der neuen Kirche mit 170 Sitz- und 50 Stehplätzen zelebriert wurden, einen Nachweis gibt es dafür nicht.

Ausufernde Kosten

Die wöchentlichen Messen an Werktagen erfolgten mit dem Religionsunterricht in der Schule jeweils mittwochs. Bis dahin wurden über 342 000 Mark verausgabt, die allein von der Gemeinde als Bauherr aufgebracht wurden. Wegen der ausufernden Kosten mussten immer wieder außerordentliche Holzeinschläge vorgenommen werden, wozu auch die Diäten des Bauamts in Höhe von 1,5 Prozent beglichen wurden. Nach amtlichem Nachweis der Diözese betrugen die Bauleistungen jedoch nur 275 000 Mark, was die Vermutung nahelegt, dass wegen Kostenersparnis nicht alle Forderungen an die Behörde weiter geleitet wurden.

Auf Goldmark umgerechnet waren es allerdings nur knapp 20 000. Das etwa gleichzeitig erbaute Gotteshaus in Hornbach kostete dagegen mehr als das Doppelte. (Wird fortgesetzt)

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