Königshofen. Man denke nur an seine „Denkmal der Schande“-Äußerung, mit der AfD-Rechtsaußen Björn Höcke in Sachen Holocaustdenkmal für bundesweite Proteste sorgte. Dagegen blieb es bei seinem Auftritt im Rahmen des Bundestagswahlkampfs von Dr. Christina Baum beim bekannten Mix aus Verschwörung, Politiker-Kritik und stramm rechten Seitenhieben. Doch insgesamt blieb Höcke vergleichsweise zahm.
Vor dem Auftritt der Redner – unter ihnen EU-Abgeordneter Dr. Maximilian Krah (Sachsen), Johann Martel vom AfD-Kreisverband Neckar-Odenwald und Dr. Christina Baum, Direktkandidatin des Wahlkreises Odenwald-Tauber/Listenkandidatin in Baden-Württemberg – wurden die rund 150 Interessierten musikbeschallt.
Eine junge Frauenstimme singt vom Band: „Für unsere Nation, kommt raus – wir kämpfen für unser Land, für den Widerstand.“ Dann muss Liedermacher Reinhard Mey herhalten: „Sei wachsam ... merk dir die Gesichter gut.“ Und schließlich der singende Verschwörungsideologe Xavier Naidoo: „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“ – natürlich nicht fürs Impfen, sondern gegen die „Mächtigen“.
Dieses Narrativ einer globalen Machtelite zieht sich durch die ganze Veranstaltung. Baum: Die „Regierung“ habe es sich zum Ziel gesetzt, dass Deutschland „zum Fremdland“ werde. Deshalb hole sie Menschen mit „großem kulturellem Unterschied“ in Form von „islamischen Neuankömmlingen“ ins Land, was zu „Morden und Vergewaltigungen“ führe. Wer das kritisiere, werde als „Rechter“ gebrandmarkt. Für Baum die Folge der „Islamisierung“: der „Verlust unserer christlichen Werte und Identität“. Thema Corona: Die Maßnahmen führten zu allgemeiner Depression. Der „Nötigung“ (gemeint ist Impfen) solle man nicht nachgeben, denn es handle sich um ein „Menschenexperiment“. Worin ein solches münden soll, verriet Christina Baum allerdings nicht.
Auch eine Strategie, wie sich „grüne“, also – Lesart AfD – „kommunistische Politik“, durch die es angeblich zu „Preissteigerungen“ kommen werde, verhindern ließe, wird nicht vorgestellt. Aber: AfD und Programm wählen, dann sei ein neues Wirtschaftswunder zu erwarten. Ein Kernziel wurde abschließend immerhin formuliert: „Alle Coronamaßnahmen werden beendet“, wenn sich die AfD durchsetze.
Johann Martel (Neckar-Odenwald-Kreis) vertiefte die Corona-Kritik, stellte aber auch örtliche CDU-Politiker an den Pranger. Alois Gerig und Nina Warken: „Was haben die erreicht?“ In der Landwirtschaft weiter Höfesterben – und in seinem Kreis flössen Gelder in Gutachten, aber nicht in die Umsetzung von Straßenbaumaßnahmen.
Den Untergang des „Schiffs Deutschlands“ malte Hauptredner Björn Höcke in düsteren Farben aus – bei der Bundestagswahl drohe die Manipulation, um die AfD auszubremsen. Die Gender-Debatte nannte Höcke „Tugendterrorismus“ und verlangte „Mann und Frau“ statt „unter dem Regenbogen tanzen“. Schließlich beschimpfte er (in freundlichem Ton gehalten) Teile der Gegendemonstranten auf der anderen Straßenseite als „steuerfinanzierte Antifa“, die nach einem AfD-Erfolg „in die Produktion“ gesteckt werden sollte. Ins Arbeitslager also? Höcke vermeidet strafrechtlich Konkretes, doch man weiß, was er meint. Die meisten Demonstranten seien bedauernswerte „Opfer“, Verirrte, die einem „neuen sanften Totalitarismus“ das Wort redeten.
Die deutsche Demokratie sei „dysfunktional“ konstatiert Höcke, die „Freiheit in Gefahr“. Warum? Hinter allem stecke die „Geldmacht der Superreichen“. Einige wenige steuerten die „Kartellparteien“, deren Politiker nicht gewählt, sondern „eingesetzt“ worden seien – Szenenapplaus. Corona habe es „epidemisch“ nie gegeben, behauptet Höcke – seiner Zählweise nach gab es „höchstens 10 000 bis 11 000“ Coronatote; alles sei ein Ablenkungsmanöver von „Eingeweihten“. Die offizielle Statistik von über 90 000 Toten könne also nur eine politisch motivierte Fälschung sein, um den drohenden Zusammenbruch des „Weltfinanzsystems“ zu kaschieren. Und Impfen sei eine „Gentherapie“. Ob man davon unfruchtbar werde, „können wir nicht ausschließen.“
Auch ein bekanntes AfD-Behauptungsmuster führt Höcke an, hier gepaart mit nationalistischer „Blut und Boden“-Ideologie: „Multikulturalismus“ führe zu „Multikriminalisierung“; Menschen aus islamisch geprägten Ländern gehören für ihn nicht nach Deutschland. Stattdessen rät er: „Mehr deutsche Kinder“ zeugen, damit „Deutsche nicht zur Minderheit im eigenen Land“ würden. Er selbst habe vier, darunter zwei „grade gewachsene“ Mädels.
Die AfD sei die „Stimme der Vergessenen“, sagte am Ende EU-Politiker Maximilian Krah, verbunden mit der Behauptung, dass die „Immigranten“ deutsche „Rentenmittel“ zugeschanzt bekämen. Und weiter: Wer jetzt afghanische Ortskräfte nach Deutschland hole, importiere „Kinderschänder“.
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