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CEO Baumbusch: "Weinig war schon immer seiner Zeit voraus"

Mit einer gewaltigen Investition in den Standort Tauberbischofsheim und einer neuen Strategie will sich Weinig den Herausforderungen der Zukunft stellen. Die FN unterhielten sich darüber mit CEO Gregor Baumbusch.

Von 
Sabine Holroyd
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Hier entsteht Großes: Gregor Baumbusch zeigt, wo das neue Logistik- und Fertigungszentrum gebaut wird. Rund 70 Millionen Euro investiert Weinig in Tauberbischofsheim. © Sabine Holroyd

Tauberbischofsheim. Gregor Baumbusch ist seit 2019 CEO von Weinig. Der gebürtige Odenwälder – er stammt aus Eberbach am Neckar – brennt für seine Arbeit: „Ich bin Maschinenbauer aus Überzeugung“, sagte er im Interview mit den FN.

Herr Baumbusch, wann sind Sie heute aufgestanden?

Gregor Baumbusch: In der Regel bin ich immer schon vor 6 Uhr wach, so war das auch heute. Bevor ich dann von Würzburg aus ins Büro fahre, bearbeite ich schon mal die E-Mails. Und dann geht’s richtig los.

Und wann endet Ihr Arbeitstag?

Baumbusch: Normalerweise zwischen 18 und 20 Uhr. Teilweise mache ich zuhause dann noch weiter – einfach, weil es mir Spaß bereitet. Als CEO hat man Weinig eben immer im Kopf. Aber keine Angst: Ich habe noch genug Zeit für mein Privatleben, spiele zum Beispiel gerne Tennis beim TC Tauberbischofsheim oder beim TC Weiß-Blau Würzburg.

Sie wirken auch nicht extrem gestresst.

Baumbusch: Das bin ich auch nicht. Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit. Hier bei Weinig kann man wirklich noch etwas bewegen. Wo sonst darf man denn 120, 130 Millionen Euro in die Hand nehmen und damit etwas machen? Diese Summe bedeutet natürlich eine große Verantwortung, aber auch eine Riesenchance.

Woher kommt denn Ihre Freude an Ihrer Tätigkeit?

Baumbusch: Ich bin Maschinenbauer aus Überzeugung. Mein Vater war Ingenieur. Er hat mich schon früh an diese Thematik herangeführt, und so war für mich immer klar, dass ich etwas mit Maschinen und Anlagen machen möchte.

Deshalb habe ich ganz klassisch Maschinenbau in Darmstadt und Mannheim studiert und startete bei meinem ersten Arbeitgeber Witzig & Frank in Offenburg in der Entwicklungsabteilung. Allerdings hatte ich mir etwas ganz anderes, extrem Kreatives darunter vorgestellt. Es war zwar schön, aber nicht erfüllend für mich, denn ich wollte immer schon mit den Kunden zusammenarbeiten.

Die Frage, was man denn mit den Maschinen machen kann, wie man sie programmieren kann, hat mich stets angetrieben. Deshalb bin ich dann in die Konstruktion und Applikation gewechselt. Inzwischen waren die Vertriebler schon auf mich aufmerksam geworden. Sie nahmen mich dann mit zu den Kunden, um ihnen zu erklären, was sie da eigentlich kaufen sollen. Die Maschinen waren damals ja noch recht komplex. Und so kam ich in den Vertrieb. Parallel wurde Thyssenkrupp auf mich aufmerksam. Ich stieg dort ein, wurde bei Hüller Hille in Diedesheim Vertriebsleiter und war für die gesamte Gruppe für die horizontalen Bearbeitungszentren zuständig. Bei Thyssen war ich auch im Führungsnachwuchsprogramm. Da habe ich viel gelernt. Es ist sehr wichtig, dass man seine Führungsleute entsprechend entwickelt.

Was für ein Chef ist Gregor Baumbusch denn?

Baumbusch: Ich wollte nie ein Boss sein, der in seinem Büro in der oberen Etage sitzt und den niemand kennt. Ich möchte mit meinen Leuten im Kontakt stehen, denn nur wenn sie verstehen, wohin wir wollen, werden sie mitziehen. Ich versuche immer, sie teilhaben zu lassen an dem, was wir tun. Wenn ich durch die Fabrik laufe, bekomme ich so viele neue Eindrücke und Ideen. Das inspiriert mich einfach. Man muss als Chef wissen, was die Themen im Haus sind. Früher wusste eine Unternehmensführung eigentlich immer, was die Mitarbeiter beschäftigt und wo die Probleme liegen. Heute kommt man oft in Betriebe, deren Manager zwar alles über ihre Zahlen und die KPIs, also die Leistungsindikatoren, wissen. Aber dafür, was wirklich in der Fabrik passiert, haben sie kein Gefühl mehr. Nur wenn Strategie und Team matchen, kann man etwas bewegen und erreichen.

Die Kunden sollen "Weinig denken"

Sie sind bereits seit 2014 bei Weinig . . .

Baumbusch: Nach Thyssenkrupp wechselte ich zu Mapal, einem Sonderwerkzeug-Hersteller in der Automobilindustrie. Dort konnte ich tolle Projekte verwirklichen. Aber als man hier einen CSO suchte, habe ich dieses Angebot sehr gerne wahrgenommen. Ich habe sofort die Vertriebsstrategie neu geschrieben – flapsig gesagt, die „Think Weinig“-Denke. Die Kunden sollen „Weinig denken“, wenn sie zum Beispiel ein Problem in der Holzbearbeitung haben. Aber auch für die Mitarbeiter soll „Think Weinig“ gelten. Ich möchte, dass sie sich mit ihrem Unternehmen identifizieren. Wir haben allen Grund, diesen Spirit in uns zu tragen.

Gregor Baumbusch schaut auch immer gerne in der Ausbildungswerkstatt vorbei. © Sabine Holroyd

Seit 2019 sind Sie Chef der Weinig-Gruppe. Wie kreativ kann man als CEO vor allem in wirtschaftlich schwierigen Lagen sein?

Baumbusch: Kreativität ist immer gefragt und auch erlaubt. Ich muss den Markt verstehen, muss wissen, wo die Potenziale liegen und wo die strategische Entwicklung hingeht. Auf dieser Basis muss man entscheiden, wie man das Unternehmen ausrichten will. Dass wir rund 120 Millionen Euro in die Gruppe – davon 70 Millionen in den Standort Tauberbischofsheim – investieren, dass wir uns komplett neu aufstellen, die Ausrichtung von der Produktbereichs- hin zur markt- und kundenorientierten Strategie völlig verändern – dass wir das alles dürfen, zeigt, dass Kreativität, Innovation, harte Arbeit und Leistung auch geschätzt werden. Dafür bin ich dem Aufsichtsrat und den Shareholdern sehr dankbar, denn natürlich stellt das, was wir in diesen Zeiten so alles machen, ja auch ein Risiko dar.

Vollautomatische Roboterlösungen

Was entsteht denn genau auf dem neuen Gelände?

Baumbusch: Wir errichten dort auf knapp 10 000 Quadratmetern unser neues und sehr innovatives Logistik- und Fertigungszentrum, denn inzwischen platzen wir hier in Tauberbischofsheim aus allen Nähten. Wir wollen unsere Prozesse noch stärker optimieren, das hat sehr viel mit Logistik und Flexibilität zu tun. Dazu werden wir auch mit vollautomatischen Roboterlösungen arbeiten, um eine noch höhere Effizienz zu erreichen. Die Technologie dafür haben wir mit einem deutschen Maschinenbauer entwickelt. Auch wird die kubische Bearbeitung schneller und flexibler vonstattengehen – ein weiterer Wettbewerbsvorteil bei der mechanischen Fertigung. Weinig war schon immer seiner Zeit voraus. Ich denke da zum Beispiel an das Taktband 1 in Halle 5, dem eigentlichen Herzstück unseres Werkes, auf dem die Kehlautomaten produziert werden. Als man hier in den 70er Jahren damit begann, war das extrem innovativ und die absolute Ausnahme. Als ich bei Hüller Hille war, reisten wir einmal nach Tauberbischofsheim, um uns das anzusehen. Damals war mir schon klar, was der Weinig alles kann.

Das heißt, Weinig war immer schon irgendwie in Ihrem Kopf?

Baumbusch: Ja, auch ganz konkret als einer meiner Kunden – den NBH 170, der hier im Werk noch in Betrieb ist, habe ich damals nach Tauberbischofsheim verkauft. Weinig stellte mit seinem Knowhow als Kunde eine Herausforderung dar, weil es gar nicht so einfach war, ihm Maschinen zu verkaufen. Es wurde uns viel Engagement abverlangt, die Maschinen dann auch so auszuführen, dass sie zu Weinig gepasst haben. Weinig hat heute eine extrem hohe Fertigungstiefe. Zu unseren Kernkompetenzen gehören schließlich auch die Fertigung von Schleifmaschinen, die Herstellung kubischer Bauteile und unsere äußerst präzise Fensterfertigung in Halle 6, wo die Conturex-Maschinen und Anlagen produziert werden. Ich kann mit Stolz sagen, dass wir im Fensterbereich eine extrem hohe Kompetenz haben, auch was die CNC-Bearbeitung betrifft. Das unterscheidet uns ebenfalls vom Wettbewerb.

