Ein Tag als Imker und Tierwirt

Jobtausch: Als Imker fleißig wie die Bienchen

Redakteur Arno Boas geht einen Tag lang als Imker-Lehrling mit Leena Hildinger-Preuß auf Tuchfühlung mit Bienen, Schafen und Ziegen.

Von 
Arno Boas
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Schweißtreibend ist das tägliche Versetzen der Weidezäune bei den Ziegen und den Schafen. © Sabine Boas

Schwarzenbronn/Niederrimbach. Berührungsängste mit der heimischen Tierwelt darf nicht haben, wer Leena Hildinger-Preuß bei der Arbeit begleitet. Die gelernte Tierwirtin und Imkerin aus dem Creglinger Teilort Schwarzenbronn hält Schafe und Ziegen und ist Herrin über vielleicht fünf Millionen Bienen – so genau kann man das nicht sagen, denn ein Bienenvolk besteht aus 50 000 bis 60 000 Tieren. Bei rund 100 Bienenvölkern kommt eine stattliche Summe der brummenden Honigproduzenten zusammen. Fleißig wie ihre Bienen muss auch die 34-jährige Imkerin sein, wenn sie ihr Tagespensum schaffen will.

Es ist ein heißer Mittwoch Mitte Juli, frühs um 7 Uhr, Leena Hildinger-Preuß hat ihren Bus schon beladen, als ich in den Hof in Schwarzenbronn einbiege. Leena Hildinger-Preuß und ihr Mann Helmut haben einen sechsjährigen Hütehund namens Mona. Da bin ich erst mal aus Prinzip vorsichtig. Doch Mora will eher spielen, und ich verliere schnell die Scheu vor ihr.

Mit Rauch aus dem so genannten Smoker werden die Bienen beruhigt beziehungsweise abgelenkt. Sie sind dann weniger angriffslustig. © Arno Boas

Im Bus geht es zuerst nach Niederrimbach, einem weiteren Teilort von Creglingen. Von dort stammt Helmut Preuß, der Mann von Leena Hildinger-Preuß. Und dort ist auch der Bienenstand, den wir zuerst ansteuern. Insgesamt hat Leena rund 100 Bienenvölker, verteilt auf acht Standorte. Darunter einen im Schwarzwald und im Schwäbischen Wald. „Für den Waldhonig braucht es großflächig Tannen und Fichten. Das gibt es in unserer Region nicht“, erklärt mir die Imkerin auf der Fahrt ins Tal.

Imkern ist anstrengend

Die Völkerdurchschau ist jede Woche fällig, ein zeitraubender und auch anstrengender Job, denn die Kisten mit den Waben haben ordentlich Gewicht. Ist ein Ableger gewachsen, muss er quasi umgesetzt werden in eine größere Kiste. Um die Bienen zu besänftigen, verwendet Leena dabei einen Smoker – den muss man sich wie einen Blasebalg vorstellen, der Rauch ausstößt. Der Rauch wiederum lenkt die Bienen ab und ermöglicht der Imkerin ein relativ ungestörtes Verlagern der Waben. Ich soll trotzdem lieber einen Schutzanzug drüber ziehen – und sehe damit aus wie ein außerirdischer Astronaut, der sich auf die Erde verirrt hat. Die Imkerin selber verzichtet heute auf diesen Schutz. „Den Gesichtsschleier ziehe ich öfters an, vor allem, wenn die Bienen nicht gut drauf sind“.

Als sie die erste Kiste öffnet, sieht sie mit einem Blick, dass sich dieser Ableger prächtig entwickelt hat und mehr Platz braucht. Wir hieven die Wabe in eine größere Kiste. So geht es Kiste für Kiste.

Zwischen April und Juli ist die Imkerin rund um die Uhr im Einsatz. Mit den zirka 100 Bienenvölkern hat ihr Betrieb eine Größe erreicht, die sie gerade noch alleine bewältigen kann. Sie gehört zu den nur zirka drei Prozent der deutschen Imker, die von der Honigproduktion leben. Von einem Acht-Stunden-Tag kann Leena im Frühjahr und Sommer nur träumen. Das hat auch damit zu tun, dass sie neben ihren Bienen auch noch Ziegen und, zusammen mit ihrem Mann Helmut, 90 Mutterschafe plus Lämmer im Nebenerwerb hält. Betriebsinhaber ist hier ihr Mann, den sie bei der Arbeit mit den Tieren unterstützt.

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Ziegen sind ihr Hobby

Die rund 15 Ziegen dagegen sind Leenas Hobby. Ein arbeitsintensives allerdings, wie ich gleich am eigenen Leib erfahre. Denn nach den Bienen steuern wir einen anderen Hang in Niederrimbach an, wo die Ziegen eingezäunt sind und auch der Landschaftspflege dienen. Als wir auf einem schmalen Feldweg anhalten, mitten in der idyllischen Hanglandschaft rund um Niederrimbach, kommen die Ziegen schon meckernd angesaust. Ziegen sind die Lieblingstiere der 34-Jährigen. „15 Ziegen sind 15 Charaktere. Sie machen manchmal Ärger, meistens aber viel Freude“. Die Tierwirtin überlegt kurz und sinniert. dann sagt sie, schmunzelnd: „Vielleicht ticke ich ja ähnlich“. Wir versetzen den Zaun ein Stück. Eine schweißtreibende Tätigkeit am Hang. Der mobile Weidezaun muss jeden Tag versetzt werden, damit die Ziegen immer genug frisches Futter finden. Kratzspuren auf der Haut gehören zum Alltag bei dem dichten Hang-Bewuchs. Und Zeckenbefall ebenso. Natur pur eben.

Leena ist den direkten Kontakt zu Tieren seit Kindesbeinen an gewöhnt. „Mein Vater war Förster,“ erzählt die Tierwirtin. Da gab es Pferde, Ziegen, Geflügel, es wuselte nur so von Viechern. Ihre erste Ziege – Alma – bekam sie mit acht Jahren. „Ich wollte dann auch beruflich etwas mit Tieren machen, wollte draußen sein und Verantwortung übernehmen“.

Eigene Königinnenzucht

2002 ging es mit der Familie nach Finnland in die zweite Heimat. Dort absolvierte Leena nach dem Abitur eine Ausbildung zur Tierwirtin mit dem Zweig Nutztierhaltung Schaf/Ziege. Von Bienen wollte sie damals noch nichts wissen. Erst ihr Mann Helmut, dem zuliebe sie 2009 nach einem Praktikum in Deutschland blieb, hat ihre Einstellung zu Bienen geändert.

Nach den Ziegen führt uns die Tour auf die andere Talseite. Dort oben hat Leena eine eigene Königinnenzucht. Das ist eine Wissenschaft für sich und eine sehr aufwändige Sache, wie sie mir erklärt. Die Königinnen werden mit einer Farbe markiert. Jedes Jahr hat eine eigene Farbe, damit man daran das Alter der Königin erkennen kann.

Der Weg zum Imker

Der deutsche Imkerbund (D.I.B.) ist unter der Internet-Adresse hier zu finden.

Kurse für Freizeitimker: Die Mitgliedsverbände des D.I.B., viele angeschlossene Ortsvereine und die Bieneninstitute, bieten regelmäßig Schulungen an.

Die imkerliche Berufsausbildung gehört zum Bereich der Landwirtschaft ins Berufsbild des Tierwirtes. Tierwirt, Fachrichtung Imkerei, ist die offizielle Bezeichnung des anerkannten Ausbildungsberufes zum Imker.

Die Abschlussprüfung kann über zwei Wege vorbereitet werden.

  • über eine reguläre Berufsausbildung in einem anerkannten Imkerei-Ausbildungsbetrieb, die Lehre dauert drei Jahre.
  • als Seiteneinsteiger über den so genannten zweiten Bildungsweg (nach § 45, Absatz 2 Berufsbildungsgesetz) mit vier bis fünf Jahren praktischer Imkertätigkeit.

Von Königinnen und Drohnen

Ich soll in einer Kiste die Königin ausmachen, aber das ist bei dem Gewusel für das ungeübte Auge alles andere als einfach. Nur mit Leenas Hilfe gelingt es mir, die Königin zu finden und sie mit einem roten Stift zu markieren. 2023 nämlich ist das Jahr der Farbe rot.

Wo wir bei den Königinnen sind, müssen wir auch die Drohnen erwähnen. Die Jungs haben ein sehr hartes Leben, wie die Imkerin erzählt. Sie sind sehr unselbstständig und haben außer der Begattung der Königin keine andere Aufgabe. Letztlich verhungern sie kläglich, weil sie nicht einmal gelernt haben, selber zu fressen.

Wesentlich gemütlicher geht es bei den Schafen zu, die gerade auf einer Anhöhe zwischen Niederrimbach und Standorf weiden. Hier hat der Bock die Auswahl unter gut 90 Mutterschafen. Leena zeigt mir, wie man den Weidezaun auf den Armen aufwickelt, um ihn dann an anderer Stelle wieder abzuwickeln. Das Ding wird immer schwerer, und obwohl das Gelände hier eben ist, kommt man ganz schön ins Schwitzen.

Seine Arbeit hat der Bock zuverlässig verrichtet, wie die Lämmer beweisen, die in der Herde mit trotten. Leena sucht nach einem bestimmten Mutterschaf, das hochträchtig ist und jederzeit ein Lamm zur Welt bringen kann – oder sogar schon zur Welt gebracht hat. Ein frisch Geborenes – das wäre die Krönung des Tages. Doch leider lässt sich das Schaf noch Zeit und wir werden nicht Zeuge der Geburt. Stattdessen versetzten wir den Weidezaun so, dass die Tiere wieder frisches Futter bekommen.

Wo ist nur die Königin? Sogar Imkerin Leena Hildinger-Preuß muss in dem Gewimmel einen Moment suchen, um sie zu finden. © Arno Boas

Probleme durch Billig-Importe

Auf der Rückfahrt nach Schwarzenbronn erzählt Leena auch von den Problemen der Imker durch Billig-Importe. Der importierte Honig mache den deutschen Markt kaputt, klagt sie. Denn sie kann die deutlich gestiegenen Unkosten nicht eins zu eins auf den Endkunden umschlagen. Ihre Honigernte dieses Jahr immerhin war sehr gut, ein Volk produzierte im Schnitt knapp 50 Kilogramm. Einen Teil verkauft sie über den Großhandel, einen weiteren Teil über den Einzelhandel. Immer wichtiger wird die Direktvermarktung. Seit 2019 hat sich Leena ein weiteres Standbein aufgebaut. Das zeigt sie mir nach der Ankunft in Schwarzenbronn im Imkerhäuschen. Dort duftet es intensiv nach Wachs. Sie gründete vor einigen Jahren eine Wachsumarbeitung GbR. Imker aus der Region bringen ihr Rohwachs und erhalten dann wieder neue Mittelwände aus eigenem Wachs.

So geht ein langer Tag zu Ende, und ich habe doch nur einen Bruchteil der Arbeit der Imkerin gesehen. Denn da ist noch das Etikettieren der Gläser, die Buchhaltung, die Pflege des Online-Auftritts, dazu einmal in der Woche eine Imkerei- und Bäcker-AG an einer Weikersheimer Schule, der wöchentliche Marktbesuch und die Pflege der auswärtigen Völker-Standorte. Eigentlich müsste der Arbeitstag von Leena zwölf Stunden haben. Sie beschwert sich aber nicht, denn die Arbeit mit Tieren an der frischen Luft ist genau das, was ihr Spaß macht. Ach ja, und den einen Bienenstich, den sie heute abbekommen hat, den kann sie locker verschmerzen, der war im Fuß. Ich bin verschont geblieben – reines Anfängerglück.

Redaktion Redakteur bei den FN

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