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Rosenberg: „Magna PT setzt Mitarbeiter unter Druck“

Rund 1000 Teilnehmer versammelten sich am Dienstag zu einem Schweigemarsch mit Kundgebung in Rosenberg. Doch den Betriebsratsvorsitzenden ärgert, was im Vorfeld passiert ist: Er spricht von angedrohten Abmahnungen und Druck.

Von 
Nicola Beier
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Am Schweigemarsch durch Rosenberg nahmen am frühen Dienstagabend rund 1000 Personen teil. Sie wollten sich deutlich gegen die mögliche Schließung des „Magna PT“-Werks positionieren. © Nicola Beier

Rosenberg. Rund 1000 Menschen zogen am frühen Dienstagabend schweigend auf der Rosenberger Hauptstraße in Richtung Sportgelände. Sie hielten Fackeln, Fahnen und Transparente. Auf einem großen Plakat war zu lesen: „Magna Rosenberg vor dem Aus? Eine Region steht auf!“ Der Fackellauf wurde vom „Magna PT“-Betriebsrat und der IG Metall organisiert. Die Magna-Mitarbeiter, deren Familienmitglieder und sich solidarisierende Bürger wollten so einmal mehr auf die angespannte Lage des Rosenberger Werks aufmerksam machen. Mit dabei waren auch zahlreiche Mitarbeiter umliegender Firmen: beispielsweise „Magna Spiegel“ aus Assamstadt, AZO aus Osterburken, Bartec aus Bad Mergentheim oder VS aus Tauberbischofsheim.

Der Fackellauf startete um 17.30 Uhr an den Werkstoren und zog sich durch den Ort bis zum Sportgelände. Vorneweg wurde ein Krankenbett geschoben, mit der Aufschrift: „Keine lebenserhaltenden Maßnahmen in Aussicht“.

Hat Magna versucht, Druck aufzubauen?

Als die Menge am Festplatzgelände ankam, schallte „Highway to hell“ von ACDC aus den Lautsprechern – ein Wunsch des Betriebsratsvorsitzenden Lothar Harlacher. Es schloss sich eine Kundgebung mit mehreren Rednern an.

Auf dem Festplatz nahe des Sportgeländes fand im Anschluss an den Fackellauf eine Kundgebung statt. © Nicola Beier

Harlacher stellte direkt zu Beginn eines klar: „Dieser Fackellauf mit Kundgebung ist nur eine weitere Stufe auf der Eskalationsleiter.“ Es soll weitere Aktionen geben: „Wir werden weiter eskalieren und nicht aufgeben, bis das Spiel zu Ende ist“, versicherte er den Teilnehmern. Er war sichtlich stolz auf seine Belegschaft, die mit der Teilnahme „Mut“ beweise. Und das obwohl im Vorfeld so einiges passiert war, das Harlacher sehr verärgert hatte: „Magna hat versucht, den Betriebsrat und die Spätschicht unter Druck zu setzten“, verkündete er.

Magna drohte mit flächendeckenden Abmahnungen

Die Spätschicht wollte am Dienstagabend ebenfalls bei der Kundgebung teilnehmen. Daraufhin habe die Geschäftsführung „flächendeckende Abmahnungen angekündigt“, sollten Mitarbeiter während der Arbeitszeit zur Kundgebung gehen. „Die Teamleiter und Meister haben auf die Beschäftigten eingeredet. Das ist absolut unter der Gürtellinie – vollkommen niveaulos“, schimpfte er in Richtung „Magna PT“-Geschäftsführer Sandro Morandini. Dennoch haben sich ein paar Mitarbeiter nicht abschrecken lassen und sind zur Kundgebung gekommen.

Deshalb sind keine Streiks während der Arbeit möglich

  • Harald Gans, erster Bevollmächtigter der IG Metall Tauberbischofsheim, erklärte bei der Kundgebung, wieso Warnstreiks während der Arbeitszeit momentan nicht möglich seien.
  • „Für einen Warnstreik bedarf es einer Tarifforderung“, erläuterte Gans. Davon sei man allerdings weit entfernt, weil die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in der Fläche „geschlossen sind“.
  • Deshalb können keine Forderungen ausgesprochen werden, die einen der Verträge betreffen.
  • Eine andere Möglichkeit sei einen Sozialtarifvertrag zu fordern. Das ginge jedoch erst, wenn der Arbeitgeber erklärt, dass es um eine Betriebsänderung gehe. Das sei bisher nicht eingetreten. nb

Harlacher forderte die Geschäftsführung erneut zu „ernsthaften Gesprächen“ auf und erneuerte seinen Wunsch, dem Betriebsrat und der Gewerkschaft zwischen 18 und 24 Monaten Zeit einzuräumen, um einen Transformationsprozess anzustoßen.

„Wir wollen unsere Arbeitsplätze behalten. Die Region soll die Kaufkraft behalten“, machte er einmal mehr deutlich.

Doch die Geschäftsführung sei bisher nicht zu Gesprächen bereit gewesen. „Wir sind ein Auslaufmodell. Magna fährt das Werk bewusst an die Wand. Aber warum?“, wollte der Betriebsratsvorsitzende wissen. Schließlich sei die Belegschaft top ausgebildet, bestehe zu fast 100 Prozent aus Fachkräften und sei hochmotiviert.

Gespräch mit "Magna PT"-Geschäftsführung am 6. März

Wie Harald Gans, erster Bevollmächtigte der IG Metall Tauberbischofsheim, später hinzufügte, habe die Geschäftsführung für den 6. März einen Gesprächstermin mit Betriebsrat und Gewerkschaftsvertretern angesetzt. Was genau besprochen werden soll, sei bisher jedoch nicht bekannt.

Harlacher äußerte letztlich auch den Wunsch in Richtung IG Metall, in Zukunft nicht nur Aktionen in der Freizeit der Beschäftigten zu starten, sondern auch während der Arbeitszeit zu veranstalten. So wären die Auswirkungen auf das Rosenberger Werk noch spürbarer. Harald Gans erklärte daraufhin, warum dies nicht so einfach sei (siehe Infobox).

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Birgit Adam von der IG Metall brachte die Magna-Grundsätze ins Spiel. In der Firmen-Charta sei die Rede von „Engagement“, „Ehrlichkeit und Integrität“, „respektvoller, offener und ehrlicher Kommunikation“ und dem „Prinzip der offenen Türen“. All das lasse „Magna PT“ in Bezug auf das Werk und dessen Mitarbeiter vermissen. Es scheine sich niemand aus der Führung für den Standort zu interessieren. „Geben Sie Rosenberg eine Chance!“, forderte sie die Geschäftsführung auf.

Diese Folgen ergeben sich durch die möglische Schließung für Rosenberg

Bürgermeister Ralph Matousek ging auf die fatalen Folgen der Schließung für Rosenberg und die Region ein: „Junge und engagierte Menschen würden die Gemeinde verlassen, eine Überalterung der Gesellschaft und ein Rückgang der Bevölkerung würden eintreten, öffentliche Einrichtungen wären nicht mehr ausgelastet und die Wirtschaftsleistung in einem Ort würde sinken. Die Folgen wären für Handwerk, Dorfladen und Gastronomie spürbar.“ Außerdem drohe zunehmender Leerstand. Ein schleichender Verfall wäre die Folge. Ein weiteres Problem sei, dass Baden-Württemberg die Automobilindustrie nicht durch Subventionen unterstützen dürfe. „Das ist ein großer Standortnachteil. Das muss geändert werden“

Letztlich ergriffen auch Sabine Maurer, Betriebsratsvorsitzende von „Magna Spiegel“ in Assamstadt, und Christian Gehrig, Betriebsratsvorsitzender von AZO aus Osterburken, das Wort. Auch sie zeigten sich sichtlich enttäuscht, wie in Rosenberg mit den Beschäftigten umgegangen werde. „Ich könnte kotzen“, sagte Gehrig zu den Drohungen gegenüber den Spätschichtmitarbeitern. Und Maurer erklärte: „Das Prinzip der offenen Türen gibt es auch in Assamstadt – wenn man keine Probleme hat.“ Sie blickte auf die Strategie von Magna, wonach immer mehr Werke im Ausland eröffnet und die deutschen geschlossen werden. „Kein Mitarbeiter kann sich sicher sein“, ob das eigene Werk noch lange bestehe.

Die Zukunft des Rosenberger Magna-Werks ist ungewiss, weil zwei von vier Produkten demnächst auslaufen. Das führt zu einer Unterauslastung des Standorts und damit womöglich zur Schließung. Demzufolge würden die aktuell rund 350 Mitarbeiter ihre Jobs verlieren.

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