Regional-Tafel 2021 - Interessante Diskussionsrunde unter dem Motto „Landwirtschaft – Ländlicher Raum – Ernährung“ / „Aufbruch in der Ernährung“ gefordert

„Mehr auf regionale Angebote besinnen“

Von 
Klaus T. Mende
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Bei der Regional-Tafel 2021 am Dienstag im Carmen-Würth-Forum in Gaisbach diskutierten (von links) Jürgen Maurer (Bauernverband Hohenlohe/Schwäbisch Hall/Rems-Murr), Steffen Ueltzhöfer (Edeka), Adelheid Andruschkewitsch (Bioland-Restaurant „Rose“, Vellberg), Moderator Uwe Ralf Heer, Professor Dr. Nicole Graf (DHBW) und Andreas Dürr (Touristikgemeinschaft Hohenlohe) zum Thema Landwirtschaft – Ländlicher Raum Ernährung“. © Klaus T. Mende

Gaisbach. Die Regional-Tafel 2021 der Bürgerinitiative „Pro Region Heilbronn-Franken“ am Dienstag im Carmen-Würth-Forum in Gaisbach stand unter dem Motto „Landwirtschaft – Ländlicher Raum – Ernährung“. Fünf Experten aus den Bereichen Landwirtschaft, Tourismus, Gastronomie, Hochschule und Lebensmittelhandel führten unter der Leitung von Uwe Ralf Heer eine interessante Diskussion über den Ist-Zustand der Region – und warfen einen Blick in die Zukunft. Einziges Manko: Vertreter und Mandatsträger aus dem Main-Tauber-Kreis, ebenso Region Heilbronn-Franken zugehörig, blieben zumindest bei diesem Event komplett außen vor.

Zusammenspiel als Erfolgsgarant

Friedlinde Gurr-Hirsch, neue Vorsitzende der Bürgerinitiative, betonte in ihren einführenden Worten die Bedeutung von Heilbronn-Franken auf den Gebieten Agrar, Ernährung, Kultur, Gastronomie und Tourismus. Sie bezeichnete diese Symbiose unterm Strich als Erfolgsgarant dafür, dass die Region solch eine große Leuchtkraft habe. Damit dies auch künftig so bleibe, sei jeder Einzelne angesprochen, seinen ganz persönlichen Beitrag zu leisten, um das Ganze in erfolgreiche Bahnen zu steuern. Denn es täten sich vereinzelt auch Hindernisse wie der Klimawandel und der Verlust der Artenvielfalt auf, die sich als Risiko herauskristallisieren könnten. Sie plädierte für einen „Aufbruch in der Ernährung“ und einem Ende der Lebensmittelverschwendung. „Wir brauchen eine lokale Agenda und sollten eine Vorreiterrolle bei der ökologischen Landwirtschaft einnehmen.“

Einiges zu ändern

Die anschließende Diskussionsrunde zeigte dann auf, dass sich einiges gewaltig ändern müsse – und wohl auch werde –, um die Region Heilbronn-Franken auf allen Feldern weiterzuentwickeln.

Jürgen Maurer (Bauernverband) sieht den Ansatz, auf mehr Biodiversität aus zu sein, als durchaus richtigen Weg. Er hoffe für sich und seine Mitstreiter allerdings auch über 2022 hinaus auf die (finanzielle) Unterstützung von Politik und anderen Stellen, wenn die Förderung für Biomuster-Regionen auslaufe. Er sei aber kein Freund davon, voll und ganz auf die ökologische Karte in der Landwirtschaft zu setzen. Denn konventionelle Betriebe seien bei der Biodiversität genau so gut unterwegs wie ihre Bio-Kollegen. Maurer führte weiter aus, dass es „zur kurz gedacht ist, die Landwirtschaft als Klimakiller zu bezeichnen“. Sie sei nicht die Ursache, sondern die Lösung hierfür. Für die Zukunft wünsche er sich nicht mehr so viele Vorschriften, die Landwirte müssten mitgestalten.

