Ein Tag als Floristin

Jobtausch: Beruflich im Blumenmeer baden

Der blumige Alltag der Floristinnen im Blumenhaus Kaufmann in Walldürn ist nicht nur rosig. Er verlangt Technik, viel Fingerspitzengefühl und ein Auge für Details.

Von 
Stefanie Čabraja
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Sobald die Blumen in einem Strauß angeordnet sind, werden die Stiele mit einer Schere auf eine Länge gebracht und danach schräg angeschnitten. FN-Volontärin Stefanie Cabraja legt Hand an. © Silke Trunk

Walldürn. Als ich die schwere Metalltür des Blumenhaus Kaufmann um 8 Uhr am Donnerstag in Walldürn aufschiebe, sind alle Mitarbeiter schon voll in die Arbeit vertieft. Für einige hat der Wecker an diesem Tag bereits um 2.15 Uhr geklingelt. Denn die schönen Schnittblumen und die verschiedenen grünen Blätter, die in Sträuße und Gestecke verarbeitet werden, besorgt Floristin Michaela Kaufmann jeden Montag und Donnerstag auf dem Großmarkt in Frankfurt – um 4 Uhr.

Die Dekoringe verlangen Friemelarbeit. Die einzelnen Elemente werden gleichmäßig mit Dekodraht festgebunden. © Silke Trunk

Sobald sie zurück in Walldürn ist, wird ihr Einkauf für die nächsten Tage vorbereitet. Die Blumen werden geputzt und in Vasen sortiert. Ein Teil wird dann ins Kühlhaus gebracht. Der andere Teil muss bis zur Ladenöffnung um 9 Uhr im Verkaufsraum bereitstehen. Teilweise wird eine Maschine eingesetzt, die die Stiele sauber und schräg anschneidet. Einige Schnittblumen lassen sich jedoch nicht durch die Maschine jagen. Geschäftsinhaberin Edeltraud Thoma macht das. Sie nimmt jede Blume einzeln in die Hand. Das ist auch meine erste Aufgabe. Bis zu einer Stelle am Stiel müssen die Blätter, vor allem große, entfernt werden, da für Sträuße die Bindestelle frei sein muss. Die Blütenköpfe lege ich dabei aneinander, damit sie wie kleine Büsche in die Vasen gesteckt werden. Nebenbei informiert Michi alle über neue Preise. Floristin Andrea Kaufmann bereitet in der Zwischenzeit schon die ersten Bestellungen vor. Punkt 9 Uhr kommen schon die ersten Kunden, und das Telefon klingelt durchgehend. Telefonisch kommen noch weitere Aufträge auf die Liste. Edel und Michi beginnen mit dem Bedienen und zaubern im Handumdrehen Sträuße. Die Männer packen ihre Sachen, fahren Bestellungen aus und übernehmen die anstehenden Aufgaben an Gräbern. Lehrling Luci Skowronski macht einen Rundgang durch das Topfpflanzenabteil. Sie überprüft, welche Pflanzen gegossen werden müssen, beseitigt trockene Blätter und begutachtet, ob sich Schädlinge ausgebreitet haben.

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Danach darf ich mit ihr verschiede Pflanzen umtopfen. Die größeren Töpfe müssen gut mit Blumenerde befüllt sein. „Die Erde immer festdrücken, von außen ab und zu an den Topf klopfen, damit alles runterrutscht und am besten gleich einen Gießrand andrücken“, erklärt sie mir meine neue Aufgabe. Danach noch alles angießen und fertig. Bevor der Laden über den Mittag geschlossen wird, kontrolliere ich zusammen mit Luci die Vasen im Verkaufsraum und bestücke sie mit Blumen aus dem sieben Grad kalten Kühlhaus. Handwerkliche Präzision und ein Auge für Details sind für die dekorativen Ringe gefragt. Die frischen Eukalyptusblätter falten und verschiedene Kunstblumenelemente mit Dekodraht an den Ring binden, ist für mich Friemelarbeit. Hier eine Lücke, da ein Loch. Die Ringe fordern mich heraus. Zum Schluss liegen vier fertige Ringe auf der Arbeitsfläche, die sich sehen lassen können und nun das Schaufenster des Blumenhauses schmücken.

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Was sonst immer so leicht aussieht, raubt mir dann doch den letzten Nerv an diesem Tag. Kamille, Sonnenblume, Freilandgras, Frauenmantel, Carthamus (Distel), Veronica, Limonium und Lisianthus sollen einen Wiesenstrauß ergeben. Floristin Silke Trunk zeigt mir schnell und präzise mit einigen Spezialgriffen, wie die einzelnen Blumen angeordnet werden müssen. Ich nehme den rosafarbenen Lisianthus als Spitze in die linke Hand und versuche, etwas Frauenmantel so anzulegen, dass ich die Spiralform einläute. Danach ist etwas Freilandgras an der Reihe.

Verschiedene Aufgaben fallen im Blumenhaus Kaufmann an: Im Laden bedienen, Bestellungen abarbeiten und ausfahren, Topfpflanzen kontrollieren und die Pflege von Gräbern. © Stefanie Čabraja

Ich greife zum Carthamus und in meiner linken Hand fällt alles auseinander. Ich rücke alles zurecht, aber bei jeder Drehung des Straußes verrutscht etwas. Nach drei Versuchen sitzt der Lisianthus zwar nicht als Spitze in der Mitte, aber es ist ein lockerer runder Wiesenstrauß zu erkennen.

„Wir wissen morgens oft nicht, was wir am Tag machen“, sagt Michi. Freud und Leid liegen im Alltag eines Floristen nah beieinander – Gespräche über Hochzeitsdekorationen folgen auf die Besprechung von Trauergestecken. Die Floristinnen arbeiten den Tag über verschiedene Bestellungen ab und bedienen zwischendurch die Kunden. In kürzester Zeit werden bunte Meisterwerke gezaubert. Schwierig sind Kundenwünsche, die mit „Ich bekomme einen Strauß. Irgendwie mit so einer Blume und etwas außenrum“ anfangen. Mit der Zeit entwickle man dafür ein Gespür, was die Leute wirklich wollen. Das Auge der Floristin ist ein geübtes.

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