Verkehr

Tauberbischofsheim: Radfahrer klagen über gefährliche Überquerung der B 27

Wer als Radfahrer über das Rinderbachtal nach Dienstadt gelangen will, muss die B 27 zwischen Tauberbischofsheim und Königheim überqueren. „Im Berufsverkehr gleicht das einem Kamikaze-Spiel“, sagt ein Betroffener.

Von 
Sabine Holroyd
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Im Verkehr von Tauberbischofsheim her kommend gibt es oft kaum eine Lücke. Aus Richtung Königheim nähert sich hier auf dem Bild bereits die nächste Fahrzeugkolonne. Radfahrer, die an dieser Stelle die B 27 überqueren wollen, haben es nicht leicht. © Sabine Holroyd

Tauberbischofsheim. Ortstermin am Radweg zwischen Tauberbischofsheim und Königheim. Ein passionierter Radfahrer versucht, im Berufsverkehr um 8 Uhr morgens die B 27 zu überqueren, um ins Rinderbachtal Richtung Dienstadt zu gelangen. Von beiden Seiten nähern sich Lkw und Autos, etliche sind geschätzt viel zu schnell unterwegs. „Das ist einfach kriminell“, sagt der Radfahrer, der nur noch die allernötigsten Fahrten mit dem Auto erledigt. Er berichtet: „Oft sehe ich Radfahrer, die angespannt am Straßenrand stehen und auf eine Lücke im Verkehr warten. Unter Stress fahren sie dann ’rüber. Doch was passiert, wenn einer mit dem Fuß vom Pedal rutscht oder die Kette reißt?“, fragt er und schüttelt fassungslos den Kopf. Er sagt: „Mich wundert, dass in der heutigen Zeit diese offensichtliche Gefahrenquelle überhaupt noch erlaubt ist. Gibt es nicht ein Gesetz, das besagt, dass jeder Stadtteil ein Recht auf eine gefahrlose Fahrradanbindung an die Kernstadt haben muss?“

Er weiß, dass für den Radweg „Liebliches Taubertal – Der Klassiker“ zwischen Edelfingen und Bad Mergentheim eine neue Unterführung unter der Bundesstraße 290 hindurch gebaut wurde. Zudem ist dort ein Feldweg saniert und zum Radweg aufgewertet worden.

Der Radfahrer hält das auch an dieser Stelle an der B 27 für möglich: „Eine Unterführung mittels vorgefertigter Betonröhren ist eine sehr schnelle und kostengünstige Lösung.“ Im Bad Mergentheimer Fall war der Bund Bauherr. Den Angaben zufolge betrugen die Investitionen rund 1,2 Millionen Euro. Die Stadt Bad Mergentheim beteiligte sich an der Sanierung des vorhandenen Radwegs mit 90 000 Euro, von denen die Hälfte jedoch vom Land Baden-Württemberg wieder erstattet wird.

Der Radfahrer führt ein anderes Beispiel an: „Am Ortsausgang von Bad Mergentheim Richtung Stuppach und Wachbach kreuzt der Fahrradweg höhengleich die B 19 als viel befahrenen Autobahnzubringer von Bad Mergentheim Richtung Boxberg. Dort ist diese Querungsstelle mit zwei Tempo-70-Verkehrsschildern und zusätzlich mit einem Blitzer abgesichert.“

Ein Schild weist auf den an dieser Stelle nicht asphaltierten Weg in Richtung Dienstadt hin. © Sabine Holroyd

Um die seiner Meinung nach hohe Dringlichkeit einer Maßnahme an der B 27 zu unterstreichen, ist er auch zu recht ungewöhnlichen Wegen bereit: „Die Kosten für diese beiden Schilder und den Blitzer würde ich persönlich übernehmen, wenn eine Behörde dies aus Kostengründen ablehnen würde. Im Gegenzug müssten mir langfristig die Einnahmen aus dem Blitzer zugesichert werden.“

Doch weder die Stadt Tauberbischofsheim noch der Kreisverband Main-Tauber des Allgemeinen Deutsche Fahrradclubs (ADFC) machen ihm große Hoffnungen.

Helga Hepp, Pressesprecherin der Stadt Tauberbischofsheim, antwortete auf unsere Anfrage: „Entlang der Bundesstraße 27 gibt es den Odenwald-Madonnen-Radweg. Dieser verläuft auf Gemarkung Tauberbischofsheim komplett westlich der Bundesstraße. Eine Querung der Bundesstraße ist auf diesem Radweg nicht notwendig. Der Weg von Dienstadt nach Tauberbischofsheim entlang des Rinderbachtals ist kein Radweg, sondern ein Feld- und Wirtschaftsweg. Dieser Weg verläuft auf den Gemarkungen Tauberbischofsheim und Königheim und führt zur B 27, er kann aber gerne von Radfahrern genutzt werden.“

„Radfahrer trägt Verantwortung“

Hepp weiter: „Die Querung der Bundesstraße liegt damit in der Verantwortung des Radfahrers. Nach der Richtlinie zur Anlage von Landesstraßen ist hier keine Querungshilfe notwendig. An diese Straße schließen sich Wirtschaftswege und keine Radwege an.“

Auch die Anzahl der Radfahrer rechtfertige die Maßnahme einer Querungshilfe nicht. Sie ist genau wie der Verkehr auf der Bundesstraße zu gering, um den Straßenbaulastträger zu beteiligen. An der B 290 Edelfingen waren es über 15 000 Kfz pro Tag, und der Radweg hatte eine entsprechend hohen Frequenz an Radfahrern. Eine Querungshilfe, so Hepp, stelle eine größere Baumaßnahme mit einer hohen Investitionssumme dar und hätte zudem Geschwindigkeitsreduzierung auf der Bundesstraße zur Folge.

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Helga Hepp: „Angesichts der vielen umfassenden Aufgaben der Stadt in den Bereichen Schule und Erziehung, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Bestattungswesen, Straßenunterhalt, Stadtentwicklung etc. und den damit verbundenen hohen Kosten im laufenden Betrieb und im Investitionsbereich kann sich die Stadt Tauberbischofsheim derzeit in dieser Sache nicht engagieren. Für die Bürger ist die Erfüllung der vielen elementaren Leistungen die vorrangige Pflicht der Stadt. Hierauf muss der Fokus im Rahmen der Leistungsfähigkeit gelegt werden. Ein Rechtsanspruch auf eine gefahrlose Fahrradanbindung an die Kernstadt ist nicht bekannt.“

„Keine Lösung auf die Schnelle“

Martin Köhler vom Kreisverband des ADFC Main-Tauber erwiderte auf FN-Anfrage: „Was diese Querungsstelle an der B 27 angeht, dürfte es hier so schnell keine Lösung geben, die schwächere Verkehrsteilnehmer schützt. Hierfür wäre mindestens eine Ampel erforderlich, und die würde – realistisch eingeschätzt – mit Sicherheit nicht realisiert werden. Wie sich hier exemplarisch zeigt, ist die Anbindung der Gemeinden untereinander und an das jeweilige Zentrum meist nicht ohne Unterbrechungen und Gefahrenstellen, sofern sie überhaupt vorhanden ist.“

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim

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