Dubiose Geschäftemacher - Immer mehr Hausbesitzer wollen Photovoltaik auf ihrem Dach haben und gehen unseriösen Anbietern auf den Leim

Odenwald-Tauber: Augen auf beim Solaranlagen-Kauf

Teppichreinigung, Dachdecker-, Zimmerer- und Malerarbeiten – und jetzt Photovoltaik-Anlagen. Letzteres boomt. Ein Geschäft auch für unseriöse Anbieter. Die Energieagentur Main-Tauber-Kreis warnt vor übereiltem Kauf.

Von 
Harald Fingerhut
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Eine neue Solaranlage auf einem Hausdach liegt derzeit im Trend. Die Energieagentur Main-Tauber-Kreis warnt davor, an der Haustür ohne umfassende Beratung und ohne einen Preisvergleich einen Vertrag zur Installation einer Anlage abzuschließen. © DPA

Main-Tauber-Kreis. Immer wenn ein Geschäftszweig boomt, die Nachfrage nach bestimmten Artikeln groß ist, ruft das auch unseriöse Anbieter auf den Plan. Sie wittern ein schnelles, lukratives Geschäft und haben oftmals Erfolg mit ihrem bisweilen mehr als zweifelhaftem Modell. Als neues Betätigungsfeld haben sie den Verkauf und die Montage von Photovoltaik-Anlagen entdeckt. Für die Verbraucher heißt das: „Aufgepasst und Augen auf beim Kauf.“ Und die Energieagentur Main-Tauber-Kreis empfiehlt deshalb: „Photovoltaik-Anlagen nicht übereilt kaufen.“

Schnäppchen kann teuer werden

Die Nachfrage nach Photovoltaik bei Eigenheimbesitzern in der Region ist unvermindert hoch. Die Gewinnung von grünem Strom ist im Trend. Die Anlage auf dem eigenen Dach produziert nicht nur eigenen Strom, sondern spart auch Geld und schützt das Klima. Doch dieses gestiegene Interesse an der Solarenergie lockt auch unseriöse Geschäftemacher an.

„Diese Geschäftemacher versuchen mit dubiosen Methoden, Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer zu schnellen Geschäftsabschlüssen zu bewegen“, warnt die Energieagentur.

Ein Kauf, der immerhin ein stattliches Sümmchen kostet, sollte wohl überlegt und geprüft sein. Das vermeintliche Schnäppchen könnte sich sonst schnell als teurer Spaß herausstellen.

Und so ist es wohl schon einigen Käufern von Solaranlagen ergangen. Denn: Beschwerden von Verbrauchern über Firmen, die an der Haustür oder am Telefon Solaranlagen verkaufen wollen, häufen sich. Sie haben im Nachhinein festgestellt, dass der Preis oft zu hoch angesetzt worden sei. Hinzu käme, dass die Montage der Anlage und die zugehörigen Dienstleistungen, beispielsweise die Meldung an den Netzbetreiber, meist nur mangelhaft seien, wird weiter moniert.

„Wer eine Solarstromanlage auf sein Dach bauen möchte, sollte nicht übereilt an der Haustür einen Vertrag unterschreiben“, sagt Matthias Bauer, Abteilungsleiter Bauen, Wohnen, Energie der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, sich auch nicht von Schnäppchenpreisen und hohen Rabatten zu einer Unterschrift drängen zu lassen.

Besondere Vorsicht ist geboten, da die Unternehmen oft vorgeben, sie würden im Auftrag von lokalen Stadtwerken oder gar der Landesregierung Baden-Württemberg handeln. Das ist aber meist gar nicht der Fall.

Keine privaten Daten preisgeben

„Geben Sie an der Haustüre oder am Telefon keine persönlichen Informationen wie Bankdaten oder die Stromzählernummer weiter“, warnt Bauer. Bei Haustürgeschäften und Fernabsatzverträgen steht gesetzlich ein Widerrufsrecht zu. „Wer überrumpelt wurde oder den Vertragsabschluss zwischenzeitlich bereut, kann den Vertrag innerhalb von 14 Tagen schriftlich widerrufen.

Soweit nicht ordentlich belehrt oder das Widerrufsrecht nicht gewährt wurde, können Verbraucher noch innerhalb eines Jahres und 14 Tagen zurücktreten“, erklärt Matthias Bauer weiter.

Oft dubios, aber nicht strafbar

„Diese Art der Geschäftemacherei ist eine Grauzone, und deshalb ist es schwierig, solchen dubiosen Geschäftemachern das Handwerk zu legen“, sagt der Pressesprecher der Polizeidirektion Heilbronn, Gerald Olma. „Oftmals liegt keine Straftat oder Vergehen vor, so dass die Polizei hier nicht tätig werden kann und die Angelegenheit zivilrechtlich zu klären ist. Aus polizeilicher Sicht gebe es oft keine rechtliche Handhabe, die eine Strafverfolgung rechtfertige. „Das ist oftmals eine Sache von Angebot und Nachfrage und wer überteuerte Preise zahlt, ist letztendlich selbst schuld.“

Wird die Polizei dennoch mit einer Anzeige konfrontiert, entscheidet letztendlich die Staatsanwaltschaft über das weitere Vorgehen. Oftmals sei das Geschäftsgebaren solch unseriöser Unternehmen und auch das Auftreten der Verkäufer grenzwertig, gibt Olma zu, aber erfülle nicht den Straftatbestand. „Es ist meist eine Mischung aus Überredekunst und Drohungen, letzteres vor allem bei älteren Menschen, die die Hausbesitzer zu einem schnellen Kauf einer Photovoltaik-Anlage drängen.“ Trotz allen Drängens und Bedrängens sollte der potenzielle Käfer kühlen Kopf und Ruhe bewahren und das Angebot prüfen.

Wie viele solcher dubiosen Geschäfte im Bereich Photovoltaik derzeit eingefädelt werden und wie stark dieser „Berufszweig“ boomt, sei nur schwer einzuschätzen, erläuterte der Pressesprecher: „Wir bekommen nur die Spitze des Eisbergs mit.“ Vor allem, wenn tatsächlich eine Straftat vorliegt, wie bei einem Fall im nördlichen Main-Tauber-Kreis. Dort schwätzten die unseriösen Geschäftemacher einer Hausbesitzerin eine Vorauszahlung von 3000 Euro ab. Die sie auch zahlte. Als die Firma nach Ansicht der Frau ihre Arbeit nicht regelmäßig und vereinbarungsgemäß ausführte, forderte sie: „Macht Eure Arbeit anständig.“

Dies sagten ihr die Mitarbeiter auch umgehend zu, aber nur wenn sie die restliche Summe gleich zahle. Dies tat sie über ein Terminal, gutgläubig und im Vertrauen darauf, dass ein gegebenes Wort gilt. Doch Pustekuchen: Statt weiterzuarbeiten, setzen sich die Arbeiter in ihren Klein-Lkw und verschwanden auf nimmer Wiedersehen.

„Hier liegt natürlich ein Tatbestand vor, der polizeiliche Ermittlungen und eine Strafverfolgung nach sich zieht“, sagt Gerald Olma.

Aber ein solches Verhalten sei nicht die Regel. Oftmals ist schlichtweg der Preis für die Ware und die Ausführung überteuert. „Es ist ein schwieriger Sachverhalt, weil das Ausnutzen der Gutgläubigkeit der Menschen zwar verwerflich, aber oft nicht strafbar ist.“

Schriftliches Angebot verlangen

Vor der Unterschrift sollte ein schriftliches Angebot gefordert und genau geprüft werden. Der auf dem Angebot genannte Firmenname kann im Internet recherchiert werden, wo eventuell Erfahrungen anderer Personen mit der Firma beschrieben sind.

Um abzuklären ob die beauftragte Firma auch identisch ist mit der tatsächlich existierenden Firma kann diese über die im Internet recherchierte Telefonnummer angerufen werden. Auf ein Vergleichsangebot einer anderen Firma sollte nicht verzichtet werden. Eine Einsichtnahme in den Gewerbeschein oder der Reisegewerbekarte verwehrt kein seriöses Unternehmen. Bei Nichtvorliegen liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. Der Vertragsabschluss ist dann, auch hinsichtlich eventueller Gewährleistungsansprüche, sorgsam zu prüfen. Grundsätzlich sollten Barzahlungen vermieden werden. Olma rät deshalb: „Keine Eile beim Kauf.“ Schließlich befindet sich die Photovoltaikanlage in der Regel mindestens 20 Jahre auf dem Dach.

Statt zur Polizei zu gehen, empfiehlt es sich für übers Ohr Gehauene oftmals, an anderer Stelle Hilfe zu suchen. Wer befürchtet, bei einer unseriösen Firma eine Anlage gekauft zu haben, kann sich beispielsweise an die Rechtsberatung der Verbraucherzentrale wenden.

Hilfe bei Beurteilungen

„Generell empfiehlt es sich beim Thema Photovoltaik, mehrere Angebote von verschiedenen Anbietern einzuholen“, sagt Jürgen Muhler, Energieberater und Geschäftsführer der Energieagentur Main-Tauber-Kreis. Die Energieberatung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bietet in Kooperation mit der Energieagentur anbieterunabhängige Hilfe bei der Beurteilung von Angeboten an.

Fragen zur Beratung oder einer möglichen Terminvereinbarung für eine stationäre Energieberatung oder einen Eignungs-Check Photovoltaik/Solar beantwortet die Energieberatung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kostenlos unter Telefon 0800/809802400). Die Energieagentur Main-Tauber-Kreis, Telefon 09341/825813, steht für Fragen ebenfalls zur Verfügung.

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