Mudau. Der heutige Heimat- und Verkehrsverein ist zwar erst 48 Jahre jung, ist aber unterbrochen seit mindestens 75 Jahren in den Diensten der Gemeinde unterwegs. Es gab Vorgängervereine mit ähnlichen Zielen – und sogar ein Namensteil hat sich seit 117 Jahren erhalten.
So erfährt man bereits im Jahre 1906 aus dem Mudauer Volksboten, dass am 7. Oktober der „allverehrte Mann und aktives Mitglied vieler Vereine, darunter als Vorstand des Verschönerungsvereins, August Heberle verstorben ist“. In einem Inserat heißt es: „Ältestes und grösstes Geschäftshaus am Platze, vormals Emil Link, gegründet 1842“, heute Klemens Scheuermann.
Eine Gründungsurkunde ist nicht erhalten, aber man kann davon ausgehen, dass der Verein bereits Jahre zuvor ins Leben gerufen wurde, denn der Fremdenverkehr, vorwiegend als Tagestourismus, fand schon um die Jahrhundertwende Eingang. Anziehungspunkte waren vor allem Schloss Waldleiningen, unterstützt durch das Fürstenhaus Leiningen und Burg Wildenberg. Der Gastwirt in Ernsttal hatte um 1895 schon ständig Kurgäste, die auch den fürstlichen Wildpark besuchen wollten.
Spätestens jedoch nahm er mit der Eröffnung der Odenwaldbahn Mosbach Mudau zu. 1906 stellte der „Blitz Führer“ fest, dass dadurch die „Wohlhabenheit sich heben wird“ – „unterstütz von einem immer regeren Fremdenverkehr, der seit einer Reihe von Jahren schöne Ansätze zeigt und mit seinen erhöhten Ansprüchen nicht nur die Einnahmenquellen eröffnen, sondern auch in kultureller Hinsicht günstig wirken wird“.
Entsprechend Anzeigen wurden neben dem Geschäftshaus Heberle geschaltet von dem Gasthof zur Krone von Robert Link, dem Gasthof zum Engel mit Besitzer Edmund Hofmann und Gasthaus zur Pfalz von Joseph Wilh. Link, den Klenganstalten für Waldsamen mit Dampfbetrieb und Luftheizung von J.M. Link Sohn mit den Inhabern Robert Link sen. und Julius Link.
Ohne Reibungen scheint es in der Folge, wie immer, nicht gegangen sein, denn der Gemeinderat von Mudau widersprach damals der geäußerten Kritik, dass er sich gegen Ruhebänke ausgesprochen habe, folgendermaßen: Er habe wegen des Fremdenverkehrs mehr hingenommen, als vielen Mudauern recht ist. Die touristenfeindliche Einstellung der Mudauer gehe darauf zurück, dass im Sommer wochenlang 200 Fremde in Mudau seien.
Man kann davon ausgehen, dass der Verein während des Ersten Weltkrieges ruhte. 1924 tritt der Verein unter dem Vorstand Fridolin Katzenberger als Verkehrs- und Verschönerungsverein wieder aktiv auf. Er übte dieses Amt bis zum Erliegen im Dritten Reich aus.
In dieser Zeit bemühte sich der Verein, Mudau als Urlaubsort zu fördern und eine Verbesserung des Fremdenverkehrs zu erreichen – was bis heute trotz vieler Ansätze und Bemühungen nicht gelang. Durch die Schaffung guter Spazierwege und Anlagen samt intensiver Werbung versuchte man, mehr Kurgäste anzuziehen – „Luftschnapper“ genannt. So kam es zur Einrichtung von Wanderwegen, zur Aufstellung von Bänken und zur Anlage des „Stadtgartens“.
Bis 1935 schickten die Krankenhäuser ihre Erholungsbedürftigen nach Mudau. Im Gasthaus Engel waren viele dieser Kurgäste und Urlauber der Krankenkassen untergebracht. Es bestand auch eine vom Kreis finanzierte Kinderherberge. Im Zuge dieser Zeit entstand auch eine privat gebaute Jugendherberge in Reisenbach.
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm der Odenwaldclub das Erbe des Vereins, was auch durch die Bemühungen zur Anlage des Grabmals unseres Odenwaldmalers Arthur Grimm dokumentiert ist.
Nach der Gemeindereform 1975 gründete sich auch der alte Verein unter dem neuen Namen Heimat- und Verkehrsverein wieder, und zwar jetzt als Verein aller Ortsteile. Wiederum setzte man den Schwerpunkt mit vielen Bemühungen und Unterstützung durch die Gemeinde auf die Förderung des Fremdenverkehrs.
Legendäre Volkswandertage
Fremdenzimmer vermieteten außer den Gasthäusern auch Privat-Pensionen. So wurden 2002 Unterkünfte in zwölf privaten Gäste-Häusern und fünf Gasthäusern mit etwa 250 Betten angeboten. Viele Wander- und Radwege wurden angelegt und beschildert. Legendär wurden die Volkswandertage mit tausenden Wanderern. Angelegt wurde auch – zusammen mit der Gemeinde – eine Minigolfanlage. Mit nachlassenden Übernachtungs- und Bewirtungsmöglichkeiten schlief der Fremdenverkehr mehr oder weniger ein.
Erhalt des kulturellen Erbes
Heute sieht sich der Verein als historisches Gedächtnis der Gemeinde und konzentriert sich auf den Erhalt des kulturellen Erbes mit dem Ziel Tradition und Moderne zu verbinden – dies mit Wanderungen und Ausflügen zu historischen Stätten, Erstellen von heimatkundlichen Schriften, Organisation von Ausstellungen und Sammlungen sowie Erhalt der Mundart und Ferienprogramm für Kinder.
Die Sparte Historische Fahrzeuge erhält ein altes Kulturgut und die Sparte Wohnen, Garten, Umwelt bietet fachliche Themen um Haus, Garten und Umwelt an, um den Bezug zwischen Alt- und Neubürgern herzustellen.
Hinzu kommen der Nikolausempfang und der jährlich gestaltete Weihnachtsbrunnen.
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