Hausärzte im Fokus (2. Teil)

Sindolsheim: Folgen der Praxisschließung sind spürbar

Der Rosenberger Teilort verliert mit seiner Hausarztpraxis eine wichtige medizinische Anlaufstelle. Die Schließung hat vor allem auf ältere Einwohner und die örtliche Apotheke große Auswirkungen.

Von 
Nicola Beier
Lesedauer: 
Wo vor wenigen Wochen noch der Eingang zur Hausarztpraxis von Dr. med. Annette Eichhorn-Fleck und Dr. med. Johannes Fleck waren, ist die Tür nun verschlossen. Ob eine neue Praxis in die Räume zieht, steht noch nicht fest. © Nicola Beier

Sindolsheim. „Das war schon ein Tiefschlag, der einem ein paar schlaflose Nächte bereitet hat“, beschreibt Rosenbergs Bürgermeister Ralph Matousek seine Reaktion auf die Nachricht, dass die Hausarztpraxis von Dr. med. Annette Eichhorn-Fleck und Dr. med. Johannes Fleck in Sindolsheim schließen werde. Davon erfahren hat Matousek Anfang April. Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die Praxis noch bis Ende Juni geöffnet sein wird. Anschließend sind die beiden Ärzte nach Walldürn umgezogen.

Ein herber Schlag für Matousek und die Gemeinde Rosenberg. Denn daraufhin galt es, schnell nach Lösungen zu suchen: „Wenn ein Arzt in Rente geht, dann hat man Zeit, sich Gedanken über eine Nachfolge oder über das Thema Räumlichkeiten zu machen. Wenn eine Praxis aber den Standort wechselt, dann erfolgt dies innerhalb von wenigen Monaten“, erklärt der Bürgermeister.

Weitere Wege und lange Wartezeiten

Für die Gemeinde, die Bürger und besonders die älteren Einwohner habe die Schließung insgesamt eine „große Bedeutung“, so Matousek. „Wenn man heute einen Arzttermin benötigt, dann bestehen lange Wartezeiten und die Situation verschärft sich immer weiter. Aber auch die Patienten müssen weitere Wege in Kauf nehmen – in der Summe verliert eine Gemeinde eine sehr wichtige Einrichtung.“ Hinzu kommen die örtlichen Gegebenheiten in Sindolsheim. Dort gibt es noch eine Apotheke, um die sich das Gemeindeoberhaupt nun ebenfalls sorgt: „Ohne Arzt ist später auch die Apotheke weg“, befürchtet er.

Und diese Sorge bestätigt sich auf Nachfrage der Fränkischen Nachrichten. Eine Verkäuferin der Bauland Apotheke in Sindolsheim bestätigt, dass nach der Praxisschließung deutlich weniger Kunden in die Apotheke kämen: „Man merkt schon deutlich, dass die Praxis geschlossen ist. Es kommen deutlich weniger Kunden zu uns.“

Bürgermeister suchte sofort nach Lösungen

Wegen der Auswirkungen auf die Einwohner, die Apotheke und die gesamte Gemeinde hat Bürgermeister Matousek auf die Nachricht zur Schließung direkt reagiert und das Landratsamt, die Kassenärztlichen Vereinigung und umliegenden Hausärzte kontaktiert, um das Problem so schnell wie möglich zu beheben: „Über dieses Netzwerk versucht man eine Lösung zu finden. Aber der Ärztemangel ist einfach vorhanden und auf die umliegenden Ärzte kommen mit jeder wegfallenden Praxis zusätzliche Patienten obendrauf.“

Dabei seien die Probleme in ländlichen Gegenden laut Matousek größer als im Mittelbereich Buchen. Dieser sei gut mit Ärzten versorgt: „Aber die Verteilung ist nicht flächenhaft. In den Städten Buchen und Walldürn ist eine hohe Zahl von Ärzten vorhanden, die in der Fläche aber fehlt. Dadurch kommen wir nicht in ein Förderprogramm rein.“ Er fordert von der Politik ein deutlicheres Eingreifen. „Der Ärztemangel zeichnet sich schon seit Jahren ab und eigentlich kann die Politik dies durch höhere Studienzahlen oder der Verteilung der Praxen steuern. Die Bemühungen mit Landarztstipendien gehen dabei in die richtige Richtung.“

Zahl der Gemeinschaftspraxen könnte steigen

Er nennt aber noch einen anderen Grund, der seiner Meinung nach dazu führe, dass weniger Ärzte in den ländlichen Raum kämen: „Ein weiterer Punkt ist, dass sich niemand mehr mit einer Einzelpraxis selbständig machen möchte. Hier ist einfach der bürokratische Aufwand sehr hoch.“ Entsprechend gehe er davon aus, dass die Zahl von Gemeinschaftspraxen in Zukunft zunehmen werde, „um Familie und Beruf zu vereinbaren“.

