Tatort Tauber-Odenwald: So selten sind Kapitalverbrechen

Drei Fragen an Professor Doktor Michael Bohnert, Leiter des Instituts für Rechtsmedizin in Würzburg, zum Thema „Mord und Totschlag“.

Von 
Fabian Greulich
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Institutsleiter Professor Michael Bohnert an einem Sektionstisch in der Würzburger Rechtsmedizin. © Fabian Greulich

Würzburg. Herr Professor Bohnert, wie alltäglich sind Kapitalverbrechen wie Mord und Totschlag?

Professor Michael Bohnert: Sie werden sich wundern. Sie sind extrem selten. In den allerwenigsten Fällen handelt es sich um echte Tötungsdelikte. Von den 400 Obduktionen, die wir hier in Würzburg jährlich durchführen, stehen im Schnitt nur vier mit einem Kapitalverbrechen in Verbindung. Das ist gerade mal ein Prozent.

Das hört sich an, als gebe es heute weniger Verbrechen als in der Vergangenheit?

Bohnert: Ja. Genau so ist es. Und zwar weltweit. Die Zahl der Tötungsdelikte nimmt seit Jahrzehnten kontinuierlich ab. Das gilt übrigens auch für tödliche Unfälle und tödlich verlaufende Krankheiten. Sie sehen: früher war nicht alles besser. Insgesamt wird die Welt tatsächlich friedlicher, auch wenn man sich das in Zeiten eines grausamen Krieges innerhalb Europas nur schwer vorstellen kann. Aber: die Statistik lügt nicht.

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Kann es passieren, dass ein Mord oder Totschlag unentdeckt bleibt?

Bohnert: Ja, natürlich. Sehr oft sogar. Ich schätze mal, das auf zwei bekannte Tötungsdelikte eines kommt, das nicht bekannt geworden ist. Das betrifft auch die Unfälle und die Suizide, also alle Formen des gewaltsamen Todes. In den allermeisten Fällen liegt das daran, dass die Staatsgewalt nie von dem Todesfall erfährt, weil bereits im Totenschein das Kreuz an der falschen Stelle gemacht und ein natürlicher Tod bescheinigt wird. Aber auch bei einer Obduktion ist es nicht immer so, dass man am Ende sicher weiß, ob der Tod durch fremde Hand herbeigeführt wurde. Das ist zwar selten, aber es kommt vor. Das liegt in der Natur des Vorgehens – und des menschlichen Leichnams. gf

Redaktion FN-Chefredakteur

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