Für Stefan Ueltzhöfer ist es als Lebensmittelhändler wichtig, die Kunden zu sensibilisieren und mit ihnen in eine offene Kommunikation zu treten. Sie sollten frei entscheiden können, aber er habe einen Trend hin zu viel mehr Regionalität ausgemacht. Je größer die Vielfalt sei, desto leichter lasse sich das Kaufverhalten ändern. Im Zuge einer „fairen Partnerschaft“ innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette sei es wichtig, rauszufinden aus der steten Preisdiskussion. Von der Politik wünsche er sich mehr als nur Lippenbekenntnisse. Auch für seine Branche seien die vielen Vorschriften lästig und schädlich – da gebe es einige „perverse Dinge“.

Fachliches Wissen erforderlich

In ihrem Lokal in Vellberg, so Adelheid Anduschkewitsch, sei man längst dazu übergegangen, „die Speisekarte nach dem auszurichten, was die Bauern uns liefern“. Bei den Gästen habe sie eine Neuausrichtung erkannt. Sie hätten ein anderes Bewusstsein entwickelt, „wollen richtige Antworten – etwa zum Erzeuger oder wie es im Haus verarbeitet wird“. Fachliches Wissen gewinne zunehmend an Bedeutung. Die Gäste würden gerne das auf dem Teller haben, was sie in der Region draußen sähen. Auch sie monierte die viele Bürokratie und die zahlreichen Theoretiker, die am Werk seien – aber von der Arbeit an der Basis keine Ahnung hätten. Sie wünsche sich stattdessen einen funktionierenderen Austausch von oben nach unten: „Wir haben zwar nicht die hohe Schuldbildung, aber ganz so blöd sind wir dann auch nicht.“

Hoher Stellenwert

Für Professor Dr. Nicole Graf haben bei der Produktion von Lebensmitteln die 4G (Gesundheit, Genuss, Glaubwürdigkeit, Gewissen) einen hohen Stellenwert. Um hierbei nicht in einer Sackgasse zu landen, sei es erforderlich, „die Erzeugungsfaktoren auch im Ausland im Auge zu behalten“. Für sie sei die Corona-Pandemie eine Chance, „sich wieder mehr auf das regionale Angebot zu fokussieren und zu besinnen“. „Ich sehe die Region jetzt mit ganz anderen Augen“. Ihre Hoffnung sei, die Entwicklung in Sachen bewusster Ernährung nachhaltig unter die Lupe zu nehmen, um so noch mehr Bevölkerungsschichten zu erreichen und dafür zu sensibilisieren – vor allem auch die sozial Schwächeren.

Für den touristischen Sektor sieht Andreas Dürr die Komponenten Essen, Trinken und Nachhaltigkeit als wegweisend, um als Genussregion noch besser Fuß zu fassen, als es bislang schon der Fall sei. Er bezeichnete die Möglichkeiten, die Heilbronn-Franken im Angebot habe, als „vielfältig“. Und er habe bei den Gästen einen Sinneswandel erkannt. Früher habe es über Hohenlohe geheißen, „das ist da, wo die Schrauben herkommen“. Heute hingegen sagten sie, Hohenlohe sei dort, „wo die Schweine herkommen . . .“ Befragt nach seinem persönlichen Wunsch für die kommende Zeit, bekräftigte Dürr seine Forderung nach einem eigenen Tourismusministerium in Baden-Württemberg.

Jeder Einzelne gefragt

Schlussendlich könne jeder Einzelne seinen Beitrag dazu leisten, die Region Heilbronn-Franken auch künftig so zu positionieren, dass sie das bleibe, was sie bereits sei, so der einhellige Tenor: ein Aushängeschild auf allen Gebieten.

Die Diskussionsteilnehmer

Adelheid Andruschkewitsch (Bioland-Restaurant „Rose“, Vellberg).

Andreas Dürr (Tourismusgemeinschaft Hohenlohe).

Professor Dr. Nicole Graf (DHBW).

Jürgen Maurer (Bauernverband Hohenlohe/Schwäbisch Hall/Rems-Murr).

Steffen Ueltzhöfer (Edeka Ueltzhöfer).

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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