Nach aufsehenerregender Durchsuchung in Wildentierbach - Landratsamt nimmt auf FN-Anfrage hin Stellung zu Fragen des Waffenrechts und der behördlichen Kontrollen

Für Jäger gibt es beim Gewehr-Kauf keine Obergrenze

Fahnder finden 270 Zivil- und Kriegswaffen sowie 8000 Schuss Munition: Die Nachricht von einem Fall in Wildentierbach hat erschreckt. Wie konnte das Waffenlager so lange unentdeckt bleiben?

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Blick auf den Wildentierbacher „Waffenfund“ – im oberen Regalfach Kriegswaffen. Die Zollfahndung hat diese Gewehre beschlagnahmt. © Staatsanwaltschaft Ellwangen

Wildentierbach. Die Staatsanwaltschaft Ellwangen hat zusammen mit der Zollfahndung Stuttgart Ermittlungen gegen einen 69-Jährigen Rentner „aus einer Gemeinde im Main-Tauber-Kreis“ aufgenommen. Durch die groß angelegte Razzia mit zahlreichen Einsatzfahrzeugen vor einer Woche war der Ort des Waffenfunds schnell bekannt: Wildentierbach, ein Ortsteil von Niederstetten.

Gegenstand der Ermittlungen war zunächst der Verdacht einer zurückliegenden illegalen Einfuhr eines Sturmgewehrs und von Munition aus der Schweiz. Sturmgewehre sind automatische Kriegswaffen. Sie können viele Schüsse in schneller Folge abgeben – ganz anders als ein Jagdgewehr. Letztgenannte Waffen durfte der Beschuldigte als Jäger offiziell besitzen. Doch auch hier erschreckt die schiere Menge der Waffen, die der Mann offenbar zuhause und in „Geheimräumen“ gehortet hat. Die FN-Redaktion hat im Landratsamt Main-Tauber nachgefragt: Wie konnte der Besitz einer derartig großen Menge am Gewehren lange unentdeckt bleiben? Wie kann es sein, dass es jemandem gelingt, so viele Waffen zu besitzen, ohne dass die Waffenbehörde davon weiß?

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Markus Moll, Sprecher des Landratsamts: „Grundsätzlich erfahren die Behörden erst einmal nichts davon, wenn Waffen illegal erworben werden. Erst wenn konkrete Verdachtsmomente bestehen, können die Behörden tätig werden und gegebenenfalls einen Durchsuchungsbeschluss erwirken. Im Übrigen dürfen wir aufgrund des laufenden Strafverfahrens keine weiteren Angaben machen.“

Wie viele Waffen hatte dieser Waffenbesitzer offiziell angemeldet hat, wollten die FN ebenfalls wissen: Aus Datenschutzgründen könne die Behörde über die Anzahl der „offiziellen Waffen“ des Mannes nichts sagen.

Gibt es Kontrollen bei den Waffenbesitzern, ob ihre tatsächlich vorhandenen Waffen korrekt angemeldet sind? Moll: „Es werden verdachtsunabhängig Kontrollen über die sorgfältige Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition durchgeführt. Bei der Kontrolle werden der Waffenschrank und sein Inhalt überprüft und mit dem aktenkundigen Bestand abgeglichen.“

Kein Recht auf Durchsuchung

Der Waffenbesitzer habe bei solche Kontrollen der Waffenbehörde Zutritt zu den Räumen zu gestatten, in denen die Waffen und die Munition aufbewahrt werden. Die Waffenbehörde darf die Wohnräume aber „gegen den Willen des Waffenbesitzers nicht betreten. Sie hat grundsätzlich kein Recht zur Durchsuchung der Wohnung. Somit werden Waffen und Munition, die bei der Waffenkontrolle nicht im Waffenschrank oder im Sichtfeld des Kontrolleurs gelagert werden, von der Waffenbehörde nicht gefunden.“

Gibt es Obergrenzen dafür, wie viele Waffen eine Person legal besitzen darf, zum Beispiel ein Jäger? Hierzu das Landratsamt: „Inhaber eines Jagdscheines dürfen Langwaffen und zwei Kurzwaffen, die nicht nach dem Bundesjagdgesetz verboten sind, erwerben. Es gibt dabei keine zahlenmäßige Obergrenze für den Erwerb von Langwaffen, jedoch ist das Waffenhorten verboten.“

Ergänzend hierzu: Für Sportschützen gibt es zwei unterschiedliche Arten von Waffenbesitzkarten, auf welche unterschiedliche Arten von Waffen erworben werden dürfen. Die gelbe Waffenbesitzkarte ist seit 1. September 2020 auf den Erwerb von zehn Waffen beschränkt. Möchte der Waffenbesitzer Waffen auf die grüne Waffenbesitzkarte erwerben, muss für jede einzelne Waffe über den Schießsportverband ein Bedürfnis glaubhaft gemacht werden.

Fazit: Eine solche Fälle vermeidende oder aufdeckende Kontrolle ist für Behörden wie das Landratsamt erst einmal nur sehr schwer möglich – vor allem wenn ein Waffenbesitzer sich Gewehre und Pistolen illegal besorgt. Bei Verdacht sind Polizei und Staatsanwalt am Zug. Einzig was auch offiziell angemeldet und amtlich registriert ist, muss der Waffenbehörde bei Kontrollen auch gezeigt werden. Und: Jäger können prinzipiell so viele Gewehre („Langwaffen“) kaufen, wie sie wollen – doch wo fängt das „Horten“ an?

Fall Wildentierbach: „Der Fund überstieg dann doch jede Auffindevermutung der Beamten. Viele der aufgefundenen Waffen waren geladen. Einige der geladenen Kurzwaffen befanden sich versteckt in speziell dafür präparierten Büchern“, so die Ermittlungsbehörde. Das Geschilderte dürfte auf jeden Fall illegal sein; der Erwerb und Besitz von Kriegswaffen ist es sowieso. Über die Hintergründe der ausufernden „Sammelleidenschaft“ des Mannes wird wohl erst eine Gerichtsverhandlung Aufschluss geben.

Die Strafandrohung ist bei illegalem Waffenbesitz erheblich: Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer (...) Schusswaffe(n) zum Verschießen von Patronenmunition (...) erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt (Paragraf 51 Waffengesetz, Strafvorschriften). Jäger werden bei der Ausbildung in Belangen des Waffenrechts geschult – sie sind also grundsätzlich sachkundig.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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