Main-Tauber-Kreis. Sie befinden sich in Smartphones und Notebooks, in Akkuschraubern und Digitalkameras, in Hörgeräten und elektrischen Zahnbürsten, in E-Bikes und Elektroautos: Leistungsfähige Lithium-Ionen-Batterien und -Akkus sind aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Laut dem BDE, dem Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft, kommt es bundesweit täglich bis zu 30 Bränden in Recycling- und Sortieranlagen, auf Betriebshöfen oder in Müllfahrzeugen. Doch nicht nur bei ihrer Entsorgung ist Vorsicht geboten.
Immer wieder müssen Einsatzkräfte auch ausrücken, weil ein Akku einen Brand ausgelöst hat. So war der Akku eines Pedelecs offenbar die Ursache für ein Feuer im Juni in Unteruhldingen im Bodenseekreis. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt, und es entstand laut Polizei ein Schaden von rund 400.000 Euro. Die Feuerwehr sprach von einer Explosion des Akkus. Im niedersächsischen Wildeshausen geriet im September ein Bungalow in Brand, der vermutlich wegen eines überhitzten Akkus eines Tablets, das zum Laden auf dem Sofa lag, ausgelöst wurde. In Schwerte in Nordrhein-Westfalen löste im April die Explosion eines E-Roller-Akkus Feuer in einer Wohnung aus.
Auch in der Region gab es schon Fälle
Auch in der Region gab es schon Fälle: 2021 geriet in Niederstetten ein E-Bike-Akku in einer Garage in Brand. Das Feuer griff auf ein E-Auto und ein Einfamilienhaus über und richtete großen Sachschaden an. Im Dezember 2024 brannte in Creglingen ein Wohnhaus. Das Feuer war gegen 19 Uhr in der Garage des Einfamilienhauses ausgebrochen und griff auf den Dachstuhl des Hauses über. Die vierköpfige Familie konnte sich noch rechtzeitig unverletzt aus dem brennenden Haus retten. Die Brandursache war vermutlich die Wallbox.
Mit Kreisbrandmeister Andreas Geyer führten die FN ein Gespräch über die vielen Dos und Don‘ts im Umgang mit Akku-betriebenen Fahrzeugen und Geräten. Am Beispiel eines Handys erklärt er zunächst, warum eine falsche Handhabung so gefährlich sein kann: „Ein Akku kann zu heiß werden, wenn man das Handy in der Sonne liegen lässt, unter dem Kopfkissen lädt oder nicht das Original-Ladegerät benutzt. Dabei besteht die Gefahr, dass er sich so sehr erhitzt, dass sich chemische Reaktionen verselbständigen.“ Experten nennen das den „Thermal Run Effekt“.
„Thermal Run Effect“ so gut wie nicht zu stoppen
Wenn eine Batterie oder Akkuzelle so reagiert, sei es fast unmöglich, diese Reaktion noch zu stoppen, erläutert er das Problem. Der Akku entwickele dann immer mehr Hitze – Andreas Geyer spricht von rund 80 Grad Celsius - bis die Reaktion in der Zelle stattfindet oder gar Feuer fängt.
Er erklärt weiter: „Dann hat man die Möglichkeit, das Gerät in die ,trockene Quarantäne‘ zu stellen, es also in einem Außenbereich mit genügend Abstand zu brennbaren Materialien zu platzieren.“ Ein Akku könne bis zu 72 Stunden danach noch „durchzünden“. Auch eine nasse Quarantäne komme in Betracht: „Im Falle eines Handys wäre es am einfachsten, es in einen mit Wasser gefüllten, nicht brennbaren Eimer zu legen und es drei Tage dort liegen zu lassen.“ Auch ein ebenfalls nicht brennbares Behältnis mit Sand führt er als Beispiel für eine Quarantäne an.
Nicht viel anderes verhält es sich bei einem brennenden Elektro-Auto, bei dem die Batteriezelle auf Hitze reagieren könnte – Stichwort auch hier: der „Thermal Run Effekt“. „Wenn das verunfallte Auto irgendwo auf einer Landstraße steht, lassen wir es in der Regel ausbrennen – nicht ohne immer wieder auch die Umgebung zu kontrollieren“, erklärt er das Vorgehen der Feuerwehr. Anders verhält es sich natürlich, wenn ein brennendes E-Auto Menschenleben gefährden könnte und beispielsweise in einer Tiefgarage steht. „Das ist bei jedem Auto, auch beim Verbrenner, eine große Herausforderung für die Feuerwehr. Das E-Auto muss dort unbedingt raus.“
Hochvolt-Abrollbehälter entwickelt
Mit der Grünsfelder Firma Feuerstein hat der Kreisbrandmeister einen Abrollbehälter entwickelt. Dabei wird das Auto mit einem Kran in eine mit Wasser befüllte Mulde abgelassen und verbleibt dort drei Tage. Das erste Mal kam der Hochvolt-Abrollbehälter bei dem Brand des E-Autos in Niederstetten zum Einsatz. Er darf nur von Andreas Geyer oder einem seiner Stellvertreter angefordert werden - und auch nur dann, wenn es eine hieb- und stichfeste Begründung dafür gibt.
Die falsche Entsorgung von Geräten mit Akku ist darüber hinaus ein großes Problem. Das geht schon bei vermeintlich kleinen Artikeln wie E-Zigaretten los. „Die Leute werfen sie in den Mülleimer und von dort aus kommen die Zigaretten in die Müllpresse. Dabei können die Akkus beschädigt werden und fangen irgendwann an zu brennen. Akkus und Batterien haben nichts im Hausmüll verloren“, stellt er klar. „Sie gehören in den Sondermüll oder in die Abgabestellen in den Geschäften.“ Er erläutert weiter: „Ähnlich verhält es sich, wenn Vapes im gelben Sack ,entsorgt‘ werden. Im Müllwagen werden die Säcke gepresst, es kommt zur chemischen Reaktion, und der Fahrer bemerkt plötzlich, dass Rauch aus seinem Fahrzeug tritt. Oder, viel schlimmer, es brennt später auf der Mülldeponie oder in der Wertstoffanlage.“
Handys nicht ständig ans Ladegerät hängen
Der Kreisbrandmeister rät auch unbedingt, Handys nachts auf einer nicht brennbaren Unterlage zu laden, damit, wie er sagt, „nicht gleich die ganze Wohnung ausbrennt, wenn etwas passiert.“ Zum Thema Aufladen hat er auch noch Anmerkungen: Handy sollten nicht ständig am Ladegerät hängen. Als Faustregel gelte: Bei einem zu 70 Prozent geladenen Akku sei das Risiko, dass sich der Akku entzündet, so gut wie ausgeschlossen. Dasselbe gilt natürlich auch für Tablets.
Noch etwas gibt er zu bedenken: Wenn das Handy herunterfällt, prüfe jeder, ob das Display einen Kratzer oder die Hülle eine Delle abbekommen hat. „Daran, dass der Akku vielleicht beschädigt wurde, denkt niemand“, so seine Erfahrung. Wenn ein Handy immer wärmer werde, sei Vorsicht angesagt. Ein ernstes Alarmsignal sei es auch, wenn der Akku sich aufbläht und im Kunststoffgehäuse Spalte entstehen.
E-Bikes und E-Scooter haben in der Wohnung nichts verloren
Ein weiteres Thema, das ihm am Herzen liegt, ist die Lagerung: E-Scooter und E-Bikes hätten absolut nichts in einer Wohnung oder in einem Treppenhaus verloren, auch nicht „nur“ zum Laden. Sie sollten ausschließlich in brandschutztechnisch abgetrennten Bereichen geladen und gelagert werden. Allgemein gilt: Treppenhäuser, auch die von Mehrfamilienhäusern, sollten immer frei von Brandlast sein, weil besonders von E-Bikes und E-Scootern eine rasante Rauchentwicklung ausgehe. Er gibt auch zu bedenken, dass nicht immer sorgsam mit E-Rollern umgegangen werde, so dass die Scooter durchaus schon mit einer Beschädigung „vorbelastet“ sein könnten.
Andreas Geyer betont aber auch, dass er überhaupt nichts von Panikmache halte. Er rät vielmehr, einmal mit offenen Augen durch die eigene Wohnung, das Haus und auch das Gartenhaus zu gehen und darauf zu achten, wie viele Geräte über Akkus verfügen. Dazu gehören auch Saugroboter, Akku-Staubsauger, Überwachungskameras, elektrische Heckenscheren und Sensen sowie Mähroboter. In der Regel sind es also viele. Akkus sollten auch unter keinen Umständen unbeaufsichtigt geladen werden. Prävention ist also immer noch der beste Brandschutz.
E-Autos nicht „gefährlicher“ als ein Verbrenner
Elektro-Autos seien im Übrigen per se nicht „brandgefährlicher“ als Verbrenner oder mit Gas oder Wasserstoff betriebene Pkw. „Die Akkus der ,Stromer‘ sind so gut und sicher verbaut, dass da normalerweise nichts passiert. Allerdings ist es bei einem schweren Unfall nicht auszuschließen, dass das Fahrzeug so verformt ist, dass auch der Akku etwas abbekommen hat. Da muss man als Feuerwehr auch den Akkupack auf eine mögliche Wärmeentwicklung kontrollieren. Wenn er tatsächlich erwärmt ist, kann man davon ausgehen, dass bereits eine chemische Reaktion stattgefunden hat. Allerdings“, so sein Statement, „ist der Brand eines Elektrofahrzeugs nicht kritischer zu betrachten als der eines Verbrenners.“ Ein Fahrzeug mit Elektroantrieb gerate auch nicht häufiger in Flammen als eines mit Verbrennermotor: „Der Unterschied besteht nur darin, dass ein Verbrennerfahrzeug schneller gelöscht ist als ein elektrisches.“ Die Feuerwehren im Kreis seien bestens geschult und deshalb auch allgemein sehr gut vorbereitet auf Vorfälle bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, macht er klar.
„Industrie schürt Panik, die nicht angebracht ist“
In diesem Zusammenhang verrät Andreas Geyer auch, was er von so genannten Ladestecker-Dummys oder „Emergency-Plugs“ hält. Diese Stecker sollen dem Elektroauto „vorgaukeln“, dass es an einer Ladesäule angeschlossen ist und somit seine Sicherheitseinrichtungen aktiv werden. Er sagt dazu: „Da frage ich mich schon, ob alles, was auf den Markt geworfen wird, auch gekauft werden muss. Solch ein Stecker macht meiner Meinung nach keinen Sinn, denn das kann man auch anders lösen – etwa mit einem ganz normalen Stecker ohne Kabel. Mit solchen Produkten schürt die Industrie nur Panik, die nicht angebracht ist. Im Verhältnis zu den vielen mit einem Akku ausgestatteten Fahrzeugen und Geräten passiert immer noch relativ wenig“, findet er.
Was sollte man aber tun, wenn man sich nicht sicher ist – zum Beispiel, wenn man es nicht einschätzen kann, ob der Tablet-Akku nur warm ist oder doch einen Schaden hat? Der Kreisbrandmeister antwortet: „Dann kann man die 112 rufen. Dann kommt jemand vorbei und schaut sich die Sache einmal an. Dafür sind wir ja da. Das ist allemal besser als eine böse Überraschung im Schlaf.“
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