Biodiversitätserlebnistag Streuobst-Wiese-Wald

Vielfalt der Kreuzwertheimer Erlichsgärten erkundet

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bdg
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Bei zahlreichen Führungen gab es beim Biodiversitätserlebnistag viele Informationen über die Natur in den Erlichsgärten. Dabei durften die Teilnehmenden – unter anderem bei der Käferführung – selbst aktiv werden. © Birger-Daniel Grein

Kreuzwertheim. Die Erlichsgärten in Kreuzwertheim sind mit ihren Streuobstwiesen, Weideflächen und angrenzendem Wald ein Gebiet großer wertvoller biologischer Vielfalt. Sie waren somit am Sonntag der perfekte Ort für den Biodiversitätserlebnistag Streuobst-Wiese-Wald. Diesen veranstalteten das Landratsamt Main-Spessart, die Regierung von Unterfranken, der Naturpark Spessart, die Marktgemeinde Kreuzwertheim und das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt gemeinsam.

Viele Gäste jeden Alters nutzten die Chance, bei interessanten Führungen und an zahlreichen Informations- und Aktionsständen Interessantes über das Gebiet, die Natur allgemein und die Pflege von Streuobstwiesen zu erfahren. Fachexperten referierten im Laufe des Sonntags bei Führungen zu folgenden Themen: Streuobst im Klimawandel, die Vielfalt auf Wiesen und Weiden, heimische Käferarten, die Vielfalt des Sensens, heimische Wildbienen und die Artenvielfalt im Wald.

Michelle Horn-Cetinköprülü und Benjamin Roos informierten über die Pflege der Streuobstbäume im Hinblick auf den Klimawandel. Ihre Führung war besonders gefragt. Die Referenten zeigten den Entwicklungsbogen vom Jung- zum Altbaum auf und erklärten, wann welche Pflegemaßnahmen nötig sind. Wie sie betonten, seien Streuobstwiesen eine Kulturlandschaft und ohne Pflege dem Klimawandel nicht gewachsen. Wichtig sei auch der richtige Standort bei Neupflanzungen der Obstbäume. Am besten eigne sich durchlüfteter Boden mit Nährstoffen. Gepflanzt werden soll mit einer Sämlingsunterlage. Ein guter Hinweis auf einen geeigneten Ort seien dort bereits gut wachsende andere Streuobstbäume. Die Anpassung an den Klimawandel sei auch sortenabhängig.

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„Das Wissen zum Zusammenhang Klimaanpassung und Sorte muss noch wachsen“, betonte Horn-Cetinköprülü. Aktuell gebe es dazu zwei große Forschungsprojekte. Das der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) beziehe auch eine Fläche in den Erlichsgärten ein. Anhand der weiteren Forschungsergebnisse wolle man herausfinden, welche Sorten in trockenen Gebieten wie in Kreuzwertheim passen.

Ein weiteres wichtiges Thema der Führung waren Misteln. Diese würden auch im Main-Spessart-Kreis immer dominanter, sagte die Expertin. Man sollte Misteln herausschneiden, denn sie schwächen die Bäume. So seien diese erst recht nicht dem Klimawandel gewachsen.

Christian Salomon, Gebietsbetreuer für Grünland beim Naturpark Spessart, erläuterte, dass die Vielfalt auf Wiesen und Weiden auch eine Frage der Nutzung sei. Die Weide- und Mähflächen in den Erlichsgärten seien hinsichtlich der Artenvielfalt gut aufgestellt.

Der Redner gab Empfehlungen, wie man diese Artenvielfalt mit richtiger Pflege erhalten und fördern kann. Dazu zählte beispielsweise eine kleinräumige Nutzung und Weidetiere in der Landschaft. Letztere schafften Strukturvielfalt und ihr Dung sei gut für Insekten. Nur sparsam eingesetzt werden sollte hingegen zusätzliche Düngung. Auch verschiedene Mähtechniken waren Thema. So wurde ein Schlepper mit Balkenmähwerk gezeigt. Dieses sei viel schonender als Schneidemähwerk oder das Mulchen, so Salomon.

Bei einigen Führungen konnten Kinder und Erwachsene auch selbst aktiv werden. Peter Kriegel erkundete zusammen mit den Teilnehmern die Käferwelt in den Erlichsgärten. Wie er erklärte, gebe es einige der Käferarten schon seit 260 Millionen Jahren. Mit Hilfe von Kescher, Becherlupe und anderen Hilfsmitteln wurden Käfer gesammelt, bestimmt und anschließend wieder unversehrt in die Freiheit entlassen.

Nach Aussage Kriegels gibt es in den Erlichsgärten allein 106 Arten von Totholzkäfern. Davon stehen 43 Arten auf der Roten Liste. Bei drei handelt es sich um Urwaldreliktarten, die selten und auf bestimmte Standortbedingungen beschränkt sind. Sie gebe es nur noch auf vereinzelten Standorten, betonte der Experte. Einer von ihnen ist laut einer Studie von 2019 in den Erlichsgärten der über zwei Zentimeter große Feuerschmied (Elater ferrugineus).

Zahlreiche Informationsstände boten allerlei hilfreiches Wissen und Mitmachaktionen. Bei Jonas Stelz, Streuobstkoordinator für Unterfranken, und seinen Kollegen vom Bereich Naturschutz der Regierung von Unterfranken gab es Informationen zu Förderprogrammen für die Pflege und Neuanpflanzung von Streuobstwiesen. Förderung gebe es auch, wenn man Grundstücke, wie zum Beispiel Magerrasen aus Umweltschutzgründen nicht mehr nutze. Man erfuhr bei ihm aber auch interessante Fakten rund um das Obst. So erklärte er, dass hochstämmige Birnbaumarten bis zu 300 Jahre alt, Apfelbäume bis zu 100 Jahre alt werden können.

Zahlreiche Informationen über den Naturpark Spessart und seine Angebote gab es am Stand der Naturparkranger.

Michael Schanz hatte mit einem Uhu und einem Rotmilan zwei heimische Greifvögel aus seiner Jagd- und Erlebnisfalknerei mitgebracht. Er erklärte zum Beispiel, dass diese nicht schwitzen können und sich bei Hitze über ihre Füße und den Atem abkühlen. „Beide Vogelarten sind in Deutschland flächendeckend vorhanden“, sagte er.

Bei den Kreisfachberatern für Gartenbau und Landschaftspflege des Landkreises Main-Spessart erfuhr man vieles über Pflegewerkzeuge sowie die richtige Pflege und Nährstoffversorgung von Streuobstbäumen.

Weiter gab es einen Informationsstand zur Landwirtschaft und einen Basteltisch für Kinder, an dem die Mädchen und Jungen aus Naturmaterialien Dekorationen, Samenkugeln und Traumfänger schufen. Zur Stärkung wurden den Gästen Produkte angeboten, die oft zur Natur in den Erlichsgärten passten.

Kreuzwertheims Bürgermeister Klaus Thoma zog eine positive Bilanz der Veranstaltung. Es sei ein toller Tag mit vielen naturbegeisterten Bürgerinnen und Bürgern gewesen. Auch Holger Raquet, Vorsitzender der Ortsgruppe Kreuzwertheim des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland, freute sich über das Interesse und Angebot: „Die Veranstaltung macht Lust auf mehr.“ So sahen es auch die Gäste. bdg

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