Babyschlafcoaching

Külsheimerin hilft, wenn Babys nicht schlafen wollen

Anna Ballweg aus Külsheim ist Babyschlafcoachin. Die Medizinierin betont: Sich Hilfe zu suchen bedeutet nicht, als Eltern zu versagen - und spricht dabei aus eigener Erfahrung.

Von 
Heike Barowski
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Anna Ballweg ist Mutter einer einjährigen Tochter und bietet Babyschlafcoaching für geplagte Eltern an. © Ballweg

Külsheim. „Still, still, still, weil’s Kindlein schlafen will. Die Mutter tut es niedersingen, ihre große Lieb’ darbringen“, – leise singen, dabei das Baby auf dem Arm wiegen bis ihm die Äuglein zufallen. „Puh, geschafft“, denkt sich dann manch Elternteil an dieser Stelle. Doch was tun, wenn der kleine Wicht partout nicht in den Schlaf kommt oder ständig wieder aufwacht? Dann ist guter Rat teuer, denn der große Familienverbund vor Ort, mit Mutter und Großmutter, die helfen könnten, existiert nur noch sehr selten. Die dadurch ebenfalls unter Schlafentzug leidenden Eltern sind froh über jeden Tipp und Rat.

Den können sie seit ein paar Monaten bei Anna Ballweg erhalten. Die Külsheimerin studiert Medizin, absolviert gerade ihr praktisches Jahr in einer Klinik, ist angehende Allgemeinmedizinerin, Mutter einer einjährigen Tochter und ausgebildete Babyschlafcoachin – so die offizielle Bezeichnung.

Für manche Familien sehr belastend

An diesem Abend sitzt sie völlig entspannt im Schneidersitz und sehr aufrecht auf der Couch. Vor sich hat sie ein Heft mit ihren Notizen liegen, weil sie von ihren Erfahrungen erzählen will. „Bei einigen Familien funktioniert das ganz prima mit den Schlafzeiten der Babys. Aber es gibt auch Familien, die wahnsinnige Schwierigkeiten haben. Oft tragen sie ihr Kind stundenlang, können es kaum ablegen und wachen zig Mal in der Nacht auf, weil das Kind wach ist oder dauernuckeln möchte. Einigen Familien macht diese Situation nichts aus. Andere wiederum empfinden die Schlaf-Herausforderungen als sehr belastend.“

Genau so sei es auch mit ihrer Tochter gewesen. Sie und ihr Mann fanden in der Zeit kaum Schlaf. Hilfesuchend stießen die frisch gebackenen Eltern im Internet auf eine Babyschlafberaterin, die online agierte. „Für uns war ihre Hilfe wahnsinnig erleichternd. Die Umsetzung ihrer Ratschläge hat unserer Tochter gutgetan und uns gutgetan. Wir haben dann unsere Routinen etabliert.“

Ein falsches Bild

Weil Anna Ballweg wusste, dass sie mit diesem Problem nicht allein war, überlegte sie, ihre Erfahrungen auch anderen Eltern zuteil werden zu lassen. „Manchmal kriegt man ein Bild vermittelt über die Elternschaft, das oft nicht zutrifft. Es ist eben nicht alles toll und einfach. Dazu kommt, dass man früher in Mehrgenerationenhäusern zusammengewohnt hat, in einem Verbund gelebt hat. Heute sind junge Eltern eher Einzelkämpfer, auf sich allein gestellt. Und wenn sie sich Informationen holen, dann über Foren und Social Media.“ Ihr sei bewusst geworden, wie sehr ihr dieses Coaching geholfen hatte. „Für uns hat dieses Coaching das Ankommen in der Elternschaft total erleichtert“, sagt sie. Ballweg spricht von Zweifeln, von großer Erleichterung aber auch von einem großen Aha-Moment, den sie weitergeben wollte.

Weil die 29-Jährige sehr strukturiert und gründlich ist, informierte sie sich umfassend und absolvierte eine zehnwöchige Ausbildung zum Babyschlafcoach, inklusive Abschlussprüfung und ausgestelltem Zertifikat. Während der Elternzeit konnte sie mit ihrem kleinen Unternehmen sofort starten. „Ich bin ein Mensch, der immer etwas zu tun braucht“, sagt sie und ist sich sicher, dass sie Studium sowie spätere Arbeit und Coaching gut unter einen Hut bringen wird. Aus diesem Grund betreut sie auch nur „eine Handvoll Elternpaare mit Kindern“ jeden Monat. Unterstützt wird sie durch ihren Mann, der ihr den Rücken freihält.

Verbesserung des Schlafs von Baby und Eltern

Anfragen hat sie hinreichend, die ihr zeigen, dass Schlafcoaching bei vielen Eltern ein wichtiges Thema ist, wenn es sich nämlich wider Erwarten im Lauf der Zeit nicht erübrigt hat. „Meist ist der Leidensdruck entscheidend, ob man Hilfe annimmt, und die Frage, ob man den Schlafmangel noch eine Weile aushält.“ Doch was ist denn nun Babyschlafcoaching? „Babyschlafcoaching ist für mich vordergründig die Verbesserung des Schlafs des Kindes und damit auch der Eltern. Ich möchte dabei fundiertes Wissen zum Thema Babyschlaf und frühkindliche Entwicklung vermitteln und damit langfristig die Selbstwirksamkeit der Eltern stärken, dass Eltern die Bedürfnisse ihrer Kleinkinder besser verstehen, besser darauf eingehen können und dadurch die Eltern-Kind-Beziehung fördern.“

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Die lösungs- und bindungsorientierte Beratung umfasst bei Anna Ballweg mehrere Abschnitte. So findet eingangs ein kostenloses Kennlerngespräch statt. Um den Ursachen auf den Grund zu gehen, müssen die Eltern ein fünftägiges Schlafprotokoll führen und beispielsweise genau notieren, wann und wie lange das Kind geschlafen hat, ob es weinend aufwacht und vieles mehr. Dieses Protokoll bildet dann die Grundlage für ein mehrstündiges Analysegespräch. „Oft erkenne ich schon im Protokoll erste Ansatzpunkte“, so Ballweg. Auch der Verlauf der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbetts wird für die Analyse mit herangezogen.

Ein individueller Plan

In einem zweiten Beratungsgespräch, dem eigentlichen Coaching, wird dann Schritt für Schritt ein ganz individueller Plan für jede Familie erarbeitet, der ihren Werten und Erziehungsvorstellungen entspricht. „Dabei versuchen wir ganz liebevoll Gewohnheiten zu ändern.“

Beim Nachgespräch wird genau betrachtet, was sich bereits verändert hat. „Es ist eine Art Feinschliff“, sagt Ballweg. Auch andere Themen, wie das Übernachten im eigenen Zimmer oder bei der Oma, werden besprochen.

Etwa vier bis sechs Wochen dauert so eine Beratung. Innerhalb dieser Zeit könne man durchaus das Schlafverhalten der Babys mit sanften Schritten ändern. „Man schafft es wirklich. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Deshalb stehe ich voll dahinter, sonst würde ich diese Beratung auch nicht anbieten.“ Natürlich fallen für diese mehrere Stunden umfassende Beratung auch Kosten an. Dass sie mit ihrem Coaching die Aufgaben einer Hebamme übernimmt, sieht die Medizinstudentin nicht so. „Hebammen sind oft mehr Generalistinnen, und Schlaf ist schon etwas sehr Spezifisches. Außerdem kommt die Hebamme nur die ersten Wochen. Die Schlafproblematik fängt aber meist viel später an.“

Umfangreiches medizinisches Wissen

Einen großen Vorteil hat Anna Ballweg: Sie verfügt nach sechs Jahren Studium und fertiger Doktorarbeit über ein umfangreiches medizinisches Wissen, unter anderem über Schlafbiologie, plötzlichen Kindstod, Hormonhaushalt, Hirnreife und vieles mehr, was immer wieder helfen kann.

Bisher kommen die Hilfesuchenden aus der Region, weil Ballweg bewusst auf Social-Media-Werbung verzichtet. Hebammen und Kinderärzte wissen jedoch über ihr Angebot Bescheid. Hier liegen auch ihre Broschüren aus. Die meisten Beratungen passieren online. „Für die Mamas ist diese Art oft entspannter“, sind Ballwegs Erfahrungen. Hin und wieder gehören auch Hausbesuche dazu, die jedoch nicht die Regel sind.

Nicht die Regel ist auch, dass Papas den Kontakt zur Beraterin aufnehmen. Meist sind es die Mamas, die zum Hörer greifen oder eine E-Mail schreiben, weil deren Leidensdruck oft deutlich höher ist.

In einem nächsten Schritt will Anna Ballweg Vorträge zum Thema „Baby- und Kleinkindschlaf“ halten. Ein erster Termin steht bereits fest.

Warum tun sich denn nun manche Babys schwer, in den Schlaf zu finden? „Manchmal fehlt es den Eltern einfach an fundiertem Wissen darüber, was normal und was nicht normal ist, welche Entwicklungsschritte ihre Kinder durchlaufen und was aufgrund der Hirnreife überhaupt möglich ist. Oft sind es auch fehlende Routinen oder die optimalen Wachzeiten werden überschritten. Auch Einschlafassoziationen, (eine bestimmte Situation beim Einschlafen) spielen dabei ein Rolle“, erklärt die Fachfrau. Ihre Botschaft an junge Eltern lautet deshalb: „Wenn ihr Herausforderungen als frisch gebackene Eltern habt, holt euch Hilfe. Das ist kein Versagen. Vertraut euren Intuitionen und macht es euch so leicht wie möglich in dem Zusammenleben mit eurem Kind.“

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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