Tauberbischofsheim. Er hat seine Gemeinde mitgenommen und sie ihn. Viel mehr kann sich ein Pfarrer kaum wünschen. Wertschätzung und Vertrauen brachten ihm seine Schäfchen entgegen. Das Verhältnis war getragen von gegenseitigem Respekt in freundlichem, zugewandten Miteinander. Menschen ernst nehmen, ihnen zuhören, sie in schwierigen Situationen begleiten und Kinder als Geschenk Gottes annehmen gehört zum Selbstverständnis von Gerhard Hauk. Ein offener Blick in und auf die Welt, die Fähigkeit zur Selbstkritik, der nie endende Optimismus, dass der Glaube letztlich stärker ist als alle Zweifel, haben ihn in all den Jahren seiner beruflichen Laufbahn in der katholischen Kirche getragen.
Gerhard Hauks ereignisreicher Samstag begann um 8.45 Uhr. Christian Wamser, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats, klingelte pünktlich am Sandsteinhaus in der Schmiederstraße. Und los ging der rasante Ritt durch die Gemeinden der Kreisstadt. Der Anfang wurde in Dittwar gemacht. Die Mini-Reise stand ganz im Zeichen des Aufbruchs, des sich auf den Weg machens – ein Motto, das Hauk für sein Leben gewählt hat.
Von Dittwar ging es mit dem Feuerwehrauto nach Hof Steinbach und von dort nach Distelhausen. Gedenkend an die Pfingstprozession führte sein Weg von dort hoch zu Ross nach Dittigheim, um dann per Schlauchboot nach Tauberbischofsheim zu gelangen. Mit einem Oldtimer wurde Hauk dann nach Impfingen befördert, kam mit einem Einachser nach Hochhausen, wo ein grüner Bulldog auf ihn wartete, der ihn nach Dienstadt brachte. Von dort durfte er einen Traktor-Veteranen, Baujahr 1953, eigenhändig in die Kernstadt Tauberbischofsheim steuern.
Von der Kanzel aus berichtete Hauk von diesem Parforceritt, der ihm sichtlich Freude bereitet hatte, zum Abschluss des offiziellen Abschiedsgottesdienstes. Generalvikar Christoph Neubrand war aus Freiburg gekommen, um die Feier gemeinsam mit etlichen anderen Geistlichen aus dem Dekanat zu gestalten. Musik spielte dabei eine große Rolle: Kirchenchor, Kirchenband, die Mini-Maxis und die Lebensfarben sorgten für den guten Ton. Auf den Altarstufen war ein Wegband gestaltet worden, das die drei zentralen Anliegen von Gerhard Hauks christlichem Verständnis darstellt: die Welt als Gottes Schöpfung, die es zu bewahren gilt, den Frieden, der durch den Glauben gewahrt werden soll, und die Kirche, deren Ursprung auf schlichter Gemeinsamkeit in ebendiesem christlichen Glauben beruht.
Kirche kann so einfach sein
„Können Sie noch?“ Das fragte Dekan Gerhard Hauk, bevor er zu seinen abschließenden Worten kam. Doch wer wollte der Hauptperson des Tages da ein „Nein“ entgegenschmettern. Selbstverständlich wollten die vielen Besucher der Eucharistiefeier in der Stadtpfarrkirche St. Martin hören, was der scheidende Dekan Hauk zum Abschied zu sagen hat.
Viel Zuspruch erhalten
Hauk blickte auf seine Stationen im kirchlichen Dienst zurück, die von Mannheim über Freiburg und Empfingen bis nach Tauberbischofsheim reichen. Überall sei er vielen Menschen begegnet, habe Freunde gefunden, die hinter ihm gestanden und ihn auf seinem beruflichen wie persönlichen Weg begleitet hätten. Sein Abschied als Pfarrer und Dekan bedeute nun den Eintritt in eine neue Lebensphase.
Er habe keine Erfolge vorzuweisen, die sich mit Zahlen belegen lassen, meinte er äußerst bescheiden. Wichtig sei ihm immer gewesen, die Botschaft Jesu Christi weiterzugeben und Menschen daran teilhaben zu lassen. Kirche sei für ihn mehr als ein Arbeitgeber. Gerade deshalb leide er, wie viele andere auch, darunter, dass sie teils heftig in die Kritik geraten sei.
Alle Menschen gleich wertvoll
Hauk erinnerte an die hoffnungsfrohe Aufbruchsstimmung im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils in der 1970er Jahren. „Vieles ist nicht eingetroffen, vieles hat sich nicht so entwickelt, wie es meinem Leben entspricht“, sagte er durchaus betrübt, um gleich danach wieder Optimismus zu versprühen. Ihm sei von Jugendlichen in seiner Mannheimer Zeit gezeigt worden, wie einfach Kirche sein könne. Er habe immer daran festgehalten, als Pfarrer auf dem Boden der Wirklichkeit verhaftet zu bleiben und das Prinzip zu verfechten, dass alle Menschen gleich wertvoll sind.
Von Pfadfindern geprägt
Hauk erinnerte an die Grundsätze der Pfadfinder, die ihn geprägt, an Eltern, Verwandte und Freunde, die ihn begleitet haben. Ein gutes Miteinander im ökumenischen Sinn bescheinigte er der evangelischen und der aramäischen Gemeinde.