Für Sindolsheim ist derweil eine Lösung in Sicht. Die Baulandpraxis aus Adelsheim könnte eine Filialpraxis in Sindolsheim eröffnen. Der Antrag auf Zulassung wurde bei der Kassenärztlichen Vereinigung bereits gestellt. „Eine Entscheidung steht aber noch aus. Die Eigentümerin der bisherigen Praxisräume stellt die Räume aber zunächst weiter zur Verfügung“, informiert Matousek. Die Eröffnung war ursprünglich für Oktober geplant. „Sobald die Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung vorliegt, können wir die weiteren Schritte angehen“, blickt er voraus.

Parallel plant die Gemeinde den Umbau des ehemaligen Kindergartens in Sindolsheim zu einer Arztpraxis. Der Zuschussantrag wurde aus Mitteln des ELR bereits bewilligt und der Bauantrag ist gestellt. „Die Vermietung im Privathaus wird enden und wir möchten die Praxisräume zukünftig in Kommunaler Hand halten. Ohne Räume gibt es auch keinen Arzt und wir möchten hier für die Zukunft gerne Räume anbieten“, sagt das Gemeindeoberhaupt dazu.

Das sagen Patienten zur Praxisschließung in Sindolsheim

Die Namen der Patienten sind der Redaktion bekannt. Sie werden aus Gründen des Datenschutzes, des Arztgeheimnisses und zum Schutz der Privatsphäre jedoch nicht namentlich genannt.

  • Patient, 64 Jahre alt: „Es war schon praktisch, dass der Weg zur Praxis hier in Sindolsheim sehr kurz war. Wenn wieder ein Arzt hier herkäme, dann würde ich da auch wieder hingehen. Aktuell ist es so, dass meine Frau mit Dr. Fleck nach Walldürn gewechselt ist. Ich bin nach Altheim gegangen, zur Internistische Gemeinschaftspraxis von Dr. med. Kurt u. Kirsten Häfner und Dr. med. Andreas Schmitt.“
  • Patientin, 79 Jahre: „Ich muss regelmäßig zum Blutabnehmen zum Arzt. Da ist es schon besser, wenn der Arzt direkt vor Ort ist. Jetzt bin ich mit Dr. Fleck nach Walldürn gegangen. Mein Enkel oder meine Tochter werden mich künftig fahren.“
  • Patientin: „Ich finde es sehr schade, dass die Praxis in Sindolsheim geschlossen hat. Ich war schon immer bei Dr. Fleck – seit er hier angefangen hat. Wenn eine Praxis vor Ort ist, dann ist das natürlich besser. So verbinde ich den Besuch in Walldürn künftig mit anderen Dingen: Einkaufen zum Beispiel. Für mich war es keine Option, zu den Ärzten nach Adelsheim zu wechseln. Das ist nicht mein Arzt. Schade finde ich es auch für die Apotheke in Sindolsheim. Das Zusammenspiel von Praxis und Apotheke war immer sehr gut. Jetzt ist zu befürchten, dass dort weniger los sein wird.“ nb

Mehr zum Thema

Medizinische Versorgung

Hausärzte im Neckar-Odenwald-Kreis: Droht die Unterversorgung?

Veröffentlicht
Von
Nicola Beier
Mehr erfahren
Ärztliche Versorgung

Nachfolger für Sindolsheimer Arztpraxis gefunden

Veröffentlicht
Von
Nicola Beier
Mehr erfahren
Medizinische Versorgung

Hausarztpraxis in Sindolsheim schließt zum 30. Juni

Veröffentlicht
Von
Nicola Beier
Mehr erfahren

Redaktion Im Einsatz für die Redaktionen Buchen und Sport

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke