Tauberbischofsheim. Bei einer Mitgliederversammlung der Ärzteschaft Tauberbischofsheim im Main-Tauber-Kreis in Räumen des Krankenhauses Tauberbischofsheim fand die turnusmäßige Neuwahl des Vorstandes statt.
Dr. Karsten Braun, der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, der bis Ende 2022 über viele Jahre im Vorstand der hiesigen Ärzteschaft engagiert war, betonte in seinem Grußwort die gute Zusammenarbeit in der Ärzteschaft und berichtete von seiner Tätigkeit in Stuttgart und Berlin.
Im Anschluss referierte Dr. Mathias Jähnel, Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie und Ärztlicher Direktor des Krankenhauses Tauberbischofsheim, zum Thema „Das Burnout-Syndrom: Berufliche und persönliche Relevanz für Ärztinnen und Ärzte“. Epidemiologisch tritt Burnout vor allem bei psychosozialen Berufen auf, weil hier ein hoher emotionaler Einsatz nötig ist (15 bis 30 Prozent der Ärzte). Symptome sind vor allem Erschöpfung, Depersonalisation und verringerte Leistungszufriedenheit. Folgende Risikofaktoren sind zu beachten: Arbeitswelt/zunehmende Arbeitsverdichtung, der Faktor Persönlichkeit (Überidentifikation mit der beruflichen Tätigkeit, überhöhte Erwartungen an sich und andere, Perfektionismus und eine übertriebene Stabilisierung des mangelhaften Selbstwertgefühls über die Arbeit).
Vorsorge ist wichtig
Als Vorsorge sind wichtig: Resilienz, Selbstachtsamkeit und soziale Beziehungen. Weitere Schutzfaktoren sind Stressbewältigungsstrategien, Entspannung, Entschleunigung und Genussfähigkeit ohne Leistungsgedanken. In besonders schweren Fällen ist eine Psychotherapie indiziert. Die Abgrenzung zur Depression ist nicht immer einfach, hier sind bei schweren Fällen neben Psychotherapie Antidepressiva indiziert.
Sebastian Gerstenkorn ließ viele Belange der Ärzteschaft der letzten vier Jahre Revue passieren. Prägnant war die Corona-Pandemie, die sämtliche Bereiche der ärztlichen Tätigkeit nachhaltig veränderte: Anfänglich fehlende Schutzausrüstung und medizinische Behandlungen erkrankter Personen jeglichen Schweregrades (gerade auch medizinisches Personal), später Impfungen. Er beschrieb großes Engagement der Ärzte und Ärztinnen und eine fehlende Wertschätzung dieser Leistungen seitens der Politik. Bestehende Lieferengpässe für verschiedene Medikamente untergraben das Vertrauen in die Stabilität der Versorgung.
In diesem Jahr kam es seit langer Zeit wieder zu Protestaktionen von Ärzten mit Praxisschließungen und öffentlichen Aktionen in Stuttgart und Berlin. Durch ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. Oktober fallen schlagartig die sogenannten „Poolärzte“ im ärztlichen Bereitschaftsdienst weg. Dies wird Veränderungen des Bereitschaftsdienstes mit teilweisen Schließungen von Bereitschaftsdienstpraxen mit sich bringen.
Weniger Ärzte in Tauberbischofsheim
Die Zahl der niedergelassenen Ärzte in der Ärzteschaft Tauberbischofsheim hat sich von 2019 bis 2023 von 109 auf 96 reduziert (minus zwölf Prozent). Das werde wohl so weitergehen. Im Krankenhaus Tauberbischofsheim kam es zu Wechseln im Bereich der Chefärzte, auch in der Rotkreuzklinik Wertheim. Diese befindet sich aktuell in einem „Schutzschirmverfahren“ im Rahmen einer Insolvenz.
Bei den Wahlen im Jahr 2022 wurden drei Vertreter aus der Ärzteschaft in die Delegiertenversammlung der Bezirksärztekammer gewählt. Dr. Karsten Braun wurde zum Vorsitzenden des Vorstands der KVBW gewählt. Zusätzlich wurde er Delegierter in der Vertreterversammlung der Landesärztekammer. Somit hat die Ärzteschaft eine relativ hohe „Präsenz“ in Stuttgart erreicht. In den Jahren 2022 (Gerlachsheim) und 2023 (Uissigheim – Stahlturm) konnten wieder Ärzteausflüge unternommen werden.
Wie geht es mit der Rotkreuzklinik Wertheim weiter?
Sebastian Gerstenkorn gab einen kritischen Ausblick: Die Zukunft der Rotkreuzklinik Wertheim und die Zukunft der Notfalldienstpraxis Wertheim seien ungewiss. Der sich vergrößernde Fachkräftemangel zwinge zu Einschränkungen der medizinischen Versorgung.
Aus dem Vorstand der Ärzteschaft wurden die langjährigen Mitglieder Dr. Karsten Braun (Wertheim) und Dr. Rainer Grabs (Internist/Tauberbischofsheim) verabschiedet. Sebastian Gerstenkorn wertete ihren Weggang als Zäsur in der Ärzteschaft und dankte ihnen sehr. Beide hatten sich über viele Jahre große Verdienste erworben. Neu in den Vorstand wurden Arne Bieling (Unfallchirurg/Wertheim) und Dr. Florian Grabs (Internist/Tauberbischofsheim) gewählt. Zum Nachfolger von Dr. Rainer Grabs als Stellvertreter wurde Dr. Mathias Jähnel gewählt.
Sebastian Gerstenkorn (Allgemeinmedizin/Königheim) wurde im Amt des Vorsitzenden und Dr. Volker Dietz (Allgemeinmedizin/Külsheim) im Amt des Rechnungsführers bestätigt, ebenso Wolfgang Zöller (hausärztlicher Internist/Grünsfeld) als Schriftführer, Nadine Annan (Allgemeinmedizin/Gerlachsheim), Holger Erdniss (leitender Arzt der Gynäkologie, Rotkreuzklinik Wertheim) und Dr. Anja Kraus (hausärztliche Internistin/Wertheim) als Beisitzer. Die Wahlen erfolgten einstimmig mit jeweils einer Enthaltung per Akklamation. ätbb
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/tauberbischofsheim_artikel,-tauberbischofsheim-tauberbischofsheim-sebastian-gerstenkorn-im-amt-bestaetigt-_arid,2143352.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/tauberbischofsheim.html
[2] https://www.fnweb.de/orte/wertheim.html