Mudau. „Mudi hot immer no Dampf“ hatte sich die Karnevalsgesellschaft der Mudemer Wassersucher im sentimentalen Gedenken an die Einführung des geliebten Entenmörders vor 120 Jahren und seine Stilllegung 60 Jahre später auf den Orden 2024/25 geschrieben. Doch damit nicht genug, präsentierten die Wassersucher am Wochenende gleich zweimal ihren hochmodernen und überaus niveauvollen Bahnhof mit unglaublich freundlichem Personal am großräumigen Ticketschalter ebenso wie bei Betreten des Zuges.
Bahnhofsvorsteher Helmut „Hembel“ Korger jr. höchstpersönlich erläuterte Abteile, Toilettennutzung und Schlafwagen. Doch damit nicht genug, bewiesen die Mudemer Bähnler auch noch märchenhafte Pünktlichkeit mit einem überaus engagierten Personal, und in Folge mit unglaublich gut gelaunten Menschen, die den Kundenservice - darunter stimmungsvolle Musik durch die eingespielte örtliche Kapelle unter Leitung von Rally Müller – sichtlich genossen, mitsangen und -schunkelten.
Sogar die Präsidenten Angelo Walter und Daniel Schäfer hatten sich als Fahrkartenkontrolleure unters Personal gemischt, um freundlich, aber humorvoll bestimmend, für einen reibungslosen Fahrplan zu sorgen. Das gelang den beiden versierten und ideenreichen Moderatoren wie gewohnt mit Bravour über das fast fünfstündige Spektakel mit jeder Menge „La Ola“, Zugabe-Rufen und Standing Ovations, die zweifelsfrei bestätigten: „Mudi hot immer no Dampf!“
Angeführt von Wassersucher Noby Münch und der närrischen Regentschaft mit Nachnamen Lenz fuhr der kaum enden wollende Narrenzug der Wassersuchergruppen und befreundeter Abordnungen in den Narrentempel ein. Und Ihre Lieblichkeit Prinzessin Nadine II. aus bekannter Mudemer Familie und seine Tollität und „bester Schrauber Mudaus“ Prinz Steffen I. mussten sich kaum mehr vorstellen. Sogar Bürgermeister Dr. Norbert Rippberger war mit dieser Machtablösung aus familiären Banden einverstanden und überreichte Macht, leere Gemeindekasse, Wahlverantwortung und Rathausschlüssel gern.
Selbstverständlich durfte auf dem hochmodernen Bahnhof „Lokomitvführer“ Luca Grimm – der Modeschöpfer des letzten Jahres – nicht fehlen, der sich in Rekordzeit zum Bütten-Star entwickelt hat und dem nichts im Ort entgangen war, weder dass viele das Auto als Schienenersatzverkehr nutzen, noch die marode Technik der Odenwaldhalle – einst hochmodern gebaut für heute alte Herren und bald ein Denkmalsschmuckstück in zentraler Ortskernlage. Er lobte den schwungvollen Dirigentenwechsel beim Musikverein, die Glanz-Allee der Ortsmitte mit Zweifel an deren glanzvoller Zukunft und warnte Waldbrunn, dass sie den Odenwälder Höhenrekord bald an den Mudauer Golfplatz verlieren. Froh war er, dass die Ampel vor und nicht im Rathaus zu finden ist, meinte aber, dass in Sachen Ärztehaus und Vereinsförderung noch viel Luft nach oben ist. In der lautstark geforderten Zugabe kam heraus, dass sich der Gemeindename nach der schwierigen Reform aus „Mud“ und dem „au“ von Schloßau zusammensetzt.
Dann fuhr der Zug aus Beddje mit 15 kampferprobten „Kriegern des Lichts“ der Beddemer Hanmertli ein, die einen temperamentvollen Schautanz präsentierten, bevor die große Prinzengarde der KaGeMuWa mit eleganter Präzision, Charme und Können beeindruckte. Mit größter Zuverlässigkeit bewarb sich anschließend der Steinbacher Edgar Farrenkopf als „Glöckner von Mudi“. Nachdem der bisherige Verwalter des Lumpenglöckle am Laurentiusmarkt erstmals geschwächelt hatte, versprach der Bewerber, künftig bei allen Festivitäten das Glöckle zu läuten und auch die Wartung nicht zu vernachlässigen. Schwerpunktmäßig verließ er sich auf sein „Glöckle to go“.
Und dann sorgten die bekannten Mudemer „Helden in Strumpfhosen“ – das Nicht-TSV-Männerballett – mit ihren echt heißen Cheerleadern für neidische Blicke der NFL im Superbowl. Mit Zwillingspower berichteten Liv und Jette Frankenberger von ihrem Weg zum Führerschein, der ihnen nach mehreren Anläufen, Verwirrungen über den „toten Winkel“, unverständlichen Belehrungen ihres Fahrlehrers, dass zum Beispiel die Rindsroulade beim Metzger Hauk 53,40 Euro kostet, wobei 50 fürs Parken anfallen, ausgehändigt wurde. Nun suchen die beiden „Begleitpersonen“ und versprechen viel Unterhaltung auf Mudaus Straßen. Wobei die in der Bütt schon genial war.
Ein erfrischender Spitzen-Gardetanz der neun Mädels von der Hettemer Freggergarde sorgte für Augenschmaus und kurzweilige Entspannung der Lachmuskeln, nachdem Ann-Katrin Knapp unter Mitwirkung und am Beispiel ihres Prinzen Philipp vom letzten Jahr die psychischen Schäden nach zu großem Karrieresprung aufzeigte. Philipp war vermeintlich nun zum Großherzog mutiert, der nur noch in Reimform spricht und ihr die ganze Hausarbeit allein überlässt.
Als Eisenbahnromantiker gingen Carlo Götz, Ralf Späth, Markus Wellm und Timo Huberty musikalisch auf die Geschichte des Schnauferle, Bembele, Entenmörders, aber auch des Bahnhofs als Jugendtreff, als geplante Touristenattraktion und nun als leider zerfallendes Mahnmal ein. Doch sie beleuchteten auch die Ortsgeschichte und hatten noch viele Fragen, die keiner beantworten konnte. Es war toll, dass das Motto „Bahn“ fast den ganzen Abend als roter Faden durch das Programm lief, so auch beim Schautanz der Wassersuchergarde, die den Bochumer „Starlight Express“ kurzerhand auf die Mudauer Bühne zauberten und dem Bähnle zumindest auf der Bühne ein geniales Happy End bescherten.
Ein solches erhielten die zwee Mudemer Rotzlöffel Yannik Mechler und Elias Noe auf Jobsuche in stehenden Ovationen für den Beitrag - wie viele Bütten des Abends kräftig unterstützt von Rolf Mechler - aber leider stand ihnen trotz Hochschulabschluß weder beim Bäcker Schlär, in der Kirche, noch im Bauhof und schon gar nicht im Rathaus – „wie soll man da als Mann reinkommen?“ – eine Jobtür in Mudau offen. Doch als echte Rotzlöffel nahmen sie das fast so leicht wie „die Hippies – make love, not war“ der KaGeMuWa-Schautanzgruppe, die als Blumenkinder bunt und lebensfroh temperamentvoll abschließend die Bühne rockten und dem ununterbrochenen Feuerwerk der guten Laune im Mudemer Bahnhof ein weiteres Highlight setzten.
Schunkelrunden, ganz hervorragende Beiträge in Wort, Gesang und Tanz– zu 99 Prozent aus „Eigengewächsen“ – hatten mit diesem unvergesslichen zweitägigen Bahnhofsfest wieder einmal die qualitativ hochwertige Originalität der Mudemer Fastnacht gezeigt, hunderte Menschen einen tollen Abend beschert und die sentimentale Erinnerung an das Bembele in schönster Weise hochgehalten.
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