Der scheidende Dekan dankte für die Ermutigung, aber auch für die aufbauende Kritik, die er erfahren habe. „Ich möchte mit allen versöhnt auseinandergehen“, so sein Wunsch. hvb
Pater Joachim Seraphin, stellvertretender Dekan, erinnerte in seinen Eingangsworten an die Wegstrecken, die in der Seelsorgeeinheit gemeinsam mit dem Dekan gegangen wurden. Es seien Etappen gewesen, die man nicht einfach so abschließen könne, sondern die Menschen berührt und sie verändert hätten. Immer wieder sei es darum gegangen, die Zukunft zu gestalten und auch jetzt stünden wieder Veränderungen an.
Auf die ging Generalvikar Christoph Neubrand durchaus selbstkritisch ein. Durch den notwendigen Wandel aufgrund von Personalknappheit und dadurch bedingten größeren Einheiten innerhalb der kirchlichen Strukturen sei Hauk als Dekan zu jemandem geworden, der „Seelsorgeeinheiten sammelt“. Er beschrieb dessen Leitungsfunktion als eine, die die „Quadratur des Kreises“ verlange, um allen gerecht zu werden.
Hauk sei den Menschen immer zugewandt begegnet, habe ihre Sorgen und Nöte ernst genommen, sei mit ihnen gepilgert und auf Wallfahrten unterwegs gewesen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. „Christsein braucht, sich dem Wort Gottes zu stellen“, sagte er in seiner Predigt, die auf dem Erkennen aus der Emmausgeschichte aus dem Lukasevangelium basierte.
Letztlich sei es das Vertrauen und das Einlassen auf Gottes Wege, das zähle. Immer wieder habe es Hauk als Geistlicher in seinen unterschiedlichen Stationen als Pfarrer geschafft, Menschen Kraft durch das Vertrauen auf die christliche Botschaft zu geben. Er habe sich immer der Frage gestellt, was die verbindenden und verbindlichen Werte der Gesellschaft sind. Neubrand dankte Gerhard Hauk für seinen Einsatz und die Verbundenheit mit den Menschen und entschuldigte sich für manches, was die Diözese ihm zugemutet habe.
Dr. Robert Koczy ging in seiner Moderation zu den Wegmarken von Dekan Hauk auf dessen immer offene Türen ein. Zimmerleute auf der Walz oder Geflüchtete fanden Unterkunft bei ihm. Er plädiere für eine Kirche, die bei den Menschen ist, und pflegte das ökumenische Miteinander.
Bundestagsabgeordnete Nina Warken beschrieb Hauk in ihrem Grußwort als „freundliche Autorität“, die eine Begeisterung für die Botschaft Jesu ausstrahle. Er habe der Kirche in der Stadt und den Gemeinden ein Gesicht gegeben und schöne, ansprechende Familiengottesdienste gestaltet, die sie und ihre Familie gern besucht hätten. Auf der anderen Seite sei er als Dekan aber auch Manager innerhalb der kirchlichen Strukturen gewesen, der zahlreiche Umstrukturierungen zu begleiten hatte. Bei all seinen Aufgaben habe er Lebensfreude ausgestrahlt und das gesellschaftliche Leben in der Stadt positiv begleitet.
Im Einsatz für die Ökumene
Rüdiger Krauth würdigte als evangelischer Dekan auch für seine Mitstreiterinnen im Amt Hauks Einsatz mit Leib und Seele für die Ökumene. Er erinnerte daran, dass er an ökumenischen Gesprächen auf Pilgerwegen teilgenommen habe und Hauk stets als angenehmen und reflektierten Gesprächspartner empfunden habe, der Nägel mit Köpfen mochte und sich deshalb für verbindliche Vereinbarungen ausgesprochen habe.
Birgit Frei, Vorsitzende des Dekanatsrats, blickte auf die vielen Veränderungen zurück, die es in der 13-jährigen Amtszeit von Hauk gegeben habe: Die Ablösung der Pfarreien durch Kirchengemeinden, die Missbrauchsdiskussion oder der eingeschlagene Weg der Kirchenentwicklung 2030. Hauk sei für einen riesigen Bezirk von Freudenberg bis Krautheim zuständig gewesen, habe Gespräche geführt und musste auch mit Widerstand umgehen. Sie würdigte seinen immer fairen und respektvollen Umgang mit anderen und wünschte ihm Gesundheit und Gottes Segen für seinen Ruhestand.
Als Pfarrgemeinderatsvorsitzender verwies Christian Wamser auf die Spuren, die Gerhard Hauk in Tauberbischofsheim hinterlässt. Unterwegs sei er mit der Kirchengemeinde auf kleinen und großen Reisen gewesen, immer neugierig, immer weltoffen. Sein ungebremster Optimismus bei allem, was er anging, sei bewundernswert und habe, wie beim Spendenrohr für das Klösterle, auch Früchte getragen. Er habe die Verantwortung für die Schöpfung Gottes immer ernst genommen und in der Ökumene eine Chance gesehen, um als Kirche gemeinsam in der Welt von morgen zu bestehen.
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