Lauda. Der Blick auf die Zahlen ist für Bernd Schell und Dr. André Schröer nicht mit einem bangen Zögern verbunden. Die beiden neuen Gesellschafter der Laudaer Firma Peter Ruppel GmbH & Co. KG sind mehr als zufrieden. Im Februar 2023 haben sie das Traditionsunternehmen, welches in massive wirtschaftliche Schieflage geraten war, übernommen. „Unsere Erwartungen wurden übertroffen“, berichten die beiden ein Jahr nach der Insolvenz.
Der Ladenbauer, der in der Branche einen guten Ruf genießt, hat sich von den Turbulenzen erholt und ist wieder in ruhigerem Fahrwasser. „Die Kunden haben Ruppel trotz allem die Stange gehalten“, sagt Bernd Schell, der aktuell auch Geschäftsführer ist. Zwar seien die ersten Monate nach der Übernahme noch eher schleppend verlaufen, was auch mit dem Abwarten der Kunden bedingt durch die Insolvenz zusammengehangen habe. Seit Sommer aber gehe der Bestelleingang stark bergauf, freuen sich die beiden Inhaber. Vor allem der Einzelhandel im Textilbereich, etwa C&A oder Hennes und Mauritz zählen zu den Kunden. „Die Partner sind alle wieder zurück.“ Dazu sind die beiden extra nach Schweden gefahren, um vor Ort mit H&M ins Gespräch zu kommen. Es habe sich gelohnt, wird versichert.
Strategische Ausrichtung der Firma Ruppel
Die strategische Ausrichtung sieht weitere Standbeine vor: die Einrichtung von Fitnessstudios sowie Hotels im Vier- und Fünf-Sterne-Bereich, nennen die Chefs. Da sei man zwar schon in der Vergangenheit aktiv gewesen, aber nun werde man das systematisch angehen, so Bernd Schell. Strategische Partnerschaften sind das Ziel der neuen Investoren. „Wir und die Kunden wissen, welche Qualität wir bieten können, und wir haben teilweise sogar schon Planzeichnungen, auf die wir zurückgreifen können.“
Damit sei man schnell im Thema drin und könne individuelle Lösungen aufzeigen. Ruppel liefere hochwertige Einrichtungen und keine Standard-Massen-Ware. Das schätze die Kundschaft und sei bereit, auch mal etwas mehr dafür zu zahlen. Zur Produktpalette gehören mittlerweile auch schallgeschützte Kabinen, die häufig in Großraumbüros als Besprechungsräume zum Einsatz kommen.
Mit dem vorhandenen Know-how werde man auf dem Markt bestehen, sagen die beiden Neuen über das Traditionsunternehmen, das exakt vor 90 Jahren gegründet wurde. Gemeinsam mit den Kunden will Ruppel mit neuen Konzepten punkten und langfristige Bindungen und Partnerschaften aufbauen. In direkter Zusammenarbeit mit Designern, Ingenieuren oder Architekten wird entwickelt, die Produktionsseite wird optimiert. Dass man quasi keine Reklamationsquote hat, spreche eine deutliche Sprache. „Gerade im globalen Umfeld ist die Kundenbindung wichtig, man stützt sich gegenseitig“, sagen die Gesellschafter und verweisen darauf, dass rund die Hälfte des Umsatzes weltweit erzielt wird – von den USA über Südafrika bis nach Japan.
Bernd Schell und Dr. André Schröer haben eine Aufbruchstimmung bei den rund 130 Beschäftigten verspürt. Sie pflegen den engen Kontakt mit ihrem „guten Team“. „Wir arbeiten strukturierter“, erklärt Schröer, und dass organisatorisch einiges geändert worden ist. „Mit einer kleineren Mannschaft wird ein deutlich höherer Output erzielt.“ Ein signifikanter Umsatzeinbruch würde das Unternehmen aktuell nicht aus der Bahn werfen. Man könne aber auch mehr Kunden bedienen: „Die Amplitude ist größer geworden.“
Aufbruchstimmung und Motivation in der Firma
Auch im kaufmännischen Bereich sei man effizienter geworden, was an einer Neustrukturierung sowie an neuer Computer-Hardware liege. Durch die knappe Liquidität der letzten Jahre sei kaum noch investiert worden. Das will das neue Führungsteam nun ändern, denn auch im Maschinenpark stehen Neuanschaffungen an.
Schröer ist überzeugt, dass sich auch die Einschätzung der Mitarbeitenden geändert habe, was die Leistungsfähigkeit anbelangt. Das sieht auch Stefanie Hellmig so, die für die Bereiche Personal und Finanzen zuständig ist. „Mit den Investoren kam die Zuversicht bei den Beschäftigten, dass es weitergeht. Diese Motivation ist auf die Belegschaft übergeschwappt.“ Die Freude bei der Arbeit ist für sie spürbar.
Neue Mitarbeitende werden gesucht, wie die Stellenausschreibungen auf der Internetseite der Firma zeigen. „Wir wollen dennoch erst einmal abwarten, wie sich das Unternehmen entwickelt“, so Schell. Generell weiß er, dass man im Zuge des allgemeinen Fachkräftemangels selbst aktiv werden muss. „Im Herbst, zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres, werden wir sowohl im kaufmännischen Bereich als auch in den Bereichen Holz und Metall Ausbildungsplätze sowie Plätze für ein Duales Studium zur Verfügung stellen“, so Schell.
Ziel der Firma Ruppel: Geschäftsgebäude zurückkaufen
Ihre Investition ist für Schröer und Schell gut angelegt. Gezielt habe man damals nach einem Unternehmen gesucht, dass sich mit seinem Portfolio am Markt behaupten kann. Und die beiden sind aktuell auf der Suche nach weiteren Betrieben, die eine sinnvolle Ergänzung sein können und Synergieeffekte schaffen. Positiv bewerten sie die Zusammenarbeit mit Betriebsrat und Gewerkschaft während des Insolvenzprozesses. „Es wurde immer im Sinne des Unternehmens gehandelt,“ betont Schell. Ruppel hat im 90. Jahr des Bestehens nun die ruhigeren Fahrwasser erreicht. Mit einem Umsatz von 20 Millionen Euro kalkuliert die Führungsetage für 2024. Bereits im vergangenen Jahr habe man im Gesamtergebnis über den Erwartungen gelegen. André Schröer und Bernd Schell haben noch ein weiteres Ziel: den Rückkauf der Unternehmensgebäude. Die wurden 2020 veräußert, um eine drohende Insolvenz zu verhindern. Lange hatte die Finanzspritze nicht angehalten, zumal die Räume wieder zurückgemietet werden mussten. „Sofern sich das Jahr 2024 so positiv darstellt wie erwartet, streben wir als Eigentümer den Rückerwerb der Immobilie ab 2025 an, um den Standort langfristig zu erhalten.“
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