Oberstetten

Oberstetten: Komödie „Zu früh getraut“ bietet beste Unterhaltung

Eine rasante, urkomische und punktgenau inszenierte Komödie unter der Regie von Florian Brand bietet der Theaterverein ho-ho-hoffentlich aus Oberstetten mit „Zu früh getraut“ von Klaus Mitschke.

Von 
Inge Braune
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Nonne, zwei Mütter und ein Schwiegersohn, dazu Floh, Vater, Braut und ein noch immer nicht ganz wieder hergestellter Standesbeamter: Die acht Akteure sorgen bis zum Schluss für jede Menge Chaos. © Inge Braune

Oberstetten. Na, das geht ja gut los! Die Teilnehmer der Junggesellenabschieds-Fete (Moritz Gröber, Emanuel Haag, Florian Haag, Hannes Klingert, Maik Langer, Lukas Martin, Tim Schürger, Benjamin Wagner) tourt mit dem angehenden Bräutigam David (Frank Dimler) wild durch den Oberstettener Gemeindesaal, wird auf der Bühne tolldreist trunkener, und aus der Torte springt was Nettes.

So eine Sause bleibt nicht ohne Folgen: Gerd (Tobias Weihbrecht gibt ihn herrlich trocken kommentierend, persiflierend und dem Nervenzusammenbruch im Verlauf des Stücks immer näher kommend), einziger Freund, der der Fete durch widrige Bahnverbindungen fern und somit nüchtern blieb, findet am Morgen David in völlig derangierter Bude und ebensolchem Zustand vor. Und nicht nur das: Auch eine fremde Hübsche. Plus Ehestandsurkunde. Das kann ja heiter werden!

Wie bitte soll er David, immerhin ist Wochenende und Vortag von dessen geplanter Hochzeit mit Vanessa (Hanna-Marie Leyrer geht in dieser Rolle durch fast jede denkbare bräutliche Tiefe), vor der zu erwartenden Rache von Braut und In-spe-Schwiegermutter schützen? Viel ist mit dem Verkaterten (unglaublich, wie Frank Dimler sämtliche Gefühlsweltnuancen in teilweise sekündlichem Wechsel auf die Bühne bringt) noch nicht anzufangen, und seine Ideen zur Bereinigung entstandener Flurschäden lassen an Bodenhaftung zu wünschen.

Immerhin: Mit Flora – kurz Floh Blume, der der Hochzeitstorte entsprungenen Schönen (Marie Klemmer zeigt sich als wunderbar wehrhafte Realistin, die sich gekonnt mit allfälligen Überraschungen arrangiert) – kann David die Sachlage noch recht schnell klären. Wie aber mit Vanessa, die eigentlich vom Bräutigam ordentlich Unterstützung bei den in der Alten Turnhalle laufenden Hochzeitsvorbereitungen erwartet?

Dass Flora Blume (Marie Klemmer) jede Menge Power hat, erlebt nicht nur Davids Freund Gerd (Tobias Weihbrecht) hautnah. © Braune

Und wie erklärt man die Situation dem unverhofft aus dem Hippie-Seniorendomizil auftauchenden Vater Martin, der natürlich (Gerd Kudec schlüpft perfekt in die Rolle des Take-it-easy-Späthippies) die in der Wohnung herumgeisternde Floh für die angehende Schwiegertochter halten muss? Am besten schnell – oder doch lieber gar nicht? Was tun, wenn das vertrauliche Vater-Sohn-Gespräch in völlig falsche Bahnen rutscht? Was, wenn der Freund und Standesbeamte Paul (Patrick Schürger mimt überzeugend den etwas begriffsstutzigen, zudem noch restalkoholisierten Wortspar-Perfektionisten, der hin und wieder am surrealen Wandgemälde Halt sucht) der Braut als wahrer Psychopath erscheint und mit Brautmutter Wessbecher (Bärbel Reinhard geht gewaltig mit dem Schwiegersohn in spe ins Gericht) nicht gerade zimperlich verfährt?

Was, wenn man sich schlicht immer ein paar Sekunden zu spät über die Katastrophenbegrenzungspläne einigt und was, wenn dann mit Frau Blume (Petra Hub alarmiert überzeugend schlicht jede irgend erreichbare Sicherheits- und Rettungsstelle) auch noch Flohs Mutter in der mittlerweile zum kompletten Irrenhaus gewordenen Junggesellenbude aufschlägt?

Da werden Verwandtschaften erfunden, häuft sich eine skurrile Ausrede auf die nächste, erscheinen Kletterpartien zwingend, da werden Föhn und Türklinke zum Waffenarsenal und es wird auch schon mal für einen nicht vorhandenen Hamster eine nicht vorhandene Krankenschwester gerufen.

Kurzum: Es ist ein komplett irres, aberwitzig turbulentes Spektakel, was die acht „ho-ho-hoffentlich“-Akteure in dieser Theatersaison unter der Regie von Florian Brand mit Klaus Mitschkes Komödie „Zu früh getraut“ auf die Bühne zaubern.

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Sie tischen ein mit kleinen regionalen und globalen Bezügen – Netzausbau und Bürgermeister-Chaos, Klimakrise und Ukrainekrieg – gewürztes, durch flinken Wortwitz und flirrende, gestisch, mimisch und stimmlich gekonnt gefeilte Situationskomik überaus lebendiges Theatervergnügen auf. Bei derart rasantem Spiel müssen sich Regisseur und Mimen auf gute Regieassistenz und eine präsente Souffleuse verlassen können. Susanne Stürnkorb und Johanna Fleck unterstützten das Team perfekt. Ebenso perfekt konnte sich Regisseur Florian Brand beim Bühnenbau auf Hans-Dieter Weihbrecht und Tim Schürger sowie bei der Ton- und Lichtgestaltung auf Marc Dimler, Mike Habel und Martin Scheu verlassen.

Ohne Maske und Requisite läuft nichts beim Theater: Sybille Schröder und Verena Weihbrecht sorgen als „Team Maske“ für den perfekten Auftritt, Bärbel Reinhard und Susanne Stürnkorb als Requisiteurinnen dafür, dass vom Konfettiregen bis zur Maxi-Hochzeitstorte am Platze und zur Hand ist, was die Truppe fürs mitreißende „Zu früh getraut“-Spiel braucht.

Dass das Zusammenspiel auf und hinter der Bühne auch nach der Corona-Zwangspause stimmt, haben alle gemeinsam mit Florian Brand, der nach seinem Wechsel nach Hildesheim voraussichtlich letztmals die ho-ho-hoffentlich-Regie führte, unter Beweis gestellt. Das Publikum jedenfalls quittierte die Leistung mit reichlich Gelächter sowie immer wieder aufflackerndem Szenen- und kräftigem Schlussapplaus. Bei entsprechender Nachfrage ist die Truppe bereit, am Sonntag, 27. Januar, um 20 Uhr eine Zusatzaufführung anzubieten.

Karten für diese und die ohnehin geplanten Aufführungen an den Samstagen (14., 21. und 18. Januar, Beginn 20 Uhr) und den beiden Sonntagen (15. und 22. Januar, Beginn 16.30 Uhr) können montags bis freitags von 18 bis 10 Uhr telefonisch (07932/606284) angefragt werden. Der Saal wird jeweils eine Stunde vor Aufführungsbeginn geöffnet.

Als Zusatzschmankerl gibt’s bei den beiden Sonntagnachmittags-Vorstellungen bereits ab 15 Uhr die Möglichkeit zum gemütlichen Kaffeeklatsch.

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