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Stolz sind wir zudem darauf, dass wir alle Kernkomponenten unserer Maschinen selbst herstellen. Tauberbischofsheim ist der zentrale Fertigungsstandort der Weinig-Gruppe. Perspektivisch wollen wir nur noch über ein zentrales Fertigungswerk verfügen und noch mehr Komponenten der anderen Standorte in Tauberbischofsheim produzieren.

Weinig befindet sich also mitten in einer gewaltigen Transformation.

Baumbusch: Definitiv. Wir bauen nicht nur neu, sondern wir wollen die gesamten Unternehmensprozesse digitalisieren und verschlanken.

Und das in schwierigen Zeiten.

"Ich bin Realist, aber auch Optimist"

Baumbusch: Ich bin Realist, aber auch Optimist. Der langfristige Trend in unserer Branche ist speziell beim Thema Bauen mit Holz sehr positiv. Vor 20 Jahren war das noch anders, da wollten die wenigstens mit Massivholz bauen. Meine Eltern hatten noch Nut- und Federbretter an der Decke, die nachgealtert sind. Bei meinen Großeltern musste ich immer die Fensterrahmen aus Holz streichen, das war gar nicht sexy. Heute gibt es auch in energetischer Hinsicht nichts Besseres als Holz-Aluminium-Fenster. Holz ist absolut im Kommen.

Wir als Komplettlieferant haben die entsprechenden Maschinen, Anlagen und das Prozess-Knowhow. Von dem Moment, in dem der Baum geschlagen ist, bis hin zur Formatierung der fertigen Materialien sind wir für die Kunden da. Unsere Kooperation mit dem italienischen Maschinenhersteller Essetre bildet dabei eine wichtige Ergänzung unseres Angebots für den konstruktiven Holzbau.

Und wie fällt Ihre kurzfristige Prognose aus?

Baumbusch: Wir können immer nur unser direktes Umfeld beeinflussen und das Beste daraus machen – das tun wir mit dieser Investition ja auch. Alles andere liegt nicht in unserer Macht. Natürlich würde ich mir wünschen, dass die Wirtschaft vonseiten der Regierung mehr gestärkt wird, so wie das in anderen europäischen Ländern oder den USA der Fall ist. Man kann nur hoffen, dass sich die Politik auf die Stärken der deutschen Industrie besinnt. Die meisten Weltmarktführer gibt es schließlich immer noch hierzulande. Aber da braucht es ein anderes Mindset in der Politik. Natürlich sind wir uns der Risiken durchaus bewusst und reagieren situativ. Weinig verfügt über diese unbedingt nötige Veränderungsgeschwindigkeit. Man hat selbst in der Krise Möglichkeiten, Dinge zu verändern, die nicht gut sind. Also sehen wir die Krise als Chance und stellen uns gut auf.

Perfektion wird bei Weinig großgeschrieben. © Sabine Holroyd

Die Ausbildung bei Weinig ist immer noch ein großes Thema, oder?

Baumbusch: Ich bin viel und gerne mit jungen Menschen zusammen, unsere Ausbildung liegt mit sehr am Herzen. Sie hilft uns auch, auf dem Weltmarkt besser dazustehen, weil wir die besseren Fachkräfte haben. Doch die jungen Leute heute haben andere Themen.

Ich bin ein Kind der zweiten Generation nach dem Krieg. Es war normal, arbeiten zu gehen und etwas zu leisten. Viele junge Menschen wollen heute nicht mehr an fünf Tagen pro Woche ihren Beruf ausüben. Vielleicht müssen wir unsere eigene Erziehung und Kultur überdenken. Wenn das der neue Weg ist, müssen wir uns eben anpassen.

Wie sehen Sie sich selbst?

Baumbusch: Ich versuche immer, mein Bestes zu geben. Wenn ich etwas mache, dann richtig. Ich bin sehr zielgerichtet, fleißig, aber auch sehr bodenständig und gern in Kontakt mit anderen Menschen. Man kann sich auf mich verlassen.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim

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