Bauernverband Neckar-Odenwald-Kreis - Ministerialdirigent Dr. Konrad Rühl sprach über die EU-Agrarpolitik / Zahl der Vollerwerbslandwirte unter 250

Preisdruck und Auflagen belasten Landwirte im Neckar-Odenwald-Kreis

Von 
mb
Lesedauer: 
Ministerialdirigent Dr. Konrad Rühl, Leiter der Abteilung 2 im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, sprach bei der Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbands über Agrarpolitik, Biodiversität und Wasserschutz. © Martin Bernhard

Merchingen. Die Mitgliederversammlung des Bauernverbands Neckar-Odenwald-Kreis fand am Freitagabend an einem ungewöhnlichen Ort statt: Wegen der Corona-Vorschriften trafen sich die Landwirte in einer Maschinenhalle ihres Vorsitzenden Albert Gramling auf dem Dörnishof in Merchingen.

Gramling informierte seine Gäste zunächst über die Geschichte seines Hofs. Der frühere Gutshof von Götz von Berlichingen befinde sich seit dem Jahr 1925 in Familienbesitz. Davor gehörte er der Stadt Mannheim, die ihn für die Milchproduktion nutzte. Anschließend ging Gramling auf aktuelle Herausforderungen für die Landwirte ein. Er nannte die neue Düngeverordnung und die Vorschriften zur Haltung von Nutztieren. Organisiert von der Initiative „Land schafft Verbindung“ seien sie auf die Straße gegangen und hätten demonstriert.

Auch Gramling hatte mit einem Unimog in Berlin gegen die Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung protestiert. Ein Brief, den er an Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) geschickt hatte, sei unbeantwortet geblieben. Gramling wies auf die Marktmacht der vier führenden Lebensmitteleinzelhandelskonzerne in Deutschland hin. Landwirte müssten bei steigenden Kosten für sinkende Preise produzieren. Außerdem machten ihnen Biber und Wolf Probleme. Die Verbraucher dagegen seien nicht bereit, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben.

Mehr zum Thema

Regional-Tafel 2021

„Mehr auf regionale Angebote besinnen“

Veröffentlicht
Von
Klaus T. Mende
Mehr erfahren
Gemeinschaftsgarten

„Toll, dass es vorangeht“

Veröffentlicht
Von
Inge Braune
Mehr erfahren

Positiv bewertete Gramling, dass man das Volksbegehren „Pro Biene“ ausgebremst habe. „Sonst wäre auf einem Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche keine Landwirtschaft mehr möglich gewesen“, sagte er. Er freute sich über die Zusammenarbeit mit dem Verein „Rehkitzrettung Buchen“ und appellierte an seine Berufskollegen, sich finanziell an einer Initiative beteiligt, die Radiowerbung für die Landwirtschaft macht.

Ravensteins Bürgermeister Ralf Killian begrüßte die Bauernverbandsmitglieder und stellte seine Stadt kurz vor. Außerdem erläuterte er, wie sehr sich die Landwirtschaft in den vergangenen 50 Jahren verändert habe. In gewohnt launiger Weise begrüßte Landrat Dr. Achim Brötel im Auftrag von Kreistag und Landkreisverwaltung die Landwirte. „Einen authentischeren Ort für die Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbandes als einen landwirtschaftlichen Betrieb, noch dazu den des Vorsitzenden, könnte es aber ja in der Tat auch gar nicht geben“, stellte er fest. Er lobte die Landwirtschaft, „die auch in der Krise ihre unverzichtbare gesellschaftliche Funktion hervorragend erfüllt“ habe. So hätten auch während der Pandemie Mitarbeiter der Landkreisverwaltung 372 Mal den Tierschutz kontrolliert und nahezu nichts beanstanden können.

Mehr Wertschätzung

Brötel wünschte sich, dass die Arbeit der Landwirte besser wertgeschätzt und besser bezahlt würde. „Man kann nicht immer neue Restriktionen und Auflagen erlassen, ohne den gesamtgesellschaftlichen Nutzen angemessen zu vergüten“, stellte der Landrat fest. Landwirtschaft sei mehr als Lebensmittelproduktion. Die Landwirte sorgten auch für die Pflege der Kulturlandschaft und den Umweltschutz.

Der Landrat erinnerte an den nassen und kalten Sommer sowie einen frühen Frost, die bei den Landwirten für Ertragseinbußen gesorgt hätten. Außerdem sieht er Verbesserungspotenzial dabei, Felder vor Starkregenereignisse zu schützen. Zum Schluss seiner Ansprache dankte Brötel den Landwirten und den Verantwortlichen des Bauernverbands für eine gute Zusammenarbeit.

Geschäftsführer Andreas Sigmund blickte auf die Geschäftsjahre 2019 und 2020 zurück. Nach seinen Worten sind derzeit in der Geschäftsstelle des Bauernverbands vier Personen beschäftigt, drei davon als Halbtagskräfte, er als Geschäftsführer mit einer 60-Prozent-Stelle. Sigmund erinnerte an Veranstaltungen im Jahr 2019, zum Beispiel an eine Autorenlesung, den Berufswettbewerb, eine Demonstration in Landau, den Feldtag mit Imkern, die „Gäserne Produktion“ auf dem Betrieb Kunzmann, die Erntedankfeier, die Auftaktveranstaltung zur Biomusterregion und an die Mitarbeit am Naturparkplan.

Wegen der Corona-Krise mussten im Jahr 2020 viele Veranstaltungen ausfallen. Eine Fahrt nach Berlin zur Grünen Woche habe allerdings noch stattfinden können. Das Tagesgeschäft in der Geschäftsstelle sei von der Interessenwahrnehmung der Mitglieder geprägt sowie von Beratungen in vielen Rechtsbereichen. Schwerpunkte nähmen Beratungen zur Hofübergabe ein.

Der Kreisbauernverband verfügte zum Jahresende 2020 über 1097 Mitglieder, davon besäßen rund 400 keine Flächen mehr. Die Zahl der Vollerwerbslandwirte im Verband liege unter 250, sagte Sigmund. Auch er lobte die Zusammenarbeit mit dem Verein „Rehkitzrettung Buchen“.

Anschließend hielt Ministerialdirigent Dr. Konrad Rühl, Leiter der Abteilung 2 im Ministerium für Ländlicher Raum und Verbraucherschutz, einen Vortrag über die „Gemeinsame Agrarpolitik“ (GAP) der EU sowie über Biodiversität und Wasserschutz. Dabei ging er auf die Möglichkeiten von Landwirten ein, Fördergelder für unterschiedliche Maßnahmen zu beantragen. „Sie sind alle in diesem Thema schon sehr gut unterwegs“, stellte er fest. „Ich rechne damit, dass die Landwirte in Baden-Württemberg von den neuen Regelungen profitieren werden.“ mb

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten