Die Corona-Delle von 2020 bei der Speditionsfirma Rüdinger scheint endgültig überwunden, die Geschäftsentwicklung geht mit deutlichem Wachstum voran. Doch es gibt auch einige Herausforderungen.
Krautheim. Wer regelmäßig in der Region Heilbronn-Franken unterwegs ist, der kennt sie, die auffälligen Lkw der Spedition Rüdinger. Das charakteristische Orange des Krautheimer Unternehmens hebt sich von den oft eher unauffälligen Fahrzeugen der Konkurrenz deutlich ab. Und wer nun den Eindruck hat, diese Fahrzeuge in der jüngeren Vergangenheit deutlich öfter auf den Straßen gesehen zu haben, könnte damit durchaus richtig liegen.
Denn das Krautheimer Unternehmen ist deutlich auf Wachstumskurs, wie Geschäftsführer Roland Rüdinger auf der Jahrespressekonferenz mitteilt. Waren die zuvor stets steigenden Umsätze 2020 erstmals in der jüngeren Vergangenheit leicht eingebrochen, so stiegen diese bereits im direkten Folgejahr 2021 wieder an. Dieser Trend wurde auch 2022 fortgesetzt, mit 74,8 Millionen Euro an Umsatz steht nicht nur ein Plus von 20 Prozent zum Vorjahr 2021, sondern auch ein Plus von 55 Prozent seit 2020, als 48,4 Millionen Euro erwirtschaftet wurden.
Deutliches Wachstum
Dieses Wachstum macht sich auch bei der Belegschaft des Spediteurs bemerkbar: Waren es 2021 noch 580 Mitarbeiter, so arbeiteten im Vorjahr bereits 660 Personen für das Krautheimer Unternehmen. Die Zahl der Auszubildenden steigt ebenfalls und liegt nun bei 60. Zusätzlich verstärken 20 weitere Lkw die zuvor bereits 200 Fahrzeuge umfassende Flotte. Zwar bekommt man den Fachkräftemangel auch in Krautheim mit, jedoch erziele man mit der Formel „Gut behandeln, gut bezahlen“ hier ordentliche Erfolge, wie Rüdinger schmunzelnd erklärt. So gelingt es dem Spediteur, durch massive Investitionen in Fahrer alle Fahrzeuge zu besetzen und Aufträge zu erfüllen. Der Geschäftsführer ging in seiner Präsentation auch auf die veränderte Rolle seiner Firma ein. Mehr denn je sei man mittlerweile eine Art Außenlager für hiesige Produzenten, die zwar in ihre unmittelbar relevanten Produktionsanlagen, jedoch eher ungern in eigene Lagerkapazitäten investierten. Zusätzlich trieben „Angstkapazitäten“, also eine gewisse Bevorratung aufgrund unsicherer Lieferketten, die Nachfrage nach Lagerfläche in die Höhe.
Eine Lücke, die Rüdinger mit eigenen Kapazitäten entsprechend ausfüllt. Hierzu erhöht der Spediteur die Lagerkapazitäten in Form neuer Hallen und erweiterter Fläche an bestehenden Standorten. So sind 2022 bereits über zehn Millionen Euro in Gebäude investiert worden, für das laufende Jahr sind noch mal über neun Millionen Euro eingeplant.
Große Investitionen
Ein großer Teil davon kommt in der Region zum Tragen, eine aus Unternehmenssicht bewusste Entscheidung. Insgesamt acht Millionen Euro wurden in den Standort am Industriepark oberhalb von Weikersheim investiert, dort sind nun 5000 Quadratmeter Lagerfläche nutzbar. Ebenfalls großen Flächenzuwachs realisiert der Spediteur in Bad Mergentheim. Neben einem Zukauf von 5000 Quadratmetern werden im Industriegebiet „Im Braunstall“ drei Hallen mit einer zusätzlichen Kapazität von knapp 7000 Quadratmetern gebaut. In Boxberg sind drei solcher Hallen mit 6500 Quadratmetern Fläche kurz vor der Fertigstellung.
An allen Standorten wird zudem im größeren Stil Photovoltaik gebaut. „Das Unternehmen wird voll auf E-Mobilität setzen“, erklärt Geschäftsführer Rüdinger den Schritt, der mit dem Kauf von vier elektrisch betriebenen Lkw begonnen wurde. Um die Flotte dann mit günstigem und grünem Strom versorgen zu können, werden die Photovoltaik-Kapazitäten genutzt. Einer von mehreren Schritten, der den Logistikbetrieb möglichst umweltschonend gestalten soll. Zusätzlich wird die Digitalisierung stark vorangetrieben, um zukünftig optimiert zu arbeiten.
Um auch zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein, stellt sich das Führungsteam neu auf. Dennis Kost wird Co-Geschäftsführer und leitet seit Jahresbeginn zusammen mit dem 60-jährigen Roland Rüdinger das Unternehmen. Der 37-Jährige bringt als ehemaliger Auszubildender bei Rüdinger sowie als Spediteurssohn reichlich Betriebs- und allgemeine Erfahrung mit.
Neben den erfreulich positiven Entwicklungen bei Umsatz und Personal sprach Rüdinger auch Probleme an, die für seine Branche im Allgemeinen und sein Unternehmen im Speziellen bestehen.
Probleme mit Kommunalpolitik
„Wir kriegen von Kommunalpolitikern immer schwieriger Grundstücke, um die nötigen Kapazitäten zu bauen“, beklagt der Unternehmer. Dabei sei die Logistik wichtig, denn „alles, was nicht gerade aus ihrem eigenen Garten kommt, war schon einmal auf einem Lkw“.
Logistik sei die notwendige Begleiterscheinung wachsender Industrie und des bequemen Online-Bestellens, der so entstandene Verkehr schlicht notwendig. Dieser Zusammenhang sei kommunalpolitisch bislang nicht klar genug verstanden worden.
Die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten am Standort in Krautheim-Tal sind zudem begrenzt, so dass die Spedition eine Halle bei Neunstetten bauen will. Ein klares Bekenntnis zum Standort sei dieser Plan mit einem Gesamtvolumen von zehn Millionen Euro, man habe alle Möglichkeiten ausgelotet, um auf dem Gebiet der Gemeinde expandieren zu können.
Umso bedauerlicher aus Unternehmenssicht sei die ablehnende Haltung des Ortschaftsrates Neunstetten. Letztlich entscheidet der Krautheimer Gemeinderat über das Vorhaben, der Ausgang ist noch ungewiss. Der Spediteur hofft auf eine Zusage, macht aber auch eines unmissverständlich klar: „Es geht hier – oder es geht eben woanders.“
Doch nicht nur die Kommunalpolitik, auch auf Landes- und Bundesebene seien viele politische Vorgaben kompliziert, in Teilen widersprüchlich, kaum umsetzbar und sorgen letztlich für Verwunderung in der Branche.
Vor allem sorgen diese Vorgaben und auch der Umstieg auf Elektromobilität aber für Kostensteigerungen, die letztlich der Verbraucher spüren werde.
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