Niederstetten. Dass sie heuer enormes Glück mit ihrem Rossmarkt haben, wussten die Niederstettener direkt. Nur einen Tag nach der enormen Glätte mit unzähligen Unfällen in der Region hatte sich das Wetter wieder beruhigt. Für einen Januartag kann man sogar fast von Kaiserwetter sprechen: Mit ein paar Grad ’über Null’ relativ warm und sonnig präsentiert sich Niederstetten pünktlich zum Rossmarkt von seiner besten Seite.
Sich von der besten Seite präsentieren – das wollen traditionell auch die vielen stolzen Pferdebesitzer aus Nah und Fern bei der Prämierung auf dem Frickentalplatz. Und das ist gelungen, soviel erkennt man sofort. Glänzende, teils liebevoll verzierte Tiere tummeln sich dort zur Prämierung.
Die Bandbreite ist enorm: Von Eseln und Ponys bis hin zu den mächtigen Kaltblütern – sie alle dürfen sich einer fachkundigen Jury stellen, welche die Tiere in mehreren Rundgängen genauestens in Augenschein nimmt und am Ende viele verdiente Preise und Sonderpreise an die stolzen Besitzer verteilt.
Doch auch abseits der Pferdeprämierung ist der Rossmarkt überregional beliebt. Sehen und gesehen werden, sich früh im neuen Jahr begegnen und bei einem Glühwein noch ein bisschen Winterstimmung nach den zahlreichen zurückliegenden Feiertagen genießen – diese Mischung lockt traditionell zahlreiche Besucher an.
Ebenso gut besucht ist der Rossmarktempfang in der Alten Turnhalle. Bürgermeisterin Heike Naber nutzt diesen Empfang für eine Rede mit allzu deutlichen Worten in Richtung der großen Politik und – in deutlichem Kontrast – eher leisen Tönen für das Kommunale. Das ist insofern schon eine gewagte Entscheidung, als dass allein drei Abgeordnete aus Land- und Bundestag der Rede Nabers lauschen.
Naber mit Mischung aus Neujahrs- und Büttenrede
Klar, für einen normalen Neujahrsempfang mit entsprechender Rede ist es beim Rossmarkt Mitte Januar fast schon zu spät. Also entscheidet sich Naber für eine Mischung aus Neujahrs- und Büttenrede. Diese klingt stellenweise wie die Rede eines CDU-Politikers, alle Parteien kriegen mit teils derben Worten ihr Fett weg. Die Grünen „eine ganze Generation von Ausbildungsabbrechern“, das BSW keine Partei, sondern Führerprinzip und die AfD ein Haufen „Irrer und Faschisten“ – da lacht nicht jeder.
Lokales bleibt, wie bereits erwähnt, eher im Bereich der Andeutungen. Fast wäre es dabei jedoch interessant geworden. Mit Blick auf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und dessen Anzeigenflut gegen Kritiker lässt sie sich zu Folgendem hinreißen: „Habeck hat 800 mal Anzeige erstattet. In Niederstetten – ach nein, dieses Thema wollte ich aussparen...“ Das hätte man auch auf lokaler Ebene fortführen können – Naber wird gewusst haben, wieso sie das dann doch nicht will.
Vielleicht auch um den Vorwurf der einseitigen CDU-Nähe zu widerlegen, bekommt Friedrich Merz noch einen Seitenhieb ab. Denn klar, der Mann mit dem Privatjet kennt die Sorgen des kleinen Mannes natürlich bestens – so der ironische Vorwurf. Allerdings hofft Naber nun darauf, dass Merz mit seinem Privatjet auf dem privaten Flugplatz in Niederstetten landet und den Scheck zur Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen gleich mit dabei hat – wenn schon Bundestagsabgeordnete (und -kandidatin) Nina Warken diesen Scheck nicht überreichen kann.
Insgesamt lässt sich festhalten: Die Bürgermeisterin hält beim Rossmarktempfang eine deutlich (bundes-)politischere Rede als in den Vorjahren. Das mag auch damit zu tun haben, dass in diesem Jahr der Rossmarkt nur wenige Wochen vor der vorgezogenen Bundestagswahl Ende Februar stattfindet.
Womit sich wahrscheinlich auch erklären lässt, wieso neben CDU-Kandidatin Nina Warken mit Kevin Leiser (SPD) und dem grünen Landtagsabgeordneten Armin Waldbüßer gleich drei Politiker der Landes- und Bundesebene nach Niederstetten kommen. Denn für Politiker gilt natürlich ebenfalls: Beim Rossmarkt geht es auch ums sehen und gesehen werden.
Auch das Gegenteil davon – also das nicht gesehen werden – sorgte bereits für Gespräche, als im Vorjahr der Landrat mit Abwesenheit glänzte. Das tut er in diesem Jahr wieder, schickt allerdings in Person von Dr. Florian Busch zumindest seinen Stellvertreter für ein paar Grußworte.
Im Anschluss an Nabers Rede dürfen dann auch die Vertreter der Bundes- und Landespolitik ein paar Worte an die Zuhörer richten. Ganz so ausschweifend und vor allem kritisch wie Naber werden sie dabei nicht, wenngleich Landtagsabgeordneter Waldbüßer der Bürgermeisterin immerhin eine Bewerbung bei den Satiresendungen „heute-show“ oder „Extra 3“ vorschlägt. Wer weiß, vielleicht liegt hier die berufliche Zukunft Heike Nabers? Denn 2026 sind ja wieder Bürgermeisterwahlen in Niederstetten